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Urteil: Etappenerfolg gegen Werbung an Volksschulen

Das LG Linz gibt dem VKI in einem vom Konsumentenschutzministerium beauftragten Verbandsverfahren gegen die RLB OÖ Recht.

Es untersagt der Raiffeisen, in Volksschulen gegenüber Volksschulkindern ihre Produkte, insbesondere Sumsi-Sparbücher zu bewerben wenn sie ihnen für den Fall der Eröffnung eines Sparbuches Geschenke in Aussicht stellt.

Das Hauptbegehren, der Bank die Werbung für ihre Produkte an Volksschulen grundsätzlich zu untersagen, wies das Gericht ab. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.

Der VKI wurde auf Elternbeschwerden über die Schulsparwerbung der Bank in der Volksschule der Kinder tätig.

Sie versprach den Kindern Geschenke für den Fall, dass sie bzw ihre Eltern ein Sparbuch bei der Bank eröffneten. Die Kinder ohne Sparbuch bekamen dann anlässlich der Veranstaltung in der Schule kein Geschenk

Die Werbeaktion lief folgendermaßen ab: Im Herbst 2015 informierte die Raiffeisen in Absprache mit der Direktorin der Volksschule Schüler und Eltern folgendermaßen über den Termin des alljährlichen Schulsparens. (siehe Anhang)

Das Gericht stellte folgenden Sachverhalt fest:
Die Direktorin stellte der Bank einen Raum in der Schule zur Verfügung, wo die Zählmaschine aufgebaut wurde. Anschließend kamen klassenweise Kinder mit ihrem Lehrer, um Einzahlungen auf ihre Sparbücher vorzunehmen. Die Bankmitarbeiterinnen selektierten dabei nicht selbst, welche Kinder zu ihnen kommen dürfen und welche nicht; Kinder mit Sparbüchern anderer Kreditinstitute als jener der beklagten Partei kamen an diesem Tag jedoch nicht zur Schulsparaktion und es wurden jedenfalls nicht alle Kinder zur Schulsparaktion gebracht.

Zur Durchführung der Einzahlungen wurden die Münzen der Kinder in der Zählmaschine gezählt, der Betrag abgeschrieben und der Zettel in das Sparbuch der Kinder gelegt. Da es technisch nicht möglich war, den Betrag bereits in der Schule gutzubuchen, nahmen die Bankbearbeiterinnen die Sparbücher mit und buchten den jeweiligen Betrag in der Filiale der Raiffeisenbank gut. Einzahlungen waren nur auf Sparbücher der Raiffeisenbank Puchenau oder anderer Raiffeisenbanken möglich; auf Sparbücher anderer Kreditinstitute konnten keine Einzahlungen geleistet werden. Ebenso wurden Einzahlungen auf Bausparverträge der Raiffeisenbank durchgeführt; auch hier wurde der einzuzahlende Betrag vermerkt und mit der angegebenen Bausparvertragsnummer in der Filiale auf den jeweiligen Bausparvertrag gutgebucht. Alle Kinder, die tatsächlich zur Schulsparaktion kamen, bekamen ein Werbegeschenk der beklagten Partei, nämlich eine Gürteltasche im Wert von EUR 1,84.

Der VKI kritisierte den Druck, der hier durch den Gruppenzwang und die Geschenkversprechen insbesondere auf die Eltern aufgebaut wurde.

Nach Ansicht des Gerichts vermittelte die Einladung zum Schulsparen den Eindruck, dass nur jene Sparer, die über ein Sparbuch bei der Raiffeisenbank verfügen, auch ein "tolles Geschenk" bekommen. So wurden von den Lehrern eben auch nur die Schüler ausgewählt, die (oder deren Eltern) Raiffeisenkunden waren.

Die Einladung ist daher geeignet - dies insbesondere auch unter Berücksichtigung der Zielgruppe - auf die Eltern der angesprochenen Volksschüler Druck in Bezug darauf, ein Konto bei der beklagten Partei zu
eröffnen, um das angekündigte "tolle Geschenk" zu bekommen, auszuüben. So ist es auch im Sinne der Judikatur vorstellbar, dass Eltern zur Vermeidung innerfamiliärer Konflikte geneigt sein können, den Wünschen des Kindes nachzugeben und damit eine geschäftliche Entscheidung zu treffen, die sie sonst nicht getroffen hätten (4 Ob 57/08y), sodass es sich beim Verteilen der gegenständlichen Einladung um eine aggressive Geschäftspraktik iSd § 1a Abs 1 UWG handelt. Dass es sich bei von der beklagten Partei angekündigtem "tollen" Geschenk lediglich um ein Werbegeschenk im Wert von EUR 1,86 handelte, ist dabei irrelevant.

Das Verhalten der beklagten Partei ist zweifellos auch geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil von Unternehmen nicht nur unerheblich zu beeinflussen, weil Volksschüler und Eltern durch die Einladung zweifellos auf ein Produkt, genauer, ein Sparbuch der beklagten Partei verwiesen werden, was der beklagten Partei einen nicht unerheblichen Vorsprung gegenüber Mitbewerbern, also anderen Kreditinstituten verschafft.

Wie schon in anderen Verfahren wurde auch hier die Werbung an Schulen grundsätzlich beanstandet.

Die Bank argumentiert mit der Zulässigkeit und der Gewohnheit des Schulsparens. Inwieweit es der Erziehung von Kindern zu kritischen Verbrauchern dient, wenn sie in der Schule mit dem Produkt einer Bank konfrontiert werden und mit Geschenken zum Vertragsabschluss motiviert werden, ist aber fraglich. Weder werden die Produkte verschiedener Anbieter verglichen, noch wird die Bank eingeladen, die die besten Zinsen anbietet (derzeit unterliegen täglich fällige Sparbücher einer Verzinsung iHv 0,01%). Es kommt die Bank in die Schule, die die erste ist oder die einzige am Ort ist.

Das Gericht geht jedoch von der Sinnhaftigkeit des Schulsparens aus und verneinte daher die Unzulässigkeit der Werbung gegenüber Volksschulen.
Die Praktik, ihre Sparbücher zu bewerben, indem den Kindern Geschenke versprochen werden, wenn es oder die Eltern Kunden der Bank werden oder schon sind, verurteilte es als unlauter.
 
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig (Stand: 24.7.2016).

LG Linz 12.7.2016 2 Cg 8/16y
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Klagevertreterin: Dr. Anne-Marie Kosesnik-Wehrle, RA in Wien

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