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Urteil: Abgrenzung Überziehungsmöglichkeit und Überschreitung

Der OGH nahm dazu Stellung.

§ 18 Abs 1 VKrG definiert eine Überziehungsmöglichkeit als ausdrücklichen Kreditvertrag, mit dem sich der Kreditgeber verpflichtet, dem Verbraucher Beträge zur Verfügung zustellen, die das aktuelle Guthaben auf dem laufenden Konto des Verbrauchers überschreiten.

Überschreitung ist nach § 23 Abs 1 VKrG eine stillschweigend akzeptierte Überziehung, bei der der Kreditgeber dem Verbraucher entgeltlich Beträge zur Verfügung stellt, die das aktuelle Guthaben auf dem laufenden Konto des Verbrauchers oder die vereinbarte Überziehungsmöglichkeit überschreiten.

Umstritten ist die Auslegung des Begriffs "ausdrücklich" (§ 18 Abs 1 VKrG) bei der Überziehungsmöglichkeit als Abgrenzung zur stillschweigend akzeptierten Überschreitung (§ 23 Abs 1 VKrG). In Österreich versteht die hL Lehre "ausdrücklich" nicht im wörtlichen (engen) Sinn des § 863 ABGB, sondern als hinreichend deutlich und akzeptiert demnach auch eine konkludente Vereinbarung einer Überziehungsmöglichkeit. Entscheidendes Kriterium für die Abgrenzung der Überziehungs- von der Überschreitungsmöglichkeit ist der Zeitpunkt der Einräumung des Rechts auf Kreditgewährung. Im Sinn der Lehre setzt die Überziehungsmöglichkeit das Zustandekommen eines Vertrags voraus, der den Verbraucher berechtigt, sein laufendes Konto (Girokonto) bis zu dem vereinbarten Rahmen zu überziehen. Bei der Überschreitung kommt ein Kreditvertrag hingegen erst im Nachhinein zustande, wenn der Verbraucher Beträge über das aktuelle Kontoguthaben oder über eine vereinbarte Überziehungsmöglichkeit hinaus beansprucht.

Der erkennende Senat schließt sich der hL zur Auslegung des § 18 Abs 1 VKrG an: Die Wortfolge "ausdrücklicher Kreditvertrag" in § 18 Abs 1 VKrG schließt das konkludente Zustandekommen einer Überziehungsmöglichkeit als Sonderform des Kreditvertrags nicht aus. Entscheidend für die Abgrenzung zur Überschreitung iSd § 23 VKrG ist es, dass eine Vereinbarung dem Verbraucher von vornherein einen Kreditrahmen gewährt, innerhalb dessen er frei entscheiden kann, ob und in welcher Höhe er den Kredit abruft.

Ein Überziehungskredit iSd § 18 Abs 1 VKrG kommt auch dann wirksam zustande, wenn die Bank den ausdrücklichen, eine bestimmte Summe nennenden Antrag des Verbrauchers auf Einräumung oder Erweiterung eines Überziehungsrahmens konkludent annimmt, indem sie die beanspruchte Überziehung tatsächlich gewährt.

OGH 14.11.2017, 10 Ob 44/17v

Das Urteil im Volltext.

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