Zum Inhalt

Urteil: Aufklärungspflichten bei fonds-gebundener Lebensversicherung

Das HG Wien hebt in einem Musterprozess des VKI - im Auftrag des BMSG - einen Lebensversicherungsvertrag wegen fehlerhafter Beratung zum Anlagerisiko und zur Kostenbelastung wegen Irrtums auf und verurteilt die Versicherung zur Rückzahlung aller einbezahlten Prämien.

Eine Konsumentin wurde im Jahr 2000 von einem Versicherungsvertreter der Versicherung aufgesucht. Dieser bewarb unter anderem die Pensionszusatzversicherung und erklärte dazu, dass diese mit Kosten von 4 bis höchstens 5 Prozent verbunden wäre. Von einer höheren Belastung am Beginn der Laufzeit und dass die 5 % nur ein Durchschnittswert bezogen auf den gesamten Zeitraum wären, erfuhr die Konsumentin vom Vertreter nichts.

Die Konsumentin äußerte den Wunsch in festverzinsliche Wertpapiere zu investieren. Daher wurde im Beratungsgespräch besprochen, dass 75 % festverzinsliche Wertpapiere und 25 % gemischter Fonds enthalten sein sollten. In der Folge füllte der Versicherungsvertreter das Antragsformular aus und kreuzte dabei eine Aufteilung von 75 % und 25 % in bestimmte Fonds an. Dass es sich bei dem einen Fonds um einen reinen Aktienfonds und bei dem anderen Fonds um einen zu 53 % Aktien enthaltenden gemischten Fonds handelte, war selbst dem Vertreter nur in Grundzügen bewusst.

Die Konsumentin unterschrieb das Antragsformular ohne dies zur Gänze durchzulesen, da sie davon ausging, dass das in der Beratung Besprochene im Formular enthalten wäre. Auf dem Formular wurde von der Konsumentin auch angekreuzt, dass sie über Kenntnisse bzw. Erfahrungen auf dem Gebiet der Veranlagung in Wertpapiere bzw. Investmentfonds verfüge.

Nach etwa 2 Jahren betrug das Fondsvermögen nur etwa 50 % der eingezahlten Beträge.

Der VKI klagte daher - im Auftrag des BMSG - die Versicherung auf Aufhebung des Vertrages und Rückzahlung aller einbezahlten Prämien.

Auf Grund des oben festgehaltenen Sachverhaltes folgert das HG Wien, dass zwar der Vertrag wie im Antragsformular ersichtlich zustandekam. Allerdings hatte die Konsumentin eine falsche Vorstellung von der unterfertigten fondsgebundenen Lebensversicherung, da sie meinte, das von ihr Besprochene (mehr als 75 % festverzinsliche Wertpapiere und höchstens 5 % Kosten) unterschrieben zu haben.

Nach § 75 VAG hätte der Vertreter die Konsumentin über die Inhalte der im Antragsformular verwendeten Begriffe und das damit verbundenen Risikos aufklären müssen. Außerdem hätte ein Hinweis auf die Kostenbelastung erfolgen müssen.

Da diese Aufklärung nicht erfolgte, unterlag die Konsumentin bei Vertragsabschluss einem wesentlichen Irrtum - sie hätte nämlich bei Kenntnis der wahren Umstände den Vertrag nicht geschlossen. Die fehlerhafte Beratung ist der Versicherung zuzurechnen. Daher hat die Konsumentin Anspruch auf Rückzahlung aller einbezahlten Prämien.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

HG Wien 26.9.2004, 43 Cg 171/03z
Volltextservice
Klagevertreter: Dr. Benedikt Wallner, RA in Wien

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

OLG Wien: 48 unzulässige Timesharing-Klauseln

OLG Wien: 48 unzulässige Timesharing-Klauseln

Der VKI hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Das OLG Wien erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung.

OLG Wien: Dauerrabattklausel des Versicherers Allianz unzulässig

OLG Wien: Dauerrabattklausel des Versicherers Allianz unzulässig

Der VKI klagte im Auftrag der Arbeiterkammer Oberösterreich die Allianz Elementar Versicherungs AG wegen deren Dauerrabattklausel und deren Kündigungsklausel. Das OLG Wien gab dem VKI Recht und erklärte die Klauseln für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig. Versicherungsnehmer:innen, die aufgrund der Dauerrabattklausel eine Nachforderung bezahlt haben, können diese nun zurückfordern.

OLG Graz: „Dauerrabatt“-Klausel der Grazer Wechselseitigen unzulässig

OLG Graz: „Dauerrabatt“-Klausel der Grazer Wechselseitigen unzulässig

Der VKI klagte im Auftrag des Sozialministeriums die Grazer Wechselseitige Versicherung AG wegen deren „Dauerrabattklausel“. Das OLG Graz gab dem VKI Recht und erklärte die Klausel – wie auch schon das Erstgericht – für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig. Versicherungsnehmer:innen, die aufgrund der Laufzeitrabattklausel eine Nachforderung bezahlt haben, können diese nun zurückfordern.

VKI: OGH beurteilt Kreditbearbeitungsgebühr der WSK Bank als unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums die WSK Bank wegen unzulässiger Klauseln in ihren Kreditverträgen geklagt. Jetzt liegt die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) vor: Dieser beurteilt diverse Gebühren und Spesenklauseln in den Kreditverträgen als unzulässig, darunter auch die Kreditbearbeitungsgebühr in Höhe von 4 Prozent. Betroffene Kund:innen der WSK Bank haben nach Ansicht des VKI Rückforderungsansprüche.

Timesharing-Anbieter Hapimag – 48 Klauseln unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Die Hapimag ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, die ihren Mitgliedern Ferienwohnungen, Apartments und Hotels zur Verfügung stellt. Der VKI beanstandete 48 Bestimmungen in Geschäftsbedingungen, Reservierungsbestimmungen, Buchungsinformationen und den FAQs des Unternehmens. Das Handelsgericht Wien (HG Wien) erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang