Zum Inhalt

Spar Garant AG schloss nichtige Telefonverträge ab

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) führt im Auftrag des Sozialministeriums eine Verbandsklage gegen die Spar Garant AG und bekam vor dem Handelsgericht Wien (HG Wien) zur Gänze Recht. Das HG Wien erklärte die eingeklagten Klauseln sowie die beanstandeten Geschäftspraktiken für unzulässig. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.

Die Spar Garant AG ist Herausgeberin des Magazins "winando". Im monatlich erscheinenden Magazin "winando" wird den Kunden eine Übersicht über diverse Gewinnspiele geboten und es diesen damit ermöglicht, an den Gewinnspielen teilzunehmen. Dabei muss der Kunde selbst aktiv werden, indem er die Gewinnspiele (Rätsel und Knobelfragen) selbst löst und die Lösungsbogen an die Spar Garant AG sendet, die diese sodann an die jeweiligen Gewinnspielanbieter bzw. -veranstalter des Gewinnspieles weiterleitet.

Als unzulässig wurden vom HG Wien folgende Praktiken erkannt:

  • Die Spar Garant AG schloss nichtige Telefonverträge ab, da diese während eines von der Spar Garant AG eingeleiteten Anrufs im Zusammenhang mit Gewinnzusagen oder Wett- oder Lotteriedienstleistungen ausgehandelt wurden. Zudem sind diese telefonisch ausgehandelten Verträge auch deswegen nicht wirksam zustande gekommen, weil den Konsumenten zuvor keine Bestätigungen des Vertragsanbotes von der Spar Garant AG auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt wurde und die Verbraucher der Spar Garant AG zuvor keine schriftlichen Erklärungen über die Annahme ihres Anbots auf einem dauerhaften Datenträger übermittelt haben.
  • Die Beschriftung des Bestellbuttons mit "verbindlich bestellen" ist unzulässig, weil aus dieser Formulierung per se keine Verpflichtung zur Kostentragung abgeleitet werden kann. Eine "verbindliche" Bestellung muss nicht zwangsläufig mit einer Kostenpflicht einhergehen. Dies insbesondere auch im Hinblick auf die Ankündigung zu Beginn des Online-Formulars der Spar Garant AG "winando gratis nach Hause liefern lassen", weil dieser Hinweis gerade suggeriert, dass die Bestellung kostenfrei erfolgen kann.

Das HG Wien stufte zudem beispielsweise folgende Klauselinhalte als gesetzwidrig ein:

  • Klausel, wonach der Spar Garant AG eine uneingeschränkte Erlaubnis erteilt wird, die von den Verbrauchern eingesendeten Inhalte sowohl im Internet als auch im Printbereich unbeschränkt zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wieder zu geben.
  • Klausel, wonach verschuldensunabhängige Verzugszinsen in Höhe von 5 % über dem (nicht näher definierten) Basiszinssatz bei Zahlungsverzug berechnet werden
  • Ausschlüsse der Schadenersatzansprüche der Konsumenten
  • automatische Vertragsverlängerungen mittels Erklärungsfiktion, ohne dass die im Konsumentenschutzgesetz normierten Wirksamkeitserfordernisse berücksichtigt werden
  • Klausel, wonach unklar bleibt, an wen die Kündigung zu richten ist
  • Klauseln, die gegen Datenschutzbestimmungen verstoßen
  • Rechtswahlklausel
  • Klausel, die Änderungen des Vertrages über eine Zustimmungsfiktion unbeschränkt zulässt

Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Stand: 5.12.2018).

HG Wien 20.11.2018, 57 Cg 1/18z
Volltextservice
Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien

Lesen Sie mehr:

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

zupfdi.at: VKI informiert über mögliche Rückforderungsansprüche betroffener Verbraucher:innen

zupfdi.at: VKI informiert über mögliche Rückforderungsansprüche betroffener Verbraucher:innen

Der OGH hat mit Beschluss vom 25.01.2024 (4 Ob 5/24z) das Geschäftsmodell der gewerblichen „Besitzschützer“ hinter der Website www.zupfdi.at für rechtswidrig erkannt. Das HG Wien hat in VKI-Verbandsverfahren ua die Unzulässigkeit von Klauseln über die Abtretung der Besitzschutzansprüche und die Einräumung von Mitbesitz an den bewachten Liegenschaften bestätigt. Nach Rechtsauffassung des VKI ergeben sich aus diesen Entscheidungen Rückforderungsansprüche der betroffenen Verbraucher:innen, die Zahlungen an „Zupf di“ getätigt haben.

Unterlassungserklärung der Sanag Health Care GmbH

Der VKI hat – im Auftrag des Sozialministeriums – die Sanag Health Care GmbH wegen acht Klauseln in ihrem Mietvertrag für ein Leihgerät abgemahnt. Die Sanag Health Care GmbH hat zu allen Klauseln eine Unterlassungserklärung abgegeben.

EuGH: keine Tragung von Verfahrenskosten durch Verbraucher:innen bei missbräuchlichen Vertragsklauseln

EuGH: keine Tragung von Verfahrenskosten durch Verbraucher:innen bei missbräuchlichen Vertragsklauseln

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) äußerte sich kürzlich zu offenen Auslegungsverfahren der Klausel-Richtlinie (RL 93/13/EWG) und der Verbraucherkredit-Richtlinie 2008 (RL 2008/48/EG). Das Urteil vom 21.03.2024 (C-714/22, Profi Credit Bulgaria) betrifft ein bulgarisches Vorlageverfahren; die Aussagen des Gerichtshof sind jedoch auch für österreichische Verbraucher:innen von Relevanz.

LG Klagenfurt: Verbandsklagen-Richtlinie unmittelbar anwendbar

LG Klagenfurt: Verbandsklagen-Richtlinie unmittelbar anwendbar

Der Verein zum Schutz von Verbraucherinteressen (VSV) hatte die Energie Klagenfurt GmbH auf Unterlassung der Verrechnung einer Gemeindebenützungsabgabe geklagt. Das Landesgericht Klagenfurt wies die Klage inhaltlich ab, bestätigte aber die Aktivlegitimation der klagenden Partei gestützt auf die (von Österreich nicht umgesetzte) EU-Verbandsklagen-Richtlinie. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

zupfdi.at: „Besitzschutz“-Website – 6 Klauseln in AGB unzulässig

zupfdi.at: „Besitzschutz“-Website – 6 Klauseln in AGB unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums die Fumy – The Private Circle GmbH wegen sechs unzulässiger Klauseln in deren AGB/Vertragsformblättern für die Nutzung des über die Website „zupfdi.at“ betriebenen Abmahnservices bei behaupteten Besitzstörungen durch Kfz geklagt. Betreffend drei dieser Klauseln war bereits am 5.12.2023 ein Teilanerkenntnisurteil des Handelsgerichts Wien (HG Wien) ergangen. Nunmehr erkannte das HG Wien in seinem Endurteil auch die drei übrigen Klauseln für rechtswidrig. Das Endurteil ist rechtskräftig.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang