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Urteil: Die limitierte Bürgschaft

Der Verbraucher wurde vom Bankangestellten nicht besonders auf eine unüblich benachteiligende Klausel hingewiesen. Diese Klausel wurde deshalb nicht Inhalt der Bürgschaftsvereinbarung.

Der beklagte Verbraucher war im Jahr 1994 von einem Bekannten gebeten worden für eine Firma, die kurzfristig Kreditmittel benötigte, eine Bürgschaft einzugehen. Es wurde ihm zugesichert, dass die Bürgschaft lediglich für die Dauer von 2 Monaten einzugehen sei und nur bis zu einem Betrag von S 230.000,-- übernommen werden sollte. Der beklagte Verbraucher erhoffte sich aus der Übernahme der Bürgschaft in der Folge eine großzügige Unterstützung durch die genannte Firma bei der Einrichtung eines Bildungs- und Kulturzentrums. Er hatte selbst kein Interesse an der Gewährung des Kredites und es flossen ihm auch keine Kreditmittel zu. Die Kreditunterlagen wurden in der Filiale der klagenden Bank vorbereitet, dem Beklagten zur Unterschrift vorgelegt, von diesem nur sehr oberflächlich gelesen und in der Folge unterschrieben. Die Belehrung des Bankangestellten erschöpfte sich darin, dass er sinngemäß meinte: "Sie wissen ja, Sie gehen die üblichen Verpflichtungen ein, die ein Bürge eingeht". Der beklagte Bürge ging daher bei Unterfertigung der Urkunden davon aus, eine Bürgschaft für einen Kredit über S 230.000,-- einzugehen, welcher dem genannten Unternehmen bis zum 31.11.1994 eingeräumt werden würde.

In der Bürgschaftserklärung findet sich im Kleingedruckten aber auch folgende Klausel: "Sie sind berechtigt, dem Kreditnehmer für alle Ihnen wider denselben zustehenden Forderungen nach Ihrem Ermessen ohne Verständigung an mich (uns) Zahlungsfristen, Kreditverlängerungen und - wiederausnützungen sowie weitere Kredite zu gewähren oder sonstige Verbindlichkeiten, z.B. aus Wechseln, Bürgschaften, etc, zuzulassen, ohne dass mir (uns) hieraus gegen ihre wider mich (uns) zu erhebenden Ansprüche eine Einwendung zusteht. Stundungen oder Vergleiche, die sie bezüglich der Tilgung ihrer Forderungen mit dem Kreditnehmer vereinbaren, wirken ohne gesonderte Vereinbarung nicht auch zu meinen (unseren) Gunsten."

Das Kreditkonto haftete zum vorgesehenen Endtermin mit rund S 230.000,-- aus. Mit Schreiben vom 1.12.1994 wurde der Kredit aber bis 31.8.1995 von seiten der klagenden Bank prolongiert. In der Folge ließ die klagende Bank auch Kreditausnützungen weit über den eingeräumten Rahmen von S 230.000,-- zu. Am 14.3.1995 war daher ein aushaftender Betrag von rund S 460.000,-- gegeben. Bis 31.12.1997 war der Saldo durch weitere Kontoeingänge auf rund S 130.000,-- reduziert. Dieser Betrag wurde seitens der Bank in der Folge auch eingeklagt.

Das Gericht ging davon aus, dass die genannte Klausel gemäß § 864a ABGB ungewöhnlich und nachteilig und daher nicht wirksam vereinbart war. Das Gericht verweist auf eine Entscheidung des OGH, womit eine entsprechende Klausel in einem Bürgschaftsvertrag, wonach der Bürge, der die Haftung für einen zeitlich und der Höhe nach begrenzten Kredit übernimmt, auch für alle darüber hinaus mit dem Kreditgeber abgeschlossenen oder künftig abzuschließenden Kreditverträge hafte, als ungewöhnliche Klausel gemäß § 864 a ABGB eingestuft wurde (siehe KRES 3/51) und sieht es auch als ungewöhnlich an, wonach der Bürge für ein und denselben Kredit, für den er bürgt, vorweg Kreditverlängerungen zustimmt, da sich für ihn dadurch das Risiko, als Bürge in Anspruch genommen zu werden, auf einen für ihn nicht absehbaren Zeitraum verlängert. Mit einer Verlängerung seiner Haftung brauchte der Beklagte den gegebenen Umständen nach, insbesondere auch dem Erscheinungsbild der Urkunden, nicht zu rechnen. Da er vom Bankangestellten auch nicht besonders darauf hingewiesen wurde, wurde die genannte Klausel gemäß § 864 a ABGB nicht Inhalt der Bürgschaftsvereinbarung.

Die Bürgschaft des Beklagten war daher auf den der Firma bis 30.11.1994 in Höhe von S 230.000,-- eingeräumten Kredit beschränkt. In diesem Fall muss der Kredit gegenüber dem Bürgen so abgerechnet werden, als ob es in der Folge zu keiner Prolongation und zu keiner Aufstockung des Kreditverhältnisses gekommen wäre (siehe KRES 3/51).

Das Gericht betonte noch ausdrücklich, dass im vorliegenden Fall bei Einräumung des Kredites - unter Wegfall der überraschenden Klausel - eine Erweiterung des Kredites von S 230.000,-- nicht vorgesehen war. Daher kann der Beklagte als Bürge darauf bestehen, dass die in der Folge geleisteten Zahlungen im Verhältnis zum Beklagten vorrangig auf den Ende November 1994 aushaftenden Saldo anzurechnen sei. Anders wäre der Fall dann zu beurteilen, wenn bereits bei Übernahme der Teilbürgschaft im Kreditvertrag eine Krediterweiterung vorgesehen gewesen wäre. Dann müsse der Teilbürge bei nachträglicher Erweiterung der Hauptschuld die vorrangige Verrechnung von Teilzahlungen auf die Erweiterung der Hauptschuld allenfalls gegen sich gelten lassen.

Diese Zweifelsregel sei Ausfluss des Rechtssatzes, dass der Bürge im Falle einer Teilbürgschaft zwar für die ganze Schuld, für die er die Bürgschaft übernommen hat, jedoch nur bis zu einem bestimmten Betrag haftet. Im Fall des Eingehens einer solchen Teilbürgschaft weiß der Bürge, dass die Hauptschuld größer ist, als jener Teil für den er die Bürgschaft übernommen hat und dass sein Risiko, überhaupt als Bürge in Anspruch genommen zu werden, von der Höhe der Hauptschuld bestimmt wird. In einem solchen Fall sei es daher gerechtfertigt, Teilzahlungen eines Hauptschuldners im Zweifel zuerst auf den unverbürgten Teil der Hauptschuld anzurechnen. Im gegenständlichen Fall liege aber gerade keine Teilbürgschaft vor. Der beklagte Bürge hatte eine volle Bürgschaft über einen der Firma bis 30.11.1994 eingeräumten Kredit über S 230.000,-- übernommen. Bei Abschätzung seines Risikos, ob er überhaupt als Bürge in Anspruch genommen werden würde, durfte er von seiner Einschätzung ausgehen, ob das genannte Unternehmen als Hauptschuldnerin in der Lage sein würde einen Betrag von S 230.000,-- zur Rückführung des Kredites aufzubringen.

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