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Unzulässige Klauseln von Ticket-Plattform viagogo

Der VKI klagte im Auftrag der Arbeiterkammer Kärnten wegen diverser Klauseln in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Das Handelsbericht (HG) Wien beurteilte 42 Klauseln als unzulässig.

Die viagogo AG betreibt eine globale Online-Plattform für den Verkauf von Tickets für Live-, Sport- und Musikveranstaltungen. Es handelt sich bei der Plattform um eine Art Onlinebörse, auf der bereits gekaufte Tickets - auch von Privatpersonen - wiederverkauft werden. Anders als von der Beklagten im Verfahren behauptet, erklärte das HG Wien, dass jedenfalls eine Vertragsbeziehung zwischen der Beklagten und Verbrauchern bestehen würde. Die Beklagte lege die AGB dabei sowohl ihrer Vertragsbeziehung mit Verbrauchern, die Tickets erwerben, als auch mit Verbrauchern, die Tickets über die Plattform verkaufen, zu Grunde. Das Handelsgericht Wien erklärte unter anderem folgende AGB-Klauseln für unzulässig:


Alternative Tickets bei Lieferproblemen
Eine der als unzulässig beurteilten Klauseln sah vor, dass in einem Fall, in dem der Verkäufer die gekauften Tickets nicht liefert, die Plattform viagogo entscheiden könne, ob sie dem Käufer beliebige Ersatztickets mit vergleichbarem Preis anbiete oder den Ticketpreis rückerstatten würde. Für das HG Wien werden die Verbraucher, die Tickets über die Plattform erwerben, dadurch gröblich benachteiligt, da die Klausel zu ihrem Nachteil von den gesetzlichen Regeln beim Schuldnerverzug abweiche. Verbraucher müssten in jedem Fall die Wahl haben, den bezahlten Ticketpreis rückerstattet zu bekommen und nicht nur, wenn viagogo ihnen keine anderen Tickets (die noch dazu von minderer Qualität sein könnten) anbiete.


Schweizer Recht und Schweizer Gerichte
Eine andere Klausel sah vor, dass für die Verträge mit viagogo Schweizer Recht gelten solle und auch die Gerichte der Schweiz zuständig sein sollten. Auch diese Klausel beurteilte das HG Wien als unzulässig. Da die Plattform ihre Dienste auch auf österreichische Konsumenten ausrichte, würden die Verbraucher jedenfalls den Schutz der zwingenden Bestimmungen des österreichischen Verbraucherrechts genießen. Da die Rechtswahlklausel nicht darauf hinweise, sei sie gröblich benachteiligend. Ebenso sei die Gerichtsstandsvereinbarung unwirksam, da Verbraucher jedenfalls auf einen Gerichtsstand in Österreich bestehen könnten.


Zustellung von Tickets
Eine weitere beanstandete Klausel schloss eine Rückerstattung des Ticketpreises aus, wenn das Ticket nicht an den Käufer zugestellt werden könne. Das HG beurteilte diese Klausel als unzulässig, da sie auch in jenen Fällen eine Erstattung des Ticketpreises ausschlösse, in denen der Grund für die gescheiterte Zustellung bei viagogo und nicht beim Verbraucher liege. Das Gericht sah darin eine gröbliche Benachteiligung.

Andere Klauseln wurden vom Gericht als unzulässig beurteilt, da in den Fällen, in denen auf Verkäuferseite ein Verbraucher steht, dieser private Verkäufer der Tickets durch die Klauseln gegenüber viagogo gröblich benachteiligt werde. Dies betrifft beispielsweise vom Gesetz nicht vorgesehene Einschränkungen des Entgeltanspruchs des privaten Verkäufers trotz ordnungsgemäßer Vertragserfüllung seinerseits.

Daneben wurden auch viele Klauseln zu anderen Themenbereichen für unzulässig erklärt.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Stand: 30.10.2019).

Handelsgericht (HG) Wien 30.9.2019, 17 Cg 6/18s
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Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien

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