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Urteil: "0% Zinsen" - unzulässige irreführende Blickfangwerbung

Der OGH bestätigte nun in zwei Verbandsverfahren des VKI, dass es irreführend ist, mit Finanzierungsangeboten zu "0% Zinsen" zu werben, wenn tatsächlich Bearbeitungs- und Kontoführungsgebühren verrechnet werden und es dadurch zu einem Effektivzinssatz von 1,9% oder 5,02% kommt.

Kika und Leiner warben in ihren Werbungen mit Finanzierungs-Aktionen, z.B. "4 Jahre - 0% Zinsen!", wobei im Kleingedruckten auf die Details der Aktionen hingewiesen wurde. Tatsächlich fielen zusätzlich Bearbeitungs- und Kontoführungsgebühren an, womit es auch zu einem Effektivzinssatz von 5,02% p.a. kommen konnte.

Der VKI ging gegen diese Werbung - im Auftrag des BMASK - vor und klagte auf Unterlassung. Einerseits mit dem Argument, dass die Bewerbung eines Produktes als "gratis", wenn tatsächlich Kosten anfallen, gegen das Per-se-Verbot der Ziffer 20 im Anhang des Gesetzes gegen Unlauteren Wettbewerb verstößt, andererseits, dass die Blickfangwerbung auch zur Irreführung der KonsumentInnen geeignet, weil der Kostenhinweis nicht ausreichend sei.
Der Anhang zum UWG wurde in Umsetzung der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (UGP-RL 2005/29/EG) in das österreichische Recht eingefügt und enthält eine Liste irreführender und aggressiver Geschäftspraktiken, die jedenfalls verboten sind, womit eine einheitliche Regelung von Geschäftspraktiken in der gesamten Europäischen Union erzielt werden soll.

Der Unterschied zur ebenfalls thematisierten Blickfangwerbung liegt darin, dass die Anhangsziffer 20 es unserer Ansicht nach jedenfalls verbietet, ein Produkt als "gratis" o.ä. zu bewerben, wenn es tatsächlich nicht gratis ist. Konsequenterweise hilft es dem Werbenden dann auch nicht, wenn er auf die tatsächlich anfallenden Kosten hinweist. Ist der Hinweis nicht wahrnehmbar, liegt das auf der Hand. Interessant wird die Frage aber dann, wenn der einschränkende Hinweis gut lesbar ist - d.h. wenn sich der Werbende ganz offen in seiner Werbung selbst widerspricht. Vor der UGP-RL wurde die Werbung in solchen Fällen nicht als irreführend qualifiziert, sofern ein deutlicher Hinweis über die Tatsache aufklärte, dass eben doch Kosten anfielen. Eine solche Einschränkung ist der Ziffer 20 jedoch nicht zu entnehmen, nach dem bisher vom OGH entwickelten Prüfschema wäre auch nicht weiter zu prüfen, ob die Werbung irreführend ist, wenn ein Anhangstatbestand schon erfüllt ist.

Aus Konsumentenschutzsicht ist es besser, wenn auch bei einer deutlichen Aufklärung über die Kosten die Werbung das Produkt nicht als gratis darstellen darf. In der Praxis wirbt kein Unternehmen mit einem Kostenhinweis, der gleich deutlich wie der Hinweis "0%" oder "gratis" ist. Es liegt auf der Hand, dass eine solche Werbung nur Sinn macht, wenn die tatsächlichen Kosten - sofern sie eben anfallen - so dargestellt werden, dass sie der Konsument nach Möglichkeit eben nicht wahrnimmt. Es war dann bisher jedesmal eine Frage des Einzelfalles, ob der Kostenhinweis gerade noch deutlich genug war. Ein schutzwürdiges Interesse des Unternehmers an dieser Werbepraxis ist hier wohl nicht ersichtlich.

Leider befasste sich der OGH nicht mit diesen Fragen und legte sie auch nicht zur Vorabentscheidung dem Europäischen Gerichtshof vor, was bei Zweifeln über die Auslegung europarechtlicher Normen an sich geboten wäre.
Vielmehr bestätigte er in beiden Entscheidung die Irreführungseignung der Werbung, äußerte sich aber nicht zum Anhang des UWG - in diesem Sinne wies er auch in beiden Fällen die ordentliche Revision der Gegenseite mangels Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage zurück. Es liege ein klassischer Fall von irreführender Blickfangwerbung vor, eine Erörterung des Anhangs zum UWG erübrige sich daher.

Auf europäische Rechtsprechung zur Werbung mit 0% Zinsen, wenn eben mehr als 0% Zinsen von VerbraucherInnen zu zahlen sind, ist daher noch zu warten.

Interessant ist daher die nun rechtskräftige Entscheidung des OLG Wien zur Auslegung der Per-se-Verbote im Anhang des UWG, das die Ansicht des VKI bestätigte und zusammengefasst wie folgt ausführte:

Die Frage, ob Geschäftspraktiken, die unter ein Per-se-Verbot fallen, zusätzlich anhand der Generalklauseln der §§ 2 und 1 UWG zu beurteilen sind, würde vom überwiegenden Teil der Lehre abgelehnt.

Schon das Erstgericht habe die beanstandete Werbung als irreführend und als Verstoß gegen Z 20 des Anhangs zum UWG beurteilt. Gemäß diesem stellt die Beschreibung eines Produktes als "gratis", "umsonst" "kostenfrei" oder ähnlich, obwohl der Umworbene weitergehende Kosten zu tragen hat als jene, die im Rahmen des Eingehens auf die Geschäftspraktik und für die Abholung oder Lieferung der Ware unvermeidlich sind, jedenfalls eine irreführende - und damit verbotene - Geschäftspraktik dar. Gemäß Art 2 lit c der UGP-Richtlinie bzw. § 1 Abs 4 Z 1 UWG bezeichnet der Begriff "Produkt" jede Ware oder Dienstleistung, einschließlich Immobilien, Rechte und Verpflichtungen (was Kredite daher umfasst).

Allerdings verneinte das Erstgericht in der Folge das Vorliegen der Wiederholungsgefahr, weil die Beklagte im Verfahren angeboten hatte, die Erweckung des unrichtigen Eindrucks, sie biete ihren Kunden die Finanzierung des Kaufpreises über zinsenlose Kredite an, etwa durch die blickfangartig hervorgehobene Ankündigung "0% Zinsen", in Zukunft zu unterlassen, wenn die Inanspruchnahme des Kredites tatsächlich mit Entgelten (..) verbunden ist, und (in Einschränkung des Klagebegehrens) "sofern darauf nicht ausreichend deutlich hingewiesen wird".

Der VKI hatte dieses Vergleichsanbot im Hinblick auf diesen einschränkenden Zusatz abgelehnt, und zwar mit dem Argument, dass ein Gratisangebot, bei dem zusätzliche Kosten anfallen, kein Gratisangebot mehr darstellt, und dem Per-se-Verbot im Anhang zum UWG nicht zu entnehmen ist, dass es darauf ankommt, ob der Unternehmer auf anfallende Kosten deutlich hinweist oder nicht.

Die überwiegende Lehre sei der Meinung, dass der Anhang der UGP-Richtlinie (bzw. zum UWG) unabhängig vom Vorliegen weiterer Voraussetzungen, etwa der Irreführungseignung oder der Beeinflussung der Entscheidungsfreiheit der KonsumentInnen zu prüfen ist. So sei die Schaffung der Rechtsgleichheit auf den verschiedenen Märkten ausgewiesenes Ziel der UGP-RL, weshalb die innerstaatlichen Gerichte infolge richtlinienkonformer Auslegung nationaler Gesetze dazu verpflichtet seien, die im Anhang zum UWG übernommenen Per-se-Verbote der Richtlinie ernst zu nehmen und sie nicht dort auszuhöhlen, wo dies der europäische Gesetzgeber nicht wünsche.

Das OLG Wien schloss sich der Ansicht an, dass die in den Z 1-23 des Anhangs zum UWG geregelten Tatbestände ohne weitere Prüfschritte jedenfalls als irreführende Geschäftspraktiken anzusehen sind.

Im vorliegenden Fall bedeutete dies, dass die inhaltlich unrichtige Ankündigung "0% Zinsen" gegen das Per-se-Verbot der Z 20 des Anhangs zum UWG verstößt, das die Beschreibung eines Produktes als "gratis", "umsonst","kostenfrei" oder ähnlich, obwohl der Umworbene weitere Kosten zu tragen hat als die im Rahmen des Eingehens auf die Geschäftspraktik und für die Abholung oder Lieferung der Ware unvermeidbaren, inkriminiert.
Die zitierte Bestimmung stelle allgemein nur auf die unrichtige "Beschreibung" des Produkts mit den aufgezählten oder ähnlichen Begriffen ab. Nachdem davon auszugehen sei, dass der Gesetzgeber im Hinblick auf die große Anlockwirkung und Irreführungsgeneigtheit von Gratisangeboten ein absolutes Verbot postulieren wollte, könne selbst ein deutlicher Hinweis auf etwaige Zusatzkosten die mögliche Irreführung bei Verwendung von Begriffen wie "gratis" nicht beseitigen. Das Vergleichsanbot der Beklagten sei daher nicht ausreichend gewesen, um die Wiederholungsgefahr zu beseitigen.

Kika: OGH, 11.5.2010, 4 Ob 29/10h
OLG Wien, 16.11.2009, 30 R 23/09m
LG St. Pölten, 9.2.2009, 2 Cg 194/08b

Leiner: OGH, 11.5.2010, 4 Ob 47/10f
OLG Wien, 23.11.2009, 1 R 99/09z
LG St. Pölten, 11.2.2009, 24 Cg 67/08p

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Klagsvertreterin: Dr. Anne Marie Kosesnik-Wehrle, RAin in Wien

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