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Urteil: 12 von 14 Klauseln eines Vermögensverwalters gesetzwidrig

das HG Wien erkannte 12 von 14 Klauseln der IMB Vermögensverwaltungs GmbH als rechtswidrig.

Im Einzelnen handelt es sich um folgende Klauseln:

1. Der/die Depotinhaber bestägt(en), eine detaillierte Beschreibung der von IMB angebotenen standardisierten Anlagestrategien sowie des Rahmens für eine individualisierte Anlagestrategie rechtzeitig vor Vertragsabschluss als Anlage zur IMB Informationsbroschüre erhalten zu haben. Diese Anlage bildet somit einen integrierenden Bestandteil des Vertrags.

2. Der/die Depotinhaber hat/haben die IMB Conflict of Interest-Policy erhalten und stimmt/stimmen dieser zu.

3. Der/die Depotinhaber trägt/tragen allein das Risiko der Werteentwicklung und bestätigt(en), dass ihm/ihnen von IMB auch keine bestimmte Ertragsentwicklung garantiert wurde.

4. Mündliche Nebenabreden bestehen nicht.

Da es sich bei diesen Klauseln jeweils um Wissenserklärungen handelt, die zu einer Beweislastverschiebung zu Lasten des/der Konsumenten/in führen könne, unterliegen diese der Inhaltskontrolle und sind gem. § 6 Abs 1 Z 11 nichtig.


5. Änderungen der Anlagepolitik unterliegen der Schriftform.

6. Gesonderte Vereinbarungen wie zB Sonderkonditionen müssen schriftlich festgehalten werden.

7. Änderungen oder Ergänzungen dieser Vereinbarungen bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Das gilt auch für eine Vereinbarung über das Abgehen der Schriftform.

Wegen Verstoßes gegen den klaren Gesetzeswortlaut des § 10 Abs 3 KSchG sind diese Klauseln gesetzwidrig.

8. Die gewählte Risikobereitschaft (gem. beiliegendem Anlegerprofil) und Portfoliozusammenhang des/der Depotinhaber bezieht sich auf den Anfangswert des veranlagten Kapitals. Abweichungen zu Vorgaben betreffend Risikoklassen, Märkten, Art der eingesetzten Instrumente oder Währungen sind bis zu 10% des Depotwertes zulässig. Nachfolgende Orders oder Wünsche zum An- und Verkauf von Fonds, Instrumenten oder Wertpapieren bedürfen keiner weiteren Risikoaufklärung oder Beratung und sind auch dann zulässig, wenn dies nicht in die Risikoklasse fällt, aber bei Durchrechnung der Konten die gewählte Risikobereitschaft (gem beiliegendem Anlegerprofil) zu 90% erreicht wird.

Dieses einseitige Leistungsänderungsrecht ist gem § 6 Abs 2 Z 3 unzulässig. Für den Verbraucher sei es keinesfalls zumutbar, zumal der Unternehmer es in der Hand hätte, sogar risikoreichere Veranlagungen als ausdrücklich vereinbart zu wählen.

9. Grundsätzlich werden sämtliche banküblichen Spesen und Gebühren den Konten zusätzlich verrechnet. Ab Fälligkeit ist IMB zu einer Direktverrechnung gegen die Konten berechtigt.

Da die Klausel keine Angaben darüber enthält, was unter "banküblichen" Spesen und Gebühren zu verstehen ist, widerspricht sie dem Transparenzgebot iSd § 6 Abs 3 KSchG.

10. IMB haftet nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Die Haftung für leichte Fahrlässigkeit wird ausdrücklich ausgeschlossen.

Gem. § 6 Abs 1 Z 9 ist die Klausel unwirksam, da sie keine Beschränkung des Haftpflichtausschlusses auf andere als Personenschäden enthält.

11. Der/die Depotinhaber verzichtet(en) ausdrücklich darauf, den Vermögensverwaltungsvertrag wegen Irrtums (§ 871 ff AGBG) anzufechten.

Die Klausel widerspricht § 6 Abs 1 Z 14 KSchG und ist daher unwirksam.

12. Managementgebühr für die laufende Vermögensverwaltung: Diese beträgt 1% pro Halbjahr und bemisst sich jeweils am Gesamtwert der Konten an den beiden Stichtagen 30.Juni und 31.Dezember und ist im Vorhinein mit Ausweis auf der halbjährlichen Depotabrechnung fällig. Wird der Vermögensverwaltungsvertrag während eines laufenden Kalenderhalbjahres abgeschlossen, so ist die Managementgebühr aliquot für die vollen Monate des betreffenden Halbjahres geschuldet. Im Falle der Vertragsauflösung während eines Kalenderhalbjahres ist die Managementgebühr bis Halbjahresende geschuldet.

Hinsichtlich dieser Klausel sah das HG Wien keinen Verstoß gegen § 864a ABGB als gegeben an: Die Vereinbarung eines Entgelts für einen bestimmten Zeitraum sei jedem Dauerschuldverhältnis immanent. Die Perioden für die ein Entgelt zu bezahlen sei, sei dabei von Fall zu Fall verschieden. Da es in der Regel zu keiner Aliquotierung des Entgelts für den Fall, dass das Vertragsverhältnis kürzer dauere als die vereinbarte Zahlungsperiode. Somit sei die gegenständliche Klausel nicht überraschend iSd § 864a ABGB.

13. Der/die Depotinhaber entbindet(n) daher - soweit gesetzlich zulässig - IMB von jeglicher Haftung für die von IMB leicht fahrlässig getroffenen Verfügungen und Maßnahmen wie insbes die Auswahl und den Zeitpunkt für Kauf und Verkauf der Wertpapiere oder anderer Vermögenswerte, für auftretende Kurs-, Währungs- uns sonstige Vermögensverluste oder sonstige Wertminderungen.

Da der Haftungsausschluss für leichte Fahrlässigkeit nur Vermögensschäden betrifft, ist er im Lichte des § 6 Abs 1 Z 9 KSchG zulässig.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

HG Wien 14.12.2009, 11 Cg 176/09h
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Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien

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