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Urteil: Aufrundungsklausel bei Kreditvertrag gesetzwidrig

Eine Aufrundungsklausel widerspricht dem Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG, wenn sie mehrere unterschiedliche Auslegungen zulässt, die sich unterschiedlich auf die Zinssatzentwicklung auswirken.

Die Raiffeisenbank am Bodensee verwendete bis zum Jahr 2002 bei Kreditverträgen Vertragsformblätter, in denen die folgende Klausel enthalten war: "Bei Verbrauchern erfolgt vierteljährliche Anpassung entsprechend der Entwicklung des Mittelwertes Sekundärmarktrendite Emittenten gesamt und 3-Montas-VIBOR. Änderungen unter 0,25 %-Punkte werden nicht durchgeführt; auf volle 1/8 %-Punkte ist aufzurunden." Der VKI beanstandete die Zulässigkeit dieser Klausel und klagte die Bank im Auftrag des BMSG.

Die Bank wandte diese Klausel nach ihren Angaben so an, dass jeweils die Änderung des Indikators in Prozentpunkten auf den nächsten AchtelProzentpunkt aufgerundet wurde. Diese Methode führt im Ergebnis dazu, dass bei Zinssatzerhöhungen immer aufgerundet, bei Zinssatzsenkungen immer abgerundet wurde. Ein Bankfachmann hätte diese Klausel allerdings so verstanden, dass nicht etwa der Indikator, sondern erst der sich schlussendlich errechnete Zinssatz aufgerundet wird.

Das Landesgericht Feldkirch beurteilt diese Klausel als intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG, da nicht nachvollziehbar ist, worauf sich die eigentliche Rundungsregel "auf volle 1/8-Punkte ist aufzurunden" bezieht. Die Klausel kann daher so verstanden werden, dass der sich aus der Änderung ergebende Zinssatz aufzurunden ist. Zwar sei die tatsächlich angewandte Zinsberechnung für die Konsumenten vorteilhafter als das Ergebnis der möglichen alternativen Auslegung (siehe Verständnis der Klausel durch Bankfachmann), dies ändert aber an der Intransparenz der Klausel nichts.

Im übrigen sei die Klausel auch gesetzwidrig im Sinn des § 6 Abs 1 Z 5 KSchG. Die tatsächliche Handhabung der Klausel durch die Bank wirke sich nämlich nach den Angaben des Sachverständigen im Fall steigender Zinsen grundsätzlich negativ aus. Dies widerspricht dem Zweiseitigkeitsgebot. Auch wenn sich die Klausel bei sinkenden Zinsen positiv auswirkt, sei im übrigen nicht zu erwarten, dass die Bank bei einer vorhersehbaren sinkenden Zinsentwicklung bewusst Zinsgleitklauseln vereinbaren würde, die dem Kreditnehmer einen offensichtlichen Vorteil verschaffen bzw. zum Nachteil der Bank wirken.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

LG Feldkirch, 19.7.2005, 8 Cg 137/04f
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Klagevertreter: RA Dr. Stefan Langer u Dr. Anne Marie Kosesnik-Wehrle, Wien

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