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Urteil: Deutsches Urteil zu Amazon Dash Button

Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e.V. klagte Amazon EU S.A.R.L im Zusammenhang mit dem sog Dash Button. Der Klage wurde in erster Instanz stattgegeben.

Amazon vertreibt seit dem 31.8.2016 den Dash Button in Deutschland. Der Dash Button ist ein Gerät, das sich mit dem WLAN eines Nutzers verbinden und über die WLAN-Verbindung Signale an den WLAN-Router versenden kann. Die Verwendung eines Signals wird durch das Drücken einer elektromechanischen Schaltfläche ausgelöst. Der Dash Button ist auf der Vorderseite mit dem jeweiligen Herstellerlogo und auf der Rückseite mit Angaben über technische Details beschriftet. Darüber hinaus ist er nicht beschriftet.

Der Dash Button muss zunächst vom Nutzer eingerichtet werden. Dabei legt der Nutzer ein Produkt fest, das über den Dash Button bestellt werden soll. Nach der Registrierung ist der Dash Button mit einem konkreten Produkt nach Wahl des Nutzers verknüpft. Der Dash Button selbst ist mit dem WLAN des Nutzers verbunden. Für die Einrichtung des Dash Buttons ist die Amazon Shopping App erforderlich, die der Nutzer auf seinem Smartphone installieren muss.

Bei der Auswahl des konkreten Produkts erhält der Nutzer Produktinformationen zu Preis, Menge und weitere wesentlichen Eigenschaften des Produkts. Hat sich der Nutzer für ein Produkt entschieden, wählt er dieses aus und verknüpft es mit dem Dash Button. Anschließend muss er über die Amazon Shopping App die Lieferadresse und Zahlungsweise bestimmen. Mit Bestätigen der Schaltfläche "Einrichtung abschließen" ist der Dash Button eingerichtet.

Sobald der Nutzer die Schaltfläche des Dash Buttons betätigt, erhält er auf seinem Smartphone eine Push-Nachricht mit Informationen zur Bestellung, zum Preis und zum voraussichtlichen Lieferzeitpunkt. Dies aber nur, wenn er der Amazon Shopping App erlaubt, Push-Nachrichten auf sein Smartphone zu schicken. Beim Anklicken dieser Push-Nachricht wird der Nutzer zur Amazon Shopping App weitergeleitet. Dort werden die Details der Bestellung des Produkts, das zuvor mit dem Dash Button verknüpft wurde, aufgeführt. Der Nutzer muss die Bestellung über die Amazon Shopping App nicht nochmals separat bestätigen. Er kann zudem über die Amazon Shoping App die Bestellung binnen 15 Minuten nach dem Drücken des Dash Buttons kostenfrei stornieren.

Eine weitere Bestellung ist erst dann möglich, wenn die erste Bestellung geliefert wurde. Der Bestellvorgang kann auch ausgelöst werden, wenn der Nutzer sein Smartphone ausgeschaltet hat. Es genügt alleine, dass der Nutzer die Schaltfläche des Dash Buttons betätigt. Bei bestehender WLAN- und Internetverbindung ist alleine die Betätigung des Dash Buttons notwendig, damit Amazon das Angebot des Nutzers auf den Abschluss eines Kaufvertrages über das Internet erhält. Die Amazon Shopping App und das Smartphone des Verbrauchers sind für den konkreten Bestellvorgang nicht erforderlich.
Die Beklagte ermöglicht Verbrauchern über das gesetzliche Widerrufsrecht hinaus, auch gelieferte Waren kostenlos zurückzusenden.

Verstoß gegen die Button-Lösung - Hinweis auf Button zur Zahlungspflicht fehlt

§ 312j Abs 3 BGB besagt Folgendes: "Der Unternehmer hat die Bestellsituation bei einem Vertrag nach Absatz 2 so zu gestalten, dass der Verbraucher mit seiner Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet. Erfolgt die Bestellung über eine Schaltfläche, ist die Pflicht des Unternehmers aus Satz 1 nur erfüllt, wenn diese Schaltfläche gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern "zahlungspflichtig bestellen" oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist."

Der Dash Button verstößt gegen § 312j Abs 3 Satz 1 BGB. Der Dash Button ist eine Schaltfläche iSv § 312j Abs 3 Satz 2 BGB. Von diesem Begriff sind unter Umständen auch elektromechanische Druckflächen erfasst.

Auch im nicht virtuellen Bereich sind Schaltflächen denkbar, über die ein Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr abgeschlossen wird. Eine Beschränkung alleine auf eine virtuelle Schaltfläche als graphisches Bedienelement einer Website ist § 312j Abs 3 Satz 2 BGB nicht zu entnehmen und widerspräche auch der Intention des Gesetzgebers. Der Begriff der "Schaltfläche" muss in die körperliche Welt übertragen werden.

Da der Dash Button jedoch weder mit den Wörtern "zahlungspflichtig bestelle" oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist, verstößt Amazon gegen § 312j Abs 3 Satz 2 BGB.

Wäre der Dash Button keine Schaltfläche iSv § 312j Abs 3 Satz 2 BGB, würde Amazon dennoch gegen § 312j Abs 3 BGB verstoßen, nämlich gegen Satz 1. Eine ausdrückliche Bestätigung des Verbrauches, dass er sich beim Drücken des Dash Buttons zu einer Zahlung verpflichte, wenn er die Bestellung nicht binnen der folgenden 15 Minuten kostenfrei storniere, kann in diesem Vorgang nicht gesehen werden.

Anm: Die österreichische Pendantbestimmung findet sich in § 8 Abs 2 FAGG. Sie lautet: "Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass der Verbraucher bei der Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass die Bestellung mit einer Zahlungsverpflichtung verbunden ist. Wenn der Bestellvorgang die Aktivierung einer Schaltfläche oder die Betätigung einer ähnlichen Funktion erfordert, muss diese Schaltfläche oder Funktion gut lesbar ausschließlich mit den Worten "zahlungspflichtig bestellen" oder einer gleichartigen, eindeutigen Formulierung gekennzeichnet sein, die den Verbraucher darauf hinweist, dass die Bestellung mit einer Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Unternehmer verbunden ist."

Verstoß gegen Pflicht zur Informationserteilung unmittelbar vor Bestellung  

§ 312j Abs 2 BGB lautet: "Bei einem Verbrauchervertrag im elektronischen Geschäftsverkehr, der eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand hat, muss der Unternehmer dem Verbraucher die Informationen gemäß Artikel 246a § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 4, 5, 11 und 12 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche, unmittelbar bevor der Verbraucher seine Bestellung abgibt, klar und verständlich in hervorgehobener Weise zur Verfügung stellen."

Dh der Unternehmer muss den Verbraucher über die wesentlichen Eigenschaften der bestellten Ware (insb Art des Produkts, ggf Menge, ggf Größe) und über den Gesamtpreis oder, wenn sich dieser vorab nicht berechnen lässt, die Art der Preisberechnung informieren.

Diese Informationen müssen sowohl in zeitlichem als auch in räumlich-funktionalem Zusammenhang mit der Bestellung erteilt werden. Dies bedeutet, dass die notwendigen Informationen in unmittelbarer Nähe zur Schaltfläche angezeigt werden müssen, mittels derer die Bestellung ausgelöst wird.
Amazon teilt dem Verbraucher jedoch weder unmittelbar vor oder beim Betätigen des Dash Buttons selbst die Informationen zu den wesentlichen Eigenschaften und dem Preis mit.

Es ist irrelevant, dass der Verbraucher nach dem Drücken des Dash Buttons über eine Push-Nachricht auf seinem Smartphone von der Amazon Shopping App über die Bestellung informiert wird und die Details einsehen kann.
Die Argumentation von Amazon, dass der Kunde alle notwendigen Informationen bei der Einrichtung des Dash Buttons erhält, überzeugt nicht. Amazon behält sich in der angegriffenen Klausel (s.u.) nämlich vor, die Produktdetails wie Preis etc nachträglich zu ändern, sodass beim konkreten Bestellvorgange die Informationen, die bei der Einrichtung des Dash Buttons erteilt wurden, gegebenenfalls nicht mehr zutreffen.

Anm: In Österreich lautet die entsprechende Bestimmung: "Wenn ein elektronisch, jedoch nicht ausschließlich im Weg der elektronischen Post oder eines damit vergleichbaren individuellen elektronischen Kommunikationsmittels geschlossener Fernabsatzvertrag den Verbraucher zu einer Zahlung verpflichtet, hat der Unternehmer den Verbraucher, unmittelbar bevor dieser seine Vertragserklärung abgibt, klar und in hervorgehobener Weise auf die in § 4 Abs. 1 Z 1, 4, 5, 14 und 15 genannten Informationen hinzuweisen." (§ 8 Abs 1 FAGG).

Unzulässige Klausel

"Wenn Sie ein Produkt gewählt haben, das Sie über Ihr Service-fähiges Gerät kaufen möchten, können sich manche Angebote und Produktdetails bei späteren Nachbestellungen eventuell ändern (zum Beispiel Preis, Steuern, Verfügbarkeit, Lieferkosten und Anbieter). Jede Bestellung unterliegt den zum jeweiligen Zeitpunkt geltenden Angebotsdetails. [...] Sollte Ihr Produkt zum Zeitpunkt Ihrer Bestellung nicht verfügbar sein, ermächtigen Sie uns, Ihre Bestellung mit einem geeigneten Ersatzartikel der gleichen Produktart und derselben Marke (z.B. mit leicht abweichender Füllmenge) zu erfüllen."

Die Klausel ist bereits deshalb unwirksam, weil sie nicht klar und verständlich ist und deshalb den Verbraucher unangemessen benachteiligt. Sie verstößt daher gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs 1 Satz 1 u 2 BGB. Aus Sicht eines durchschnittlichen Verbrauchers wir hier nicht hinreichend klar, was genau mit "Produktdetails" bzw "Angebotsdetails" gemeint ist. Weiters verwendet Amazon mit "Anbieter" und "Vertragspartner" zwei unterschiedliche Begriffe, die jedoch dasselbe bedeuten sollen.


Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Stand 9.3.2018).
Landgericht München 1.3.2018, 12 O 730/17

Das Urteil im Volltext.

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