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Urteil: Gesetzwidrige Klauseln in diversen Erste Bank-AGB

Der Verein für Konsumenteninformation klagte im Auftrag des Sozialministeriums die Erste Bank der österreichischen Sparkassen AG. Inhalt des Verfahrens sind Allgemeine Geschäftsbedingungen für das Internetbanking "George", für Sparbücher und für Sparbuchschließfächer. Vom VKI wurden vor allem Klauseln im Zusammenhang mit der Haftung der Kundinnen und Kunden in Missbrauchsfällen und mit der Verzinsung von Sparbüchern kritisiert.

Unzulässige Klauseln
Allgemeine Geschäftsbedingungen (Fassung Juli 2018):


Klausel 1: Z 44c

(2) "Wurde keine Anpassungsklausel vereinbart, so bietet das Kreditinstitut dem Kunden eine Änderung des Zinssatzes spätestens zwei Monate vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an. Die Zustimmung des Kunden zu dieser Änderung gilt als erteilt, wenn beim Kreditinstitut vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Inkrafttretens kein Widerspruch des Kunden einlangt. Darauf wird das Kreditinstitut den Kunden im Änderungsangebot, in dem das Ausmaß der Änderung darzustellen ist, hinweisen. Das Kreditinstitut kann das Änderungsangebot auf eine mit dem Kunden vereinbarte Weise zum Abruf bereithalten. Sollte das Änderungsangebot jedoch ein Konto, über das Zahlungsdienste abgewickelt werden, betreffen, so ist es dem Kunden mitzuteilen und der Kunde hat das Recht, den diesbezüglichen Rahmenvertrag bis zum Inkrafttreten der Änderung kostenlos fristlos zu kündigen. Auch auf dieses Kündigungsrecht wird das Kreditinstitut im Änderungsangebot hinweisen.

(3) Auf dem in Abs. 2 vorgesehenen Weg darf das Kreditinstitut mit dem Kunden eine Zinssatzanpassung jedoch nur unter folgenden Voraussetzungen vereinbaren:

- Die angebotene Zinssatzanpassung entspricht bei einer Anpassung von Sollzinssätzen der sich aus den Veränderungen auf dem Geld- oder Kapitalmarkt ergebenden Entwicklung der Kosten des Kreditinstituts im Zusammenhang mit dem jeweiligen Kredit seit dem Abschluss der der aktuellen Verzinsung zugrundeliegenden Vereinbarung.

- Die angebotene Zinssatzanpassung entspricht bei einer Anpassung von Habenzinssätzen der sich aus den Veränderungen auf dem Geld- oder Kapitalmarkt ergebenden Entwicklung der Kosten und Wiederveranlagungsmöglichkeiten des Kreditinstituts im Zusammenhang mit dem jeweiligen Guthaben seit dem Abschluss der der aktuellen Verzinsung zugrundeliegenden Vereinbarung.

- Eine Zinssatzänderung nach Abs. 2 darf 0,5 %-Punkte pro Jahr nicht übersteigen.

- Im Änderungsangebot wird darauf hingewiesen, dass die der Verzinsung zugrundeliegende Vereinbarung keine einseitige Zinssatzanpassung vorsieht.

Eine Änderung des Zinssatzes im Rahmen des Abs. 2 ist frühestens ein Jahr nach dem Abschluss der der aktuellen Verzinsung zugrundeliegenden Vereinbarung zulässig."

Diese nicht auf Zahlungsdienste beschränkte Zustimmungsfiktionsklausel ist intransparent gemäß § 6 Abs 3 KSchG, da dem durchschnittlichen Verbraucher nicht bewusst ist, unter welchen Umständen die Beklagte berechtigt ist, die Zinsen anzupassen. Ein pauschales Verweisen auf die Entwicklung der Kosten der Beklagten, die den Bedingungen des Geld- und Kapitalmarktes geschuldet sind, reicht jedenfalls nicht aus.

Geschäftsbedingungen für den Gebrauch einer s Kreditkarte, besondere Geschäftsbedingungen für die s Kreditkarte Mobil, für Verified by Visa (Vbv) und Mastercard Identity Check (Fassung Juli 2018):

Klausel 2: 8.1. "Der Karteninhaber hat bei der Nutzung und nach Erhalt der Karte alle zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um den persönlichen Code, Passwörter, Kartendaten und die Karte vor unbefugtem Zugriff zu schützen."

Die Klausel hält einer Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht stand. Dem Verbraucher werden dabei sozial inadäquate Verpflichtungen auferlegt, da auch Daten wie etwa der Name des Kreditkarteninhabers geschützt werden müssen. Dies ist jedoch insbesondere dann nicht möglich, wenn der Kunde die Karte zur Bezahlung vorlegt oder die Karte aus der Hand gibt, um Zahlungen durchzuführen (zB in einem Restaurant). Da die Klausel folglich den Vorgaben des § 63 Abs 1 ZaDiG 2018 nicht entspricht, ist sie unwirksam.

Klausel 3: 8.7.
"Den Verlust, Diebstahl, die missbräuchliche Verwendung oder die sonstige nicht autorisierte Nutzung des Zahlungsinstrumentes hat der Kunde unverzüglich, sobald er davon Kenntnis hat, der Erste Bank oder der Sparkasse anzuzeigen und eine Sperre der Karte zu veranlassen. Dies gilt auch, wenn Umstände vermuten lassen, dass ein unbefugter Dritter Kenntnis vom persönlichen Code oder Passwörtern erlangt hat."

Dem Verbraucher kann eine Anzeigeverpflichtung bei bloßem Verdacht schon nach dem Wortlaut des § 63 Abs 2 ZaDiG 2018 ("...sobald er davon Kenntnis hat...") nicht auferlegt werden. Die Klausel ist daher unzulässig.

Klausel 4: 8.8. "Sofern der Karteninhaber in betrügerischer Absicht gehandelt hat oder eine oder mehrere seiner in diesen Bedingungen festgelegten Sorgfaltspflichten vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat, wird dem Kontoinhaber der Betrag (samt Kosten und Zinsen) des nicht autorisierten Zahlungsvorgangs nicht erstattet."

Gemäß § 68 Abs 5 ZaDiG 2018 ist der Zahler dem Zahlungsdienstleister nicht zum Schadenersatz verpflichtet, wenn der Zahlungsdienstleister keine starke Kundenauthentifizierung verlangt hat. § 68 Abs 5 ZaDiG 2018 trat am 01. Juni 2018 in Kraft. Der Ansicht der Beklagten, wonach die Anwendung des § 68 Abs 5 ZaDiG 2018 vor Inkrafttreten des § 87 ZaDiG 2018 (dieser legt fest, legt fest, wann ein Zahlungsdienstleister eine starke Kundenauthentifizierung zu verlangen hat) nicht möglich gewesen sei, ist nicht zu folgen: § 4 Z 28 ZaDiG 2018 regelte bereits vor Inkrafttreten des § 87 ZaDiG die "starke Kundenauthentifizierung". Zahlungsdienstleister konnten also bereits vor dem Inkrafttreten des § 87 am 14.09.2019 eine starke Kundenauthentifizierung im Sinne des § 4 Z 28 ZaDiG 2018 verlangen. Beim Verlangen der starken Kundenauthentifizierung handelt es sich um eine Obliegenheit des Zahlungsdienstleisters. Das Verlangen einer starken Kundenauthentifizierung vor dem 14.09.2019 war für den Zahlungsdienstleister nicht verpflichtend, der Verzicht darauf konnte aber zum Entfall der Haftung des Zahlers führen. § 68 Abs 5 ZaDiG 2018 ist mangels Einschränkung im Gesetz auf alle Zahlungsvorgänge anzuwenden ist, die mit einem Zahlungsinstrument iSd ZaDiG 2018 getätigt werden.

Die beanstandete Klausel weicht sohin von zwingendem Recht ab, da sie auch bei Zahlungen ohne starke Kundenauthentifizierung eine Haftung des Zahlers vorsieht, welche sich nicht auf den Fall der betrügerischen Absicht (§ 68 Abs 5 ZaDiG 2018) beschränkt.

Klausel 5: 8.10. "Hat der Karteninhaber leicht fahrlässig gehandelt, so trägt die Erste Bank jedenfalls den EUR 50,00 übersteigenden Betrag des nicht autorisierten Zahlungsvorgangs."

Siehe Klausel 4. Die Klausel ist gleichfalls unzulässig, weil sie die Haftung für leichte Fahrlässigkeit auf solche Fälle ausweitet, bei denen der Zahlungsdienstleister keine starke Kundenauthentifizierung verlangt hat.

Bedingungen für die Nutzung von Internetbanking "George" (Fassung Juli 2018):

Klausel 6: 3. "(…) Bei Verlust der persönlichen Identifikationsmerkmale oder bei Bestehen des Verdachtes, dass eine unbefugte Person von den persönlichen Identifikationsmerkmalen Kenntnis erhalten hat, ist der Kunde verpflichtet, dies dem Kreditinstitut unverzüglich telefonisch via 24h Service - unter + 43 (0) 5 0100 und der Bankleitzahl seines Kreditinstitutes - oder dem Kundenbetreuer mitzuteilen."

Siehe Klausel 3: Auch Klausel 6 ist unwirksam, da sie dem Verbraucher schon bei bloßem Verdacht eine - § 63 Abs 2 ZaDiG 2018 widersprechende - Anzeigepflicht auferlegt.

Klausel 7: 4.1.1.
"Beruhen nicht autorisierte Zahlungsvorgänge auf der missbräuchlichen Verwendung von "George", so wird dem Kontoinhaber, wenn der Kunde in betrügerischer Absicht gehandelt hat oder eine oder mehrere seiner in diesen Bedingungen festgelegten Sorgfaltspflichten vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat, der Betrag (samt Kosten und Zinsen) des nicht autorisierten Zahlungsvorgangs nicht erstattet."

Siehe Klausel 4: Auch Klausel 7 sieht eine Haftung des Zahlungsdienstnutzers bei missbräuchlicher Verwendung von "George" auch in jenen Fällen von betrügerischer Absicht, vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Sorgfaltsverletzungen vor, in denen der Zahlungsdienstleister keine starke Kundenauthentifizierung verlangte (§ 68 Abs 5 ZaDiG 2018)

Klausel 8: 4.1.2. "Hat der Kunde, der Verbraucher ist, nur leicht fahrlässig gehandelt (ist ihm also eine Sorgfaltswidrigkeit unterlaufen, die auch einem durchschnittlich sorgfältigen Kunden unterlaufen kann), so trägt das Kreditinstitut jedenfalls den EUR 50,-- übersteigenden Betrag des nicht autorisierten Zahlungsvorgangs."

Siehe Klausel 4: Ein Verbraucher würde nach dieser Regelung wiederum - entgegen der Regelung des § 68 Abs 5 ZaDiG 2018 - haften, selbst dann, wenn die Beklagte auf eine starke Kundenauthentifizierung verzichtete. Die Klausel ist daher unwirksam.

Klausel 9: 4.2.
"Sonstige Haftung des Kunden bzw. des Kreditinstituts (gilt nicht für Zahlungsdienste)

4.2.1. Sofern der Kunde seine persönlichen Sicherheits- und Identifikationsmerkmale einem Dritten überlässt oder sofern ein unberechtigter Dritter infolge einer Sorgfaltswidrigkeit des Kunden Kenntnis von den persönlichen Sicherheits- und Identifikationsmerkmalen erlangt, trägt der Kunde bis zur Wirksamkeit der Sperre (siehe Punkt 3.) alle Folgen und Nachteile infolge der missbräuchlichen Verwendung. Ab der Wirksamkeit einer Sperre haftet der Kunde nicht mehr."

Der typische, juristisch nicht gebildete Laie wird den Inhalt von bestimmten Rechtsbegriffen gerade nicht verstehen. Es kann vom Kunden daher nicht erwartet werden zu wissen, was als Zahlungsdienst iSd ZaDiG 2018 gilt. Punkt 4.2.1. sieht das HG Wien für transparent an. Da es sich bei Punkt 4.2. und Unterpunkt 4.2.1. der AGB um eine einheitliche Klausel gemäß § 6 KSchG handelt und 4.2. intransparent ist, ist die gesamte Klausel unwirksam. Eine geltungserhaltende Reduktion auf den zulässigen Teil der Klausel ist im Verbandsprozess nicht möglich.

Klausel 10: 4.2.1.
"Erteilung von Aufträgen mittels George (…) Das Kreditinstitut behält sich das Recht vor, mittels Internet bzw. Telekommunikation erteilte Aufträge abzulehnen und den Kunden zur persönlichen Vorsprache und Legitimierung einzuladen."

Etwa beim Wertpapiergeschäft ist es ein wichtiges Anliegen des Kunden, dass die Order sofort mit Aufgabe platziert wird, um zB keine Kursverluste eintreten. Eine sachliche Rechtfertigung der Regelung durch Verbraucherschutzaspekte ist nicht zu sehen, da die Klausel nicht auf eine Missbrauchsvermutung seitens der Bank abstellt, sondern von dieser schlechthin alle (mittels Internet bzw Telekommunikation erteilten) Aufträge abgelehnt werden können. Die Klausel ist gröblich benachteiligend.

Bestimmungen für das s Individual Sparen / Sparbuch (Fassung Jänner 2016):

Klausel 11: 4.4. "Bei Sparkonten, bei welchen ab dem 15.04.2009 eine individuelle Zinssatzvereinbarung zwischen dem Kunden und dem Kreditinstitut getroffen wird, wird sich das Kreditinstitut mit dem Kunden darauf einigen, dass

- der entsprechende Zinssatz nur für die jeweils vereinbarte Dauer von zwölf Monaten gewährt,

- die erste Anpassung des Zinssatzes gemäß der oben angeführten Zinsgleitklausel

a) im Falle, dass die Eröffnung vom 01. - 14. des ersten Monats eines Quartals vorgenommen wird, zum Anpassungstermin im nächsten Quartal (z. B. Vereinbarung am 10.01.2013 → 1. Anpassung am 15.04.2013)

b) im Falle, dass die Eröffnung nach dem 14. des ersten Monats eines Quartals vorgenommen wird, zum Anpassungstermin im übernächsten Quartal (z. B. Vereinbarung am 17.01.2013 → 1. Anpassung am 15.07.2013) erfolgen
und dass nach Ablauf dieser Laufzeit eine Herabsetzung dieses Zinssatzes um 0,5 % erfolgen wird."

Unzulässiges einseitiges Leistungsänderungsrecht (§ 6 Abs 2 Z 3 KSchG) der Beklagten: Die gegenständliche Klausel ist weder geringfügig noch sachlich gerechtfertigt. Von einer Geringfügigkeit kann nicht gesprochen werden, weil 0,5 % höher sind als der Drei-Monats-Euribor im Zeitraum Jänner 2019 bis September 2019 zu irgendeinem Zeitpunkt je war. Die Klausel ist aber auch sachlich nicht gerechtfertigt. Denn selbst wenn die Zinsentwicklung für die Kosten der Beklagten positiv ist, kann eine Leistungsanpassung dennoch vorgenommen werden.

Klausel 12: 6.3. "(…) Vorschusszinsenfreie Behebungen sind in der Zeitspanne von 28 Tagen vor bis 7 Tage nach Ablauf des ein- oder mehrfachen der im Buch eingetragenen Frist für den entsprechenden Betrag jeweils möglich."

Aus der beanstandeten Klausel ist nicht ersichtlich, dass eine Nichtbehebung des frei gewordenen Betrages automatisch zu einer neuen Bindung der Einlage führt. Die Tatsache, dass Vorschusszinsen ab einem bestimmten Zeitpunkt fällig werden, deutet für den typischen Verbraucher nicht darauf hin, dass eine neue Veranlagung mit befristeter Dauer vorgenommen wurde. Auf den Umstand, dass bei "Liegenlassen" des angesparten Betrages eine erneute Veranlagung stattfindet, wird auch sonst in den AGB an keiner Stelle hingewiesen. Die Klausel ist intransparent.

Klausel 13: 6.4. "Das Kreditinstitut behält sich vor, Spareinlagen unter Einhaltung einer zweimonatigen Kündigungsfrist zu kündigen. … Die Verzinsung hört mit dem Ende dieser Kündigungsfrist auf, nicht behobene Beträge können auf Kosten und Gefahr des Kunden bei Gericht hinterlegt werden."

Es entspricht den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, dass ein befristetes Dauerschuldverhältnis nur aus wichtigem Grund gekündigt werden kann. Die Klausel ist gröblich benachteiligend (§ 879 Abs 3 ABGB). Weiters verstößt sie gegen § 864a ABGB und § 6 Abs 1 Z 1 KSchG.

Bedingungen für die Überlassung von Sparbuchschließfächern (Fassung Jänner 2016):

Klausel 14: 2.4. "Darüber hinaus ist der Mieter, der die Miete für das laufende Kalenderjahr bezahlt hat, zur jederzeitigen Auflösung des Mietverhältnisses durch formlose Aufkündigung und Rückgabe des Schließfachschlüssels berechtigt. Eine Rückvergütung anteiliger Mietbeträge findet nicht statt."

Die Klausel ist gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB. Wird sie im kundenfeindlichsten Sinn ausgelegt, so kann ihr Inhalt nur bedeuten, dass auch bei einer Auflösung des Vertrages aus wichtigem Grund der Mietzins nicht anteilig erstattet wird. Dies ist insbesondere in jenen Fällen problematisch, in denen das Verschulden der Beklagten den wichtigen Grund darstellt.

Klausel 15: 3.1. "Der Mietpreis richtet sich nach den im Kassenraum durch Aushang verlautbarten Sätzen."

Unzulässiges Entgeltänderungsrecht gemäß § 6 Abs 1 Z 5 KSchG: Die Klausel nennt weder die Umstände nennt, unter denen die Beklagte das Entgelt erhöhen kann, noch sieht sie eine umstandsbedingte Entgeltsenkung vor.

Zulässige Klauseln
Bedingungen für die Überlassung von Sparbuchschließfächern (Fassung Jänner 2016):

Klausel 16: 1.4. "Vermutet das Kreditinstitut eine missbräuchliche Benützung des Schließfaches, durch welche sich schädigende Einflüsse auf das Schließfach, auf die gesamte Anlage oder auf die Benützbarkeit des Raumes, in dem sich das Fach befindet, ergeben könnten, ist sie berechtigt, den Mieter zur umgehenden Öffnung zwecks Einsichtgewährung aufzufordern oder das Schließfach auf anderem Wege öffnen zu lassen und den Inhalt, der schädigende Einflüsse ausübt oder ausüben könnte, zu entfernen."

Eine gröbliche Benachteiligung iSd § 879 Abs 3 ABGB ist laut HG Wien in der beanstandeten Klausel nicht zu erblicken. Die Klausel kann nicht dahingehend verstanden werden, dass der Beklagten ein uneingeschränktes Öffnungsrecht zukommt. Nur bei einer entsprechend trifftigen Vermutung könnte die Beklagte von diesem Recht Gebrauch machen. Eine "Vermutung" setzt allein nach dem Wortsinn eine gewisse Grundlage voraus, ohne die sie schon rein begrifflich nicht existieren kann.

Klausel 17: 2.7. "Kommt der Mieter oder sein Rechtsnachfolger bei Beendigung des Vertragsverhältnisses einer schriftlichen Aufforderung des Kreditinstitutes zur Rückgabe des Schlüssels und zur Begleichung etwa rückständiger Ansprüche des Kreditinstitutes aus dem Vertragsverhältnis nicht binnen 1 Monat nach, ist das Kreditinstitut berechtigt, ohne Zustimmung des Mieters das Sparbuchschließfach öffnen zu lassen und sich am Inhalt des Sparbuchschließfaches wegen aller Ansprüche aus dem Schließfachvertrag schadlos zu halten. Nicht veräußerte Gegenstände sowie einen verbleibenden Überschuss kann das Kreditinstitut anderweitig gesichert aufbewahren oder zur gerichtlichen Verwahrung übergeben. Das Recht zum gewaltsamen Öffnen des Sparbuchschließfaches auf Kosten des Mieters und auf Befriedigung aus dem Inhalt des Sparbuchschließfaches wird auch nicht dadurch beeinträchtigt, dass etwa infolge Zufalls oder höherer Gewalt der Schlüssel nicht zurückgestellt werden kann."

Gemäß § 1107 ABGB trägt der Bestandnehmer die Preisgefahr für Benutzungshindernisse, die seiner Sphäre zuzuordnen sind. Darunter fällt auch die Beeinträchtigung aus einer neutralen Sphäre, der OGH versteht darunter das "allgemeine Lebensrisiko". Darunter zu subsumieren sind aber auch der Zufall sowie Fälle höherer Gewalt. Eine außergerichtliche Pfandverwertung kommt grundsätzlich auch beim Bestandgeberpfandrecht in Frage. Da die Klausel keine von § 466a ABGB abweichende Vereinbarung über die außergerichtliche Pfandverwertung trifft, ist für die Vorgangsweise der Verwertung § 466a ABGB maßgeblich. Dem Argument des Klägers, dass auch dann, wenn die Aufforderung dem Kunden nicht zugegangen ist, eine Verwertung stattfinden kann, ist nicht zu folgen. Die "Aufforderung" ist als Mahnung gemäß § 1118 ABGB zu verstehen, im Rechtssinn stellt sie eine empfangsbedürftige Willenserklärung dar. Eine gültige Aufforderung (=Mahnung) im Sinne der Klausel liegt daher nur dann vor, wenn sie dem Verbraucher zugegangen ist. Mangels Abweichungen vom dispositiven Recht liegt keine gröbliche Benachteiligung im Sinne des § 879 Abs 3 ABGB vor.

Klausel 18: "Er ist für das jeweilige Kalenderjahr im Voraus bis zum 15.01. zu entrichten; bei Vertragsabschluss innerhalb eines Kalenderjahres bis zum 30.06. ist die volle Jahresmiete, ab dem 01.07. die halbe Jahresmiete zur Zahlung fällig."

Die Frage, ob ein geringer Preis eine Benachteiligung des Verbrauchers rechtfertigen kann, wurde vom OGH differenziert beantwortet. Ein Jahresentgelt von lediglich 16 EUR ist auch dann nicht gröblich benachteiligend, wenn der Vertrag knapp vor Beginn des zweiten Halbjahres geschlossen wird, zumal jede Pauschalierung in Grenzbereichen gewisse "Ungerechtigkeiten" mit sich bringt.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Stand: 20.1.2020).

HG Wien 28.11.2019, 39 Cg 2/19s
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Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien

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