Zum Inhalt

Unzulässige Klausel zum Pensionswahlrecht

Der VKI unterstützte – im Auftrag des BMSGPK – erfolgreich einen Konsumenten, der bei der Generali Versicherungs AG eine Lebensversicherung mit Rentenwahlrecht abgeschlossen hatte.

Anlässlich einer Informationsveranstaltung zu einer Steuerreform fragte eine Mitarbeiterin der beklagten Generali Versicherungs AG einen Konsumenten, ob er Interesse an einer Lebensversicherung habe. Er verneinte dies. Die Mitarbeiterin der Beklagten riet ihm, er solle doch über eine Absicherung für seinen Lebensabend und eine Zusatzrente nachdenken. An einer solchen Rente hatte der Konsument Interesse. Die Mitarbeiterin der Beklagten füllte daher einen „Antrag  auf PRIVAT-PENSION durch Kapitalversicherung mit Gewinnbeteiligung und Pensionswahlrecht“ aus. Angekreuzt war, dass der Konsument eine Auszahlung „auf meine Lebenszeit“ wollte.

Die Mitarbeiterin präsentierte dem Versicherungsnehmer, der ausdrücklich nur an einer Zusatzrente Interesse gezeigt hatte, nur dieses Produkt. Auf die Möglichkeit einer reinen Rentenversicherung wies sie sie nicht hin, weil sie von ihren Vorgesetzten die Weisung hatte, bei Interesse an einer Rente nur dieses Produkt zu verkaufen.

In der Folge bekam der Versicherungsnehmer die Polizze für eine „Generali Privat-Pension - Kapitalversicherung mit Rentenwahlrecht“ zugesandt. Dort stand ua, dass „aufgrund des derzeit geltenden Rententarifs eine monatlich, … GENERALI PRIVAT-PENSION von derzeit S 3.000,— an Herrn … ausbezahlt wird, solange er lebt.“ Und weiters: „Zur Sicherung Ihrer PRIVAT-PENSION wird Ihnen bei aufsichtsbehördlich genehmigten Änderungen der Rententarife oder bei Änderungen der Gewinnbeteiligung ein Prämienanpassungsvorschlag vorgelegt.“

Der Versicherungsnehmer ging aufgrund dieser Unterlagen und der Erklärung der Mitarbeiterin davon aus, dass er eine Kapitalversicherung mit Rentenwahlrecht abgeschlossen hatte. Dass es auch eine reine Rentenversicherung gegeben hätte und dass es zwischen diesen Produkten einen Unterschied gab, wusste er nicht.

Ein paar Jahre später kam es zu einer Vertragsänderung. Im neuen Antrag war angekreuzt „Er- und Ablebensversicherung mit Gewinnbeteiligung“. Es hätte auch die ankreuzbare Option „Rentenversicherung“ gegeben, diese war nicht angekreuzt. Unter „Wichtige Hinweise“ stand bei „Erläuterungen zum Pensionswahlrecht und zur Privat-Pension“ die Klausel „Die Höhe der auszuzahlenden Pension wird nach den im Zeitpunkt der Fälligkeit geltenden Tarifen berechnet“. Der Versicherungsnehmer bemerkte die Option „Rentenversicherung“ und die Wichtigen Hinweise nicht. Er ging weiterhin davon aus, dass das vorgeschlagene Produkt die einzig mögliche Form einer Zusatzrente darstellt.

Der Versicherungsnehmer wollte wieder die Höhe der Rente im Antrag festgehalten haben, woraufhin die Mitarbeiterin antwortete, dies werde dann in der Polizze stehen. Mit der tatsächlich übermittelten Polizze war der Versicherungsnehmer dementsprechend nicht zufrieden, weil die Höhe der Pension dort nicht ausgewiesen wurde.

Ein paar Jahre später, im Jahr 1997, stand anlässlich einer erneuten Änderung bei einem neuen Antrag beim Punkt „Pensionswahlrecht“ „Auszahlung einer Generali Privat-Pension (siehe Erläuterungen) voraussichtl. Monatspension S 3.537,--“. Handschriftlich vermerkte die Mitarbeiterin  auf Wunsch des Versicherungsnehmers, der einen verbindlichen Rententeil festgehalten haben wollte, dass sich die angegebene Pension zu ATS 1.857 aus der Versicherungssumme und zu ATS 1.680 aus der Gewinnbeteiligung zusammensetzt. Der Versicherungsnehmer ging davon aus, dass der Teil der Rente aus der Gewinnbeteiligung nicht garantiert, der Teil aus der Versicherungssumme hingegen fix sei. Ausdrücklich zugesagt wurde dies von der Mitarbeiterin der Beklagten zwar nicht, sie wies jedoch auch nicht darauf hin, dass die Rente aus der Versicherungssumme unverbindlich sei.

2018 übte der Versicherungsnehmer die Option aus. Daraufhin wurde ihm ein Berechnungsvorschlag, basierend auf den derzeit geltenden Rententarifen iHv EUR 84,81 pro Monat übermittelt. Über Nachfrage wurde ihm mitgeteilt, dass die Rente bei Zugrundelegung der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses 1997 geltenden Tarife EUR 165,77 betrage.

Der Rententarif kommt nur auf die Rente aus der Versicherungssumme, nicht aber auf den Gewinnanteil zur Anwendung. Er bestimmt sich im Wesentlichen durch die Größen des Rechnungszinses und die Sterbetafel. Der Rechnungszins ist an die Verzinsung von Bundesanleihen gekoppelt und betrug zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses 3 %, und wird nunmehr von der Beklagten mit 0 % angenommen. Die Sterbetafeln enthalten die statistisch erwartete, durchschnittliche Lebensdauer. Diese trägt der mittlerweile verbesserten Sterblichkeitsprognose Rechnung. Die verbesserte Sterblichkeit und der geringere Rechenzins führen dazu, dass die Rente des Versicherungsnehmers nach derzeit geltenden Tarifen geringer ist als nach den zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltenden.

Bei einer reinen Rentenversicherung hingegen wären die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltenden Tarife zur Anwendung gekommen und die Rente aus der Versicherungssumme garantiert gewesen.

Wäre der Versicherungsnehmer über die Unterschiede zwischen Rentenversicherung und Kapitalversicherung aufgeklärt worden, hätte er eine Rentenversicherung abgeschlossen.

Das Gericht führte zunächst aus, dass die Formulierung, es werde aufgrund des „derzeit geltenden Rententarifs“ eine Pension von „derzeit A 3.000,--“ ausbezahlt, nicht eindeutig den Schluss zulässt, dass der derzeit geltende Rententarif unveränderlich dem Vertrag zugrunde zu legen ist. Vielmehr geht aus der Formulierung, dass die Pension „derzeit“ S 3.000,-- ausmache hervor, dass der Betrag nicht garantiert wird. Ansonsten würde der in diesem Schreiben weiters enthaltene Hinweis, dass bei aufsichtsbehördlich genehmigten Änderungen der Rententarife ein Prämienanpassungsvorschlag unterbreitet wird, keinen Sinn ergeben. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer wird also annehmen, dass die ausgewiesene Pensionshöhe – soweit die Versicherungssumme betroffen ist – solange gesichert, also garantiert, wird, solange ihm kein Prämienanpassungsvorschlag unterbreitet wird.

Die Beklagte hat dem Versicherungsnehmer nach den Feststellungen keinen Prämienanpassungsvorschlag übermittelt. Damit ist der aus der Versicherungssumme stammende Pensionsteil nach den zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltenden Tarifen zu berechnen und im Ausmaß der zugesagten Höhe garantiert. Die in den Versicherungsbedingungen 1997 enthaltene Klausel, wonach die Rente nach den zum Zeitpunkt der Optionsausübung geltenden Tarifen zu berechnen ist, ändert daran nichts.

Wird im Vertrag die Anwendung geänderter Tarife an die Übermittlung eines Prämienanpassungsvorschlags gebunden, wird der Versicherungsnehmer durch die unbedingte Anwendung des zum Zeitpunkt der Ausübung der Option geltenden Tarifs überrascht (§ 864a ABGB). Da der Prämienanpassungsvorschlag ausdrücklich „zur Sicherung“ der Pension erstattet werden soll, ist die Klausel dem Versicherungsnehmer auch nachteilig, weil er keine Möglichkeit hat, auf den geänderten Tarif durch eine Erhöhung seiner Beiträge zu reagieren.

Die Klausel verstößt darüber hinaus auch gegen § 6 Abs 2 Z 3 KSchG. Soweit sie nicht Vertragsbestimmungen, wonach der Unternehmer eine von ihm zu erbringende Leistung einseitig ändern oder von ihr abweichen kann, es sei denn, die Änderung beziehungsweise Abweichung ist dem Verbraucher zumutbar, besonders weil sie geringfügig und sachlich gerechtfertigt ist.

Die Beklagte hat dargelegt, dass die Klausel wegen der doppelten Risikoabschätzung (zunächst besonders frühe Sterblichkeit, nach der Wahl besondere Langlebigkeit) sachlich gerechtfertigt sei. Dieser Ansicht ist nicht beizutreten, weil auch eine Verrentung nach den zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltenden Tarifen bei entsprechender Kalkulation beiden Risiken Rechnung tragen kann. Im Übrigen nennt das Gesetz als zweites Kriterium, dass die Änderung geringfügig sein muss, um dem Verbraucher zumutbar zu sein. Von einer geringfügigen Änderung kann bei einer Reduktion der zugesagten Rente auf knapp die Hälfte aber nicht mehr gesprochen werden.

Dem der Höhe nach nur unsubstantiiert bestrittene Zahlungsbegehren war daher stattzugeben.

Ebenfalls stattzugeben war dem Rechnungslegungsbegehren. Der Auskunftsanspruch richtet sich auf die nachvollziehbare Bekanntgabe der Gesamtpension (unter Anwendung der 1997 geltenden Berechnungsgrundlagen, indem sie sie die Höhe der - wertgesicherten – monatlichen Auszahlungsbeträge der lebenslänglichen Privatpension aus diesem Versicherungsvertrag bekannt gibt).

Das Urteil ist rechtskräftig.

Handelsgericht Wien 17.10.2019, 671 Cg 40/19a

Klagsvertreter: Dr. Alexander Klauser, Rechtsanwalt in Wien

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

VKI: OGH beurteilt Kreditbearbeitungsgebühr der WSK Bank als unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums die WSK Bank wegen unzulässiger Klauseln in ihren Kreditverträgen geklagt. Jetzt liegt die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) vor: Dieser beurteilt diverse Gebühren und Spesenklauseln in den Kreditverträgen als unzulässig, darunter auch die Kreditbearbeitungsgebühr in Höhe von 4 Prozent. Betroffene Kund:innen der WSK Bank haben nach Ansicht des VKI Rückforderungsansprüche.

Timesharing-Anbieter Hapimag – 48 Klauseln unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Die Hapimag ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, die ihren Mitgliedern Ferienwohnungen, Apartments und Hotels zur Verfügung stellt. Der VKI beanstandete 48 Bestimmungen in Geschäftsbedingungen, Reservierungsbestimmungen, Buchungsinformationen und den FAQs des Unternehmens. Das Handelsgericht Wien (HG Wien) erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Unzulässige Gebühren der Unicredit

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die UniCredit BAnk Austria AG wegen mehreren Gebühren geklagt. Das OLG Wien hat fast alle der eingeklagten Klauseln für unzulässig erklärt.

Krankengeldversicherung: Geltungskontrolle

Krankengeldversicherung: Geltungskontrolle

Ist eine Leistungsbeschränkung für das Krankentagegeld in den Bedingungen für eine Krankengeldversicherung nicht unter der Überschrift „Leistungsvoraussetzungen“, sondern im Kapitel „Beendigung der Versicherung“ enthalten, ist sie ungewöhnlich und damit unwirksam.

Unzulässiger Deckungsausschluss: Hoheitsverwaltungsklausel

Unzulässiger Deckungsausschluss: Hoheitsverwaltungsklausel

Der VKI hatte die ARAG SE Direktion für Österreich wegen drei Ausschlussklauseln in den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung (ARB 2020) geklagt. Gegenstand des Verfahrens vor dem OGH war nur noch eine Klausel davon, nämlich die sog Hoheitsverwaltungsklausel.

Unzulässiger Stornoabzug bei UNIQA-Lebensversicherung

Unzulässiger Stornoabzug bei UNIQA-Lebensversicherung

Der VKI hatte die UNIQA Österreich Versicherungen AG geklagt. Inhalt der Klage waren 18 Klauseln aus den AVB für Lebensversicherungen. Während der VKI bereits in den Unterinstanzen die Mehrzahl der Klauseln rechtskräftig gewonnen hatte, waren noch drei Klauseln Gegenstand des Verfahrens vor dem OGH. Der OGH bestätigte nun auch die Gesetzwidrigkeit dieser Klauseln.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang