Zum Inhalt

Urteil: Falsche Anlageberatung durch AWD-Finanzberater II

Das HG Wien ändert - als Berufungsgericht - in einem Musterprozess des VKI - im Auftrag des BMSG - das Ersturteil ab und spricht Schadenersatz wegen falscher Anlageberatung zu.

Nachdem der VKI bereits in erster Instanz in einem anderen Verfahren wegen mangelhafter Anlageberatung rechtskräftig gegen den AWD gewonnen hatte (siehe VRInfo 3/2004) - weitere Verfahren sind derzeit anhängig - hat nunmehr erstmals auch das Handelgericht Wien als Berufungsgericht dem VKI in zweiter Instanz Recht gegeben und den weiteren Rechtszug an den OGH nicht zugelassen:

Eine Konsumentin erwarb 1993 nach Beratung durch einen AWD-Mitarbeiter eine Kommanditbeteiligung. Da der Berater so geschult worden war, ging er selbst davon aus, dass es sich um eine sichere Anlageform handelte, zumal in Immobilien sowie in festverzinsliche Wertpapiere investiert werde. Das zu veranlagende Kapital wurde über zehn Jahre hinweg monatlich einbezahlt. Anlässlich der Abschichtung musste die Konsumentin dann allerdings feststellen, dass nicht nur der in Aussicht gestellte Gewinn gänzlich ausgeblieben war, sondern sie sogar erheblich weniger Geld ausbezahlt erhielt, als sie einbezahlt hatte! Das Erstgericht hatte noch keinen Beratungsfehler des AWD, der das Anlageprodukt vermittelt hatte, erblicken können und die Klage abgewiesen.

Die dagegen vom VKI, der den Anspruch der Konsumentin zur Klagsführung abgetreten erhielt, erhobene Berufung war nun erfolgreich: Wie das Handelsgericht Wien urteilte, ist der Anlageberater zur substantiellen Aufklärung seiner Kunden über die Risikoträchtigkeit der in Aussicht genommenen Anlage verpflichtet. Derartige treuhändische Immobilienbeteiligungen oder stille Beteiligungen an einem Unternehmen stellen nämlich in aller Regel ein hoch risikoträchtiges Geschäft dar, bei welchem der Anlageberater zur entsprechenden Aufklärung über die Risikoträchtigkeit der Anlage verpflichtet ist. Dies hat der Berater unterlassen, statt dessen suggerierte er der Konsumentin ein Sicherheitsniveau ähnlich wie bei einem Sparbuch, dies mit dem Anschein einer Immobiliarsicherheit.

Wünscht, wie im vorliegenden Fall, die Konsumentin eine Geldanlageform mit geringem Risiko als Alternative zum Sparbuch, und beurteilt der Anlageberater das Risiko einer Kommanditbeteiligung "als gering" bzw. "als im Vergleich zu einer Investition in Aktien oder Wertpapieren geringer", dies mit der Bemerkung, es werde bei diesem Produkt auch "in Immobilien in Wien investiert" und führt weiters aus, dass im Hinblick auf die zum damaligen Zeitpunkt hohen Mieten in Wien Verluste nicht zu erwarten seien, wobei er "Schwankungen in der Zukunft" nicht ausschließt, unterlässt der Berater nach Auffassung des Berufungsgerichtes jegliche substantielle Beratung. Dies selbst dann, wenn er bei der Beratung nach bestem Wissen und Gewissen auf Grund der ihm zugekommenen Schulung und seiner persönlichen Schlüsse agiert.

Auch den Einwand des AWD, in den Veranlagungsprospekten und schriftlichen Unterlagen fänden sich doch ohnehin Risikohinweise, ließ das Handelsgericht Wien nicht gelten. Wird, wie im vorliegenden Fall, in der Informationsbroschüre gleichzeitig darauf hingewiesen, dass "private Pensionsvorsorge immer wichtiger" werde und werden dadurch besondere Sicherheitsbedürfnisse des Konsumenten angesprochen und die angepriesene Anlageform vor einem "inflationsgesicherten finanziellen Hintergrund" dargestellt, so sind Formulierungen, die bloß auf allfällige "Wertschwankungen" der Veranlagung hinweisen, keine ausreichende Aufklärung.

Wie das Berufungsgericht weiter urteilte, durfte die Konsumentin dadurch, dass das Risiko "geringer als bei einer Veranlagung in Aktien oder Wertpapieren" dargestellt wurde, den lediglich kursorischen Hinweis darauf, dass "Schwankungen natürlich möglich seien" lediglich auf die Höhe des Gewinnes beziehen und musste keineswegs auf einen Kapitalverlust schließen, wie er in der Folge eintrat.

Auch die "beträchtlichen Vertriebs- und Verwaltungskosten" des Finanzproduktes - sämtliche Einzahlungen der Konsumenten im ersten Jahr, mithin 10 % der Vertragssumme, gehen als Provision an einen zwischengeschalteten Vermittler! - ließen an der Sicherheit des prognostizierten Ertrages zweifeln. Dabei handle es sich um "der Kapitalvermehrung nicht unmittelbar dienende Unkosten", zudem sei nur in wenige Immobilien investiert worden (anstatt einer breiten Streuung) und habe praktisch keine historisch gesicherte Ertragserfahrung bestanden, weil die Objekte eben erst gebaut worden waren.
Der AWD hat der Konsumentin daher den verur-sachten Differenzschaden zu ersetzen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

BG HS Wien 29.02.2004, 3C 733/03w-10
HG Wien 1R 147/04w
Klagevertreter: Dr. Benedikt Wallner, RA in Wien

Lesen Sie mehr:

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

VKI: OGH beurteilt Kreditbearbeitungsgebühr der WSK Bank als unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums die WSK Bank wegen unzulässiger Klauseln in ihren Kreditverträgen geklagt. Jetzt liegt die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) vor: Dieser beurteilt diverse Gebühren und Spesenklauseln in den Kreditverträgen als unzulässig, darunter auch die Kreditbearbeitungsgebühr in Höhe von 4 Prozent. Betroffene Kund:innen der WSK Bank haben nach Ansicht des VKI Rückforderungsansprüche.

Timesharing-Anbieter Hapimag – 48 Klauseln unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Die Hapimag ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, die ihren Mitgliedern Ferienwohnungen, Apartments und Hotels zur Verfügung stellt. Der VKI beanstandete 48 Bestimmungen in Geschäftsbedingungen, Reservierungsbestimmungen, Buchungsinformationen und den FAQs des Unternehmens. Das Handelsgericht Wien (HG Wien) erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Unzulässige Gebühren der Unicredit

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die UniCredit BAnk Austria AG wegen mehreren Gebühren geklagt. Das OLG Wien hat fast alle der eingeklagten Klauseln für unzulässig erklärt.

Krankengeldversicherung: Geltungskontrolle

Krankengeldversicherung: Geltungskontrolle

Ist eine Leistungsbeschränkung für das Krankentagegeld in den Bedingungen für eine Krankengeldversicherung nicht unter der Überschrift „Leistungsvoraussetzungen“, sondern im Kapitel „Beendigung der Versicherung“ enthalten, ist sie ungewöhnlich und damit unwirksam.

Unzulässiger Deckungsausschluss: Hoheitsverwaltungsklausel

Unzulässiger Deckungsausschluss: Hoheitsverwaltungsklausel

Der VKI hatte die ARAG SE Direktion für Österreich wegen drei Ausschlussklauseln in den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung (ARB 2020) geklagt. Gegenstand des Verfahrens vor dem OGH war nur noch eine Klausel davon, nämlich die sog Hoheitsverwaltungsklausel.

Unzulässiger Stornoabzug bei UNIQA-Lebensversicherung

Unzulässiger Stornoabzug bei UNIQA-Lebensversicherung

Der VKI hatte die UNIQA Österreich Versicherungen AG geklagt. Inhalt der Klage waren 18 Klauseln aus den AVB für Lebensversicherungen. Während der VKI bereits in den Unterinstanzen die Mehrzahl der Klauseln rechtskräftig gewonnen hatte, waren noch drei Klauseln Gegenstand des Verfahrens vor dem OGH. Der OGH bestätigte nun auch die Gesetzwidrigkeit dieser Klauseln.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang