Klausel 1: "Mit Unterfertigung dieses Aufklärungsformulars bestätigen Sie, über nachstehende Punkte ausdrücklich und abschließend informiert worden zu sein: ... Mit Ihnen wurden folgende Unterlagen betreffend der wirtschaftlichen Lage des oben genannten Kreditnehmers durchgegangen sowie nachstehende wirtschaftlich relevanten Umstände erörtert: Gehaltszettel, bestehende Verbindlichkeiten, wiederkehrende Zahlungen (zB: Wohnkosten, Gas, Strom, Kosten für Fahrzeuge, Unterhaltsverpflichtungen, Kreditraten, Leasingraten, Telefon, Lebensmittel, Kleidungs- und Hygieneartikel). Somit ist Ihnen die wirtschaftliche Lage von [KreditnehmerIn] umfassend zur Kenntnis gebracht worden."
Tritt ein Verbraucher einer Verbindlichkeit als Mitschuldner, Bürge oder Garant bei (Interzession), so hat ihn der Gläubiger gemäß § 25c KSchG auf die wirtschaftliche Lage des Schuldners hinzuweisen, wenn er erkennt oder erkennen muss, dass der Schuldner seine Verbindlichkeit voraussichtlich nicht oder nicht vollständig erfüllen wird. Unterlässt der Unternehmer diese Information, so haftet der Interzedent nur dann, wenn er seine Verpflichtung trotz einer solchen Information übernommen hätte. Für die Erfüllung der Aufklärungsobliegenheit des § 25c KSchG ist der Kreditgeber behauptungs- und beweispflichtig.
Gegenständliche Klausel führt als Tatsachenbestätigung im Streitfall dazu, dass der grundsätzlich beweispflichtige Kreditgeber hinsichtlich der Aufklärung ein Beweismittel für sich in Anspruch nehmen kann, das der Verbraucher entkräften müsste. Im Ergebnis erschwert sie daher die Rechtsdurchsetzung des Verbrauchers, indem sie ihn mit einem Beweis belastet, den er sonst nicht erbringen müsste (Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 11 KSchG).
Der Unterlassungsanspruch des § 28 Abs 1 KSchG richtet sich nur gegen gesetzwidrige Vertragsbestimmungen. Eine Vertragsbestimmung liegt nicht vor, wenn der Kunde lediglich bestätigt, die Ware vollständig erhalten zu haben. Es wird zwischen den Parteien nichts geregelt, der Kunde gibt keine Willenserklärung ab, die den Vertrag gestaltet. Durch seine Bestätigung wird lediglich ein Beweismittel geschaffen, das der richterlichen Beweiswürdigung im Individualverfahren unterliegt.
Mit Unterfertigung des gegenständlichen Formblatts bestätigt der Interzedent, über die darin angeführten Punkte ausdrücklich und abschließend informiert worden zu sein.
Damit enthält das Formblatt selbst zwar keine den Vertrag gestaltenden Bedingungen iS "echter" rechtsgeschäftlicher Willenserklärungen, es sieht aber (mit Ausnahme des Namens des jeweiligen Kreditnehmers und der Höhe des jeweiligen Kredits) keine Möglichkeit vor, das individuelle Vertragsverhältnis etwa durch Streichungen oder Ergänzungen oder Ankreuzen verschiedener Punkte zu berücksichtigen. Vor allem bietet das Formular keinen Platz zum Anführen konkreter Informationen zur wirtschaftlichen Lage des Kreditnehmers, über die der Interzedent bereits mündlich aufgeklärt wurde oder über die er auf diesem Weg schriftlich aufgeklärt werden soll. Das Formblatt wird daher beim Verbraucher - anders als die vom OGH zu 1 Ob 46/10m beurteilten "Gesprächsnotizen" - nicht den Eindruck erwecken, die Urkunde solle den Inhalt des Aufklärungsgesprächs dokumentieren. Gerade im Hinblick auf die fehlende Möglichkeit zur Individualisierung und die Tatsache, dass dem Interzedenten damit ganz allgemein eine Erklärung abverlangt wird, mit der er die umfassende Information über die wirtschaftliche Lage des Kreditnehmers bestätigt, wird der Verbraucher diese Erklärung als Ergänzung zu jenem Regelwerk betrachten, mit dem sein Vertragsverhältnis zur Beklagten ausgestaltet wurde. Damit unterliegen die beanstandeten Klauseln aber, auch wenn sie ihrem Wortlaut nach bloße Tatsachenbestätigungen beinhalten, der Klauselkontrolle des § 28 KSchG.
Klausel 2: "Auf Grund der eben dargestellten wirtschaftlichen Lage des Kreditnehmers gewährt die Bank die Finanzierung lediglich unter der Bedingung, dass Sie als Mitschuldner/Bürger und Zahler der Finanzierung beitreten, da die Gefahr besteht, dass die Finanzierung vom oben genannten Kreditnehmer nicht oder nicht vollständig zurückgezahlt werden kann."
Auch diese Klausel verstößt gegen § 6 Abs 1 Z 11 KSchG.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Stand: 16.1.2020).
Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien
OLG Wien 27.12.2019, 4 R 152/18f