Das AG Bremen hatte sich mit einem Fall zu beschäftigen, wo eine Euroscheckkarte mit Bankomatfunktion gestohlen wurde und innerhalb einer Stunde ab der Entwendung erste missbräuchliche Abhebungen an Geldautomaten vorgenommen wurden. Die beklagte Bank argumentierte damit, dass es in dieser kurzen Zeit technisch unmöglich sei, den PIN zu knacken und daher der Anschein dafür spreche, dass der Inhaber der Karte den PIN-Code entsprechend unsicher verwahrt hatte, sodass ihn unbekannte Täter kennen konnten.
Das Gericht holte ein Sachverständigengutachten eines anerkannten Experten auf dem Gebiet der Kryptologie ein. Das Gericht stellte dem Sachverständigen die Frage, ob es praktisch möglich sei, mit einer gefundenen oder gestohlenen EC-Karte Barabhebungen an Geldautomaten des EC-Karten-Systems zu tätigen, ohne vorherige Kenntnis der PIN zu haben.
Der Sachverständige kommt in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, dass es dann möglich sei, wenn man einen "geheimen Schlüssel" kennt. Im Folgenden erklärt der Sachverständige sehr detailliert wie solche Schlüssel wirken und wie man sie finden kann. Darüber hinaus setzt sich der Sachverständige ausführlich mit den Gutachten anderer Gutachter in anderen Gerichtsverfahren rund um den Missbrauch von Bankomatkarten in Deutschland auseinander. Das Amtsgericht Bremen kam schlussendlich - im Lichte des ausführlichen Sachverständigengutachtens - zu der Ansicht, dass es innerhalb von einer Stunde zwischen Entwendung und erster missbräuchlicher Verwendung der EC-Karte technisch möglich sei, auch ohne vorherige Kenntnis der PIN, Abhebungen an Geldautomaten vorzunehmen. Ein prima-facie-Beweis des Inhalts, dass aus dem Missbrauch der Karte durch einen Täter auf ein sorgfaltswidriges Verhalten des Karteninhabers im Sinn eines Mitverschuldens geschlossen werden könne, scheide mithin aus.
In der Zeitschrift Verbraucher und Recht 11/98 wird die Entscheidung und insbesondere das Sachverständigengutachten ausführlich dargestellt. Diese Veröffentlichung kann im Volltextservice bezogen werden.
AG Bremen 14.11.1997, 7 C 361/95
Verbraucher und Recht 11/98