Die Klägerin unterfertigte im Mai 2007 einen Antrag auf Abschluss einer fondsgebundenen Lebensversicherung bei der Rechtsvorgängerin der Scottish Widows Limited (Clerical Medical). Der Versicherungsantrag vom 15.05.2007 enthielt folgende Belehrung:
“Ich bin darüber belehrt worden, dass ich den Versicherungsvertrag innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Erhalt des Versicherungsscheins, der Verbraucherinformation und der Polizzenbedingungen widersprechen kann. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung der Widerspruchserklärung. Hierauf werde ich bei Überlassung meiner Versicherungsunterlagen nochmals ausdrücklich hingewiesen.”
Zusätzlich enthielt das mit Übergabe der Polizze übermittelte Begleitschreiben vom 31.05.2007 folgende Belehrung:
„Sie können von dem Versicherungsvertrag innerhalb von 30 Tagen nach Zugang dieses Schreibens zurücktreten. Zur Wahrung dieser Frist genügt die rechtzeitige Absendung der Rücktrittserklärung. Die in diesem Fall bereits gezahlten Beiträge werden wir dann zurückerstatten.“
Mit Schreiben vom 28.04.2017 erklärte die Klägerin den Rücktritt vom Vertrag. Mit Unterstützung des VKI wurde am 02.09.2019 die Klage gegen die Versicherung auf Rückerstattung der geleisteten Prämien (abzüglich Risikoanteil) plus Vergütungszinsen eingebracht.
Das Erst- und Zweitgericht wiesen die Klage ab, weil sie zumindest die Rücktrittsbelehrung im Begleitschreiben gem. § 165a VersVG als korrekt einstuften.
Der OGH hob das Urteil des OLG Wien auf und entschied, dass die im Versicherungsantrag enthaltene Belehrung nicht den Vorgaben des § 165a VersVG entsprach. Insbesondere durch die Verknüpfung an den Erhalt des Versicherungsscheins, der Verbraucherinformation und Polizzenbedingungen für den Beginn der für das Rücktrittsrecht vorgesehenen Frist sei die Belehrung nicht als solche nach § 165a VersVG zu werten.
Der im Begleitschreiben enthaltenen erste Satz entsprach laut OGH dem § 165a VersVG, wenn man unterstellt, dass ein verständiger Versicherungsnehmer den Zugang dieses Schreibens als Hinweis auf die „Verständigung vom Zustandekommen des Vertrages“ auffassen musste. Die Versicherung hätte aber zusätzlich im Begleitschreiben auf den Zusammenhang zwischen der Belehrung im Antrag und der zweiten Belehrung im Begleitschreiben aufklären müssen. Der infolge des ungeklärten Zusammenhangs der beiden Belehrungen zweifelhafte Beginn der Rücktrittsfrist führt zu einem unbefristeten Rücktrittsrecht der Klägerin. Mit der laut Rechtsansicht des VKI vorliegenden Widersprüchlichkeit und Intransparenz setzte sich der OGH nicht auseinander.
Der Klägerin steht aufgrund des berechtigten Rücktritts der Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Prämien (abzüglich der bereicherungsrechtlich nicht gebührenden Versicherungssteuer und der Risikokosten) zu.
Überdies gebühren laut OGH der Klägerin jedenfalls noch Vergütungszinsen für die Nettoprämien für den Zeitraum von drei Jahren vor Klagseinbringung.
Bezüglich der Vergütungszinsen für Nettoprämien für die länger als 3 Jahre zurückliegende Zeit verwies der OGH die Rechtssache an das Erstgericht. Diese würden der Klägerin nur zustehen, wenn deren Verjährung der effektiven Ausübung des Rücktrittsrechts entgegenstünde.
Ergänzung zum 30.04.2021: Die Parteien haben das Verfahren zwischenzeitlich vergleichsweise beendet.
OGH 17.12.2020, 7 Ob 200/20t
Klagevertreter: Dr. Alexander Klauser, Rechtsanwalt in Wien