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Urteil: Erfolg gegen irreführende Testsiegel - Werbung

Der OGH gab dem VKI in einem - vom BMASK beauftragten - Verbandsverfahren nun Recht und untersagte einem Matratzenhersteller die irreführende Werbung mit einem veralteten Testurteil eines Konsument-Matratzentests.

Das Unternehmen bewarb im Jahr 2008 seine Matratzen im Internet und in Katalogen mit einem runden, selbst gestalteten  "Testsieger"-Emblem: Im oberen Drittel fand sich die Bezeichnung "Testsieger", darunter der Hinweis, dass das Modell S. von insgesamt 19 Matratzen die beste Testbewertung erhalten habe und das "Konsument"-Testurteil auf "gut" lautete, wieder darunter fand sich dann die Marke. Am rechten Rand des Emblems war parallel zur Kreisrundung in fast unlesbarem Druck senkrecht zur übrigen Schrift "Konsument Ausgabe November 2003" gedruckt.

Der VKI klagte den Unternehmer auf Unterlassung. Einerseits stützte sich die Klage auf die Ziffer 2 des Anhangs zum UWG (die die Richtlinie unlaurtere Geschäftspraktiken umsetzt), die die Verwendung von Gütezeichen. Qualitätskennzeichen oder Ähnlichem ohne die erforderliche Genehmigung untersagt.
Die Untergerichte verwarfen dieses Argument, der OGH zitierte Lehrmeinungen, die diese Richtlinienbestimmung sehr eng auslegen und vertreten, dass die Z 2 des Anhangs nur solche Gütezeichen umfasse, die für im Vorhinein festgelegte Kriterien, wie die Einhaltung einer bestimmten Materialbeschaffenheit, vergeben würden. Darunter würden Testplaketten wie z.B. der Stiftung Warentest in Deutschland nicht fallen, weil deren Tests wertende Vergleichstests seien (Koppe/Zagouras, Rechtsprobleme der Testwerbung, WRP 2008, 1035).

Nach Anderl/Appl in Wiebe/Kodek, UWG (2009), § 2 Anhang, Rz 25ff umfasst die Z 2 des Anhangs UWG sämtliche Qualitätszeichen und ähnliche Auszeichnungen, egal ob von privaten oder öffentlichen Stellen vergeben. Unerheblich sei auch, ob die Auszeichnung unternehmens- oder produktbezogen ist. Es komme einzig darauf an, ob es die vergebende Stelle/Einrichtung gibt und ob eine Genehmigung (durch hoheitsrechtlichen Akt  oder zivilrechtliche Nutzungseinräumung) vorgesehen wäre, die der Unternehmer eben nicht vorweisen kann. Bei der gebotenen engen Auslegung seien unter "Güte-, Qualitätszeichen und Ähnlichem" primär auf Qualität oder Güte abstellende Auszeichnungen zu subsumieren (und nicht etwa eine Gewerbeberechtigung).

Produktbezogene Tests von insbesondere Verbraucherorganisationen werden regelmäßig in einem zertifizierten Verfahren durchgeführt. Dabei werden im Vorhinein festgelegte Kriterien berücksichtigt, unter anderem auch die Materialbeschaffenheit (z.B. bei den gegenständlichen Matratzen). Zwecks leichterer Darstellbarkeit für die KonsumentInnen werden zumeist, wenn auch nicht immer, Wertungen (z.B. sehr gut, gut, durchschnittlich) vergeben, bzw. die in verschiedenen Kategorien bestbewerteten Produkte als "Testsieger" bezeichnet.
Der VKI vergibt - bei Interesse - entsprechende Testplaketten.

Naturgemäß kann eine Überprüfung, ob der Hersteller bestimmte Kriterien eingehalten hat, immer erst im Nachhinein geprüft werden. Für die KonsumentInnen wird es hinsichtlich ihrer Einschätzung zur Qualität eines Produkts aber keinen Unterschied machen, ob dieses Kriterien entspricht, die vor Durchführung eines Produkttests, oder solchen, die zwecks Erlangung eines anderen Gütesiegel, wie dem AMA-Gütesiegel, aufgestellt wurden. Wesentlich wird die Frage sein, ob die gewünschte Qualität vorliegt oder eben nicht.
Der OGH ließ diese - wohl noch vom EuGH zu klärende - Frage offen.

Das Vorliegen des Tatbestands der Z 4 des Anhangs zum UWG verneinte er. Ziffer 4 verbietet die fälschliche Behauptung, dass ein Produkt von einer öffentlichen oder privaten Stelle bestätigt, gebilligt oder genehmigt worden sei.
Der OGH meinte dazu, dass ein reines Testergebnis von den Verkehrsteilnehmern regelmäßig nicht als "behördliche Bewilligung oder Genehmigung" verstanden würde. Die Verwendung des Test-Emblems falle daher nicht unter die Z 4 des Anhangs zum UWG.
Der Wortlaut der Z 4 des Anhangs spricht allerdings nicht nur von Bewilligung und Genehmigung (wobei es sich wohl um Synonyme handelt) eines Produktes durch eine - im vorliegenden Fall - private Stelle, sondern davon, dass ein Produkt von einer solchen bestätigt, gebilligt oder genehmigt sei. Hier müsste sich der EuGH dazu äßern, ob diese Begriffe ausschließlich im Sinne von "Genehmigung" zu verstehen sind.

Im Ergebnis bejahte das Höchstgericht allerdings die Irreführungseignung über die Aktualität des Testergebnisses.
Auch ohne Vorhandensein neuerer Tests würde ein Durchschnittsverbraucher die Werbung mit einem Testurteil als Hinweis auf ein einigermaßen zeitnahmes Testverfahren und nicht auf einen fünf Jahre alten Test verstehen.  Die Entscheidung des gleichen Senats zu 4 Ob 156/08g, wonach der Unternehmer, der mit einem günstigen Testurteil wirbt, nicht verpflichtet ist, Angaben zu einer allenfalls erfolgten Veröffentlichung zu machen, stehe dem nicht entgegen, weil es im vorliegenden Fall nicht um die Frage gehe, ob der Unternehmer Hinweise auf die Fundstelle der Testergebnisse machen muss. Die Täuschungseignung sei im konkreten Fall (lang zurückliegender Test) bei Weglassen eines - deutlich erkennbaren - Hinweises auf den Testzeitpunkt zu bejahren. Sie sei auch geeignet, Marktteilnehmer in Bezug auf die beworbene Matratze derart zu täuschen, dass sie dazu veranlasst werden, eine geschäftliche Entscheidung zu treffen, die sie andernfalls nicht getroffen hätten, und stelle daher eine irreführende Geschäftspraktik nach § 2 Abs 1 Z 2 UWG (Täuschung über die wesentlichen Merkmale von Tests oder Untersuchungen, denen das Produkt unterzogen wurde) dar.

OGH 20.4.2010, 4 Ob 159/09z
OLG Linz 20.5.2009, 3 R 33/09g
LG Linz 3.12.2008, 4 Cg 198/08t

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Klagsvertreterin: Dr. Anne Marie Kosesnik-Wehrle, Rechtsanwältin in Wien

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