Zum Inhalt

Urteil: BKS Kreditzinssatzänderung: Liquiditätspufferkosten

OLG Wien bestätigt Intransparenz aus mehreren Gründen.

Der VKI geht im Auftrag des Sozialministeriums gegen die BKS Bank AG wegen eines Indikators in Kreditverträgen vor. In den vorvertraglichen Informationen eines Kreditvertrages der BKS Bank AG fand der VKI folgende Klausel, nach der der Kreditzins verändert :

"Jeweils am ersten Tag jedes Kalenderhalbjahres wird der Zinssatz für dieses Kalenderhalbjahr wie folgt ermittelt:
Die kaufmännisch auf ganze 0,125% gerundete Summe folgender Werte: Maßgeblicher Wert des 6M-Euribor (derzeit   %) + Liquiditätspufferkosten (derzeit   %-Punkte) + 1,375%-Punkte.

Maßgeblicher Wert des 6M-Euribor ist jeweils der Wert des vorletzten Bankwerktages des vorigen Kalenderhalbjahres.

Der Zinssatz sinkt jedoch niemals unter 0%.

Wie werden die Liquiditätspufferkosten ermittelt: Die Liquiditätspufferkosten werden für jedes Kalenderquartal wie folgt ermittelt: 20% der Summe von Parameter 1 und Parameter 2:

Parameter 1: "1M-EURIBOR" (veröffentlicht unter anderem auf www.emmi-benchmarks.eu, Monatsdurchschnittswert des letzten Monats des zuletzt abgelaufenen Kalenderquartals. Aktueller Wert:    %.)

Parameter 2: Differenz zwischen

-    "gewichtete Kreditzinssätzen-Neugeschäft" (OeNB-Tabellen "Kreditzinssätze-Neugeschäft" und "Gewichte zu Kreditzinssätzen-Neugeschäft"), veröffentlicht unter anderem auf www.oenb.at und

-     UDRB ("umlaufgewichtete Durchschnittsrendite Bundesanleihen", veröffentlich unter anderem auf www.oenb.at);

      Monatsdurchschnittswert des letzten Monats des zuletzt abgelaufenen Kalenderquartals. Aktueller Wert:    %."

Einen vom VKI geltend gemachten und vom Erstgericht bestätigten Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG des Satzes "Der Zinssatz sinkt jedoch niemals unter 0%." verneinte das OLG Wien auf Bezug auf  die OGH-Entscheidung 10 Ob 13/17k ("Negativzinsen"): Der Schutzzweck des § 6 Abs 1 Z 5 KSchG ist nicht verletzt, wenn bei rechnerisch negativem Ergebnis einer Zinsgleitklausel vom Kreditnehmer zu zahlende Zinsen lediglich auf Null reduziert und keine "Negativzinsen" an den Kreditnehmer bezahlt werden. Die Unzulässigkeit der beanstandeten Zinsgleitklausel kann daher nicht auf eine Verletzung des Erfordernisses der Zweiseitigkeit gestützt werden.

Die Klausel ist nach den Ausführungen des OLG Wien aber intransparent (§ 6 Abs 3 KSchG): Der Verbraucher muss bis zu einem gewissen Grad die wirtschaftlichen Folgen einer Regelung abschätzen können.

Die Berechnung des für den Parameter 2 der Liquiditätspufferkosten maßgeblichen Wertes kann allein anhand des Wortlauts der Klausel selbst nicht gelingen.

Bei Verweisen auf Fundstellen außerhalb des Regelwerks verlangt das Transparenzgebot, dass die Auffindung durch eine unmittelbar zielführende, auch dem Durchschnittsverbraucher leicht verständliche Verweisung ermöglicht wird. Schon davon kann hier keine Rede sein, weil zur Auffindung der zur Berechnung erforderlichen Referenzwerte ("gewichtete Kreditzinssätzen- Neugeschäft" und "UDRB") lediglich allgemein auf die Adresse der Website der OeNB (www.oenb.at) und die dort enthaltenen OeNB-Tabellen verwiesen wird. Es ist daher nicht gewährleistet, dass der durchschnittliche Verbraucher die zur Berechnung des Parameters 2 des Zinssatzes benötigten Werte zuverlässig und ohne allzu großen Zeitaufwand auffinden kann.

Hinzu kommt, dass die auf der Website der OeNB veröffentlichten Tabellen selbst keinen Aufschluss über den zur Berechnung der Liquiditätspufferkosten benötigten Wert "gewichtete Kreditzinssätzen-Neugeschäft" geben. Wie sich dieser Wert anhand der veröffentlichten Tabellen errechnen soll, wird weder in der beanstandeten Klausel noch auf der Website der OeNB erklärt. Eine Berechnung wird dem durchschnittlichen Kreditnehmer, auch wenn er, was von ihm zu erwarten ist, die Grundrechnungsarten beherrscht, ohne nähere Erklärung der Vorgangsweise zur Gewichtung von Zinssätzen nicht gelingen.

Zur weiteren Unverständlichkeit der Klausel trägt schließlich noch der Umstand bei, dass sie zunächst von einer Ermittlung des Zinssatzes für jedes Kalenderhalbjahr, gerade bei den ohnehin schon kompliziert geregelten Liquiditätspufferkosten aber ohne jede Notwendigkeit von einer Ermittlung für jedes Kalenderquartal spricht und auf die Durchschnittswerte des zuletzt abgelaufenen Kalenderquartals abstellt.

Die Berechnung der Liquiditätspufferkosten bleibt daher insgesamt intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG. Da das OLG Wien bereits die Intransparenz der Klausel bejahte und wegen des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion die gesamte Klausel wegfällt, ging das Gericht auf die vom VKI geltend gemachten Gründe wegen eines Verstoßes gegen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG nicht mehr ein.


OLG Wien 28.4.2017, 4 R 151/16d
Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien

Lesen Sie mehr:

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

OLG Wien: 48 unzulässige Timesharing-Klauseln

OLG Wien: 48 unzulässige Timesharing-Klauseln

Der VKI hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Das OLG Wien erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung.

OLG Wien: Dauerrabattklausel des Versicherers Allianz unzulässig

OLG Wien: Dauerrabattklausel des Versicherers Allianz unzulässig

Der VKI klagte im Auftrag der Arbeiterkammer Oberösterreich die Allianz Elementar Versicherungs AG wegen deren Dauerrabattklausel und deren Kündigungsklausel. Das OLG Wien gab dem VKI Recht und erklärte die Klauseln für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig. Versicherungsnehmer:innen, die aufgrund der Dauerrabattklausel eine Nachforderung bezahlt haben, können diese nun zurückfordern.

OLG Graz: „Dauerrabatt“-Klausel der Grazer Wechselseitigen unzulässig

OLG Graz: „Dauerrabatt“-Klausel der Grazer Wechselseitigen unzulässig

Der VKI klagte im Auftrag des Sozialministeriums die Grazer Wechselseitige Versicherung AG wegen deren „Dauerrabattklausel“. Das OLG Graz gab dem VKI Recht und erklärte die Klausel – wie auch schon das Erstgericht – für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig. Versicherungsnehmer:innen, die aufgrund der Laufzeitrabattklausel eine Nachforderung bezahlt haben, können diese nun zurückfordern.

VKI: OGH beurteilt Kreditbearbeitungsgebühr der WSK Bank als unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums die WSK Bank wegen unzulässiger Klauseln in ihren Kreditverträgen geklagt. Jetzt liegt die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) vor: Dieser beurteilt diverse Gebühren und Spesenklauseln in den Kreditverträgen als unzulässig, darunter auch die Kreditbearbeitungsgebühr in Höhe von 4 Prozent. Betroffene Kund:innen der WSK Bank haben nach Ansicht des VKI Rückforderungsansprüche.

Timesharing-Anbieter Hapimag – 48 Klauseln unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Die Hapimag ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, die ihren Mitgliedern Ferienwohnungen, Apartments und Hotels zur Verfügung stellt. Der VKI beanstandete 48 Bestimmungen in Geschäftsbedingungen, Reservierungsbestimmungen, Buchungsinformationen und den FAQs des Unternehmens. Das Handelsgericht Wien (HG Wien) erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang