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Urteil: Gesetzwidrige Klauseln in Kreditbedingungen

Die Bundesarbeiterkammer führte ein Verbandsverfahren gegen ein Kreditinstitut. Die meisten der Klauseln wurden als unzulässig eingestuft.

Klausel 1: Wir behalten uns das Recht vor, die Auszahlung von noch nicht in Anspruch genommenen Beträgen aus sachlich gerechtfertigten Gründen zu verweigern.

Nach § 14 Abs 2 Satz 2 VKrG hat der Kreditgeber dem Verbraucher unverzüglich mitzuteilen, wenn er beabsichtigt, von seinem Auszahlungsverweigerungsrecht nach Satz 1 leg cit Gebrauch zu machen. Da Klausel 1 jedoch bei kundenfeindlichster Auslegung suggeriert, dass der Kreditgeber jederzeit die Möglichkeit zur Auszahlungsverweigerung habe, und dem Verbraucher damit die wahre Rechtslage verschleiert, ist sie tatsächlich intransparent.

Klausel 2: Wir verrechnen einen fixen Zinssatz pro Zinsenperiode, der wie folgt ermittelt wird, wobei die Berechnung der Zinsen so erfolgt, dass die Zahl der zu verzinsenden Kalendertage durch 360 dividiert wird (ACT/360): [...].

Die Klausel ist zulässig: Die Klausel ist nicht "gröblich" benachteiligend: Der Kunde muss durch die Verwendung der Methode "ACT/360" für fünf Tage pro Jahr mehr Zinsen bezahlen muss als bei anderen Methoden. Der sich daraus ergebende geringfügig höhere Zins (0,0137 % je 1 % Zinsbelastung) liegt aber aufgrund der kaufmännischen (Auf- oder Ab)rundung des Sollzinssatzes auf 1/8, also auf 0,125 % hier unterhalb der Rundungsschwelle. Vgl auch 8 Ob 31/12k: Hier hat der OGH ausdrücklich ausgeführt, dass mit der Anordnung in § 32 Abs 7 BWG, wonach für die Verzinsung der Einzahlungen auf Spareinlagen die 30/360-Berechnungsmethode anzuwenden ist, der Gesetzgeber die Angemessenheit dieser Formel für die Zinsberechnung zum Ausdruck gebracht habe; diese Wertung sei durchaus verallgemeinerungsfähig .

Klausel 3: Die o.a. Marge über dem vereinbarten Indikator können wir Ihnen bis 30. 6. 2015 fix zusagen. Frühestens mit Wirkung ab diesem Termin sind wir berechtigt, Ihnen eine neue allenfalls wieder zeitlich befristete Marge anzubieten. Solange keine neue Marge im Sinne dieser Bestimmungen vereinbart ist, gilt die bis dahin vereinbarte Marge weiter. Eine allenfalls von uns angebotene geänderte Marge gilt mit Ihnen als vereinbart, wenn Sie nicht innerhalb von 4 Wochen ab Erhalt unserer schriftlichen Mitteilung widersprechen. Wir werden Sie auf diese Rechtsfolge Ihres Verhaltens in unserem Schreiben über die neue Marge hinweisen.

Unzulässige Erklärungsfiktionsklausel.

Klausel 5: Zusätzlich fallen gegebenenfalls folgende Mahnspesen an:

- Erinnerung: EUR 21,00

- 1. Mahnung: EUR 37,00

- 2. Mahnung: EUR 49,00.

Der OGH hat erst jüngst zu 9 Ob 31/15x (Klausel 31) eine inhaltsgleiche Klausel wegen Verstoßes gegen § 879 Abs 3 ABGB (§ 1333 Abs 2 ABGB) für unwirksam erklärt.

Klausel 6: Gegebenenfalls verrechnen wir Ihnen Kosten für Vertragsänderungen oder sonstige durch Sie veranlasste Leistungen, welche Sie dem jeweils gültigen Aushang entnehmen können.

Die Klausel räumt dem Unternehmer ein von den Voraussetzungen des § 6 Abs 1 Z 5 KSchG unabhängiges, einseitiges Preisänderungsrecht nach Art einer "dynamischen Verweisung" ein. Im Übrigen widerspricht es dem Transparenzgebot, wenn der Verbraucher gezwungen ist, sich die notwendigen Informationen aus dem Vertrag, der Broschüre und der Homepage "zusammenzusuchen", um an allgemeine Informationen zu kommen.

Klausel 8: Sie beauftragen uns, [...] sämtliche im Zusammenhang mit der Einräumung und Sicherstellung dieser Finanzierung anfallenden Gebühren, Kosten, Provisionen und Spesen, soweit diese nicht in den vereinbarten Pauschalraten enthalten sind, dem Verrechnungskonto Nr. [...] bzw. einem allfällig von Ihnen bekannt gegebenen anderen Verrechnungskonto anzulasten.

Der OGH hat bereits zu 10 Ob 70/07b (Klausel 19) und 9 Ob 26/15m (Klausel 1) vergleichbare Klauseln für unwirksam erklärt.

Klausel 9: Wir werden die oben angeführten Raten zuerst auf den ursprünglichen Kreditteil anrechnen.

Die Klausel wurde von den Vorinstanzen als intransparent erachtet, jedoch wiesen sie das Klagebegehren mangels Wiederholungsgefahr im Hinblick auf das Gesamtverhalten der Beklagten ab: Die Beklagte habe die Streichung der Klausel angekündigt, zugesagt, sich nicht mehr darauf zu berufen, ihre Muttergesellschaft hievon informiert und die technischen Anforderungen umgestellt.

Diese von den Vorinstanzen angeführten "Umstände" reichen aber für den OGH nicht aus, den Wegfall der Wiederholungsgefahr darzulegen. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf die Ausführungen der Beklagten, die Klausel 9 beziehe sich nur auf die bereits im Jahr 2011, also etwa drei Jahre vor Klagseinbringung ausgelaufene Rechtsgeschäftsgebühr. Es erscheint wenig überzeugend, dass das notwendige Update des IT-Systems in dieser langen Zeit tatsächlich nicht hätte durchgeführt werden können.

Klausel 10: Auf dem Konto einlangende Beträge werden zuerst zur Abdeckung von rückständigen/fälligen Beträgen und anschließend der tilgungsplanmäßig fälligen Beträge verwendet.

§§ 1415, 1416 ABGB sind zwar dispositiver Natur, bei kundenfeindlichster Auslegung der Klausel wird aber der Beklagten die Möglichkeit eingeräumt wird, eingehende Zahlungen des Verbrauchers trotz dessen konkreter Widmung auch zum Nachteil des Verbrauchers auf offene Beträge anzurechnen. Voraussetzung ist lediglich, dass der Betrag offen und rückständig ist. Damit ist die Klausel gröblich benachteiligend.

Klausel 11: Eine vorzeitige Rückzahlung dieser Finanzierung ist nur nach Ihrer Kündigung mit 6-monatiger Frist möglich. Sollten wir über Ihr Ersuchen einer vorzeitigen Rückzahlung ohne Einhaltung der Kündigungsfrist zustimmen, werden wir Ihnen eine Vorfälligkeitsentschädigung in der Höhe von 1,00000 % des vorzeitig zurückgezahlten Finanzierungsbetrages verrechnen, wenn der Zeitraum zwischen der vorzeitigen Rückzahlung und dem Zeitpunkt des vereinbarten Ablaufs des Finanzierungsvertrags ein Jahr überschreitet. Beträgt der Zeitraum weniger als ein Jahr, dann verrechnen wir Ihnen 0,5 % des vorzeitig zurückgezahlten Finanzierungsbetrags. Den jeweiligen Betrag lasten wir dem (Verrechnungs-)Konto an.

§ 16 Abs 4 VKrG räumt dem Kreditnehmer ein Wahlrecht dahin einräumt, ob er sofort tilgen und die Entschädigung in Kauf nehmen oder lieber die Kündigungsfrist einhalten möchte. Da die Klausel 11 dieses Wahlrecht verschleiert, ist sie intransparent.

Klausel 12: Soferne in den gesonderten Sicherstellungsverträgen nichts anderes vereinbart wird, werden die nachstehend angeführten beizubringenden Sicherheiten für alle Forderungen aus dieser Finanzierung sowie allen Ihnen von uns bereits eingeräumten oder in Hinkunft gewährten Finanzierungen bestellt: [...].

Klausel 13: Soferne in den gesonderten Sicherstellungsverträgen nichts anderes vereinbart wurde, dienen die uns bereits bestellten Sicherheiten auch zur Sicherstellung dieser Finanzierung.

Der OGH hat bereits zu 4 Ob 221/06p (Klausel 20) eine diesen beiden Klauseln vergleichbare Klausel für unwirksam erklärt.

Ob der erste Satz der Klausel 12 materiell eigenständige Regelungsbereiche enthält, die für sich besehen zulässig sein könnten, wie die Beklagte geltend macht, muss nicht mehr geprüft werden. Im Unterlassungsprozess nach § 28 KSchG kann keine Rücksicht auf eine etwaige teilweise Zulässigkeit der beanstandeten Bedingungen genommen werden. Eine geltungserhaltende Reduktion von an sich unzulässigen Bedingungen kommt im Verbandsprozess daher nicht in Betracht. Der Richter hat nicht die Aufgabe, sich durch geltungserhaltende Reduktion zum "Sachwalter des Verwenders der AGB" zu machen.

Klausel 14a: Im Übrigen gelten für diese Finanzierung die "Rahmenbedingungen für Finanzierungen" sowie unsere "Allgemeinen Geschäftsbedingungen".

Klausel 14b: Im Übrigen gelten für die Ihnen zukünftig zu gewährenden Finanzierungen die "Rahmenbedingungen für Finanzierungen" sowie unsere "Allgemeinen Geschäftsbedingungen".

Vgl 1 Ob 88/14v (Klausel 30): Die darin enthaltenen Überlegung des 1. Senats, wonach ein Pauschalverweis typischerweise dazu führt, dass sich der Kunde aus den AGB erst jene Regelungen heraussuchen muss, die auch für das mit ihm geschlossene Vertragsverhältnis gelten sollen, ist auch hinsichtlich der Klauseln 14a und 14b von Bedeutung. Der Kunde wird nur schwer erkennen können, welche Bestimmungen der AGB nun für ihn tatsächlich gelten und welche nicht. Die Klauseln 14a und 14b sind somit insoweit intransparent.

Hinsichtlich der "Rahmenbedingungen für Finanzierungen" würde dies zwar nicht gelten, enthalten diese doch (bloß den Kreditvertrag ergänzende) Regelungen über Datenschutz, Wechselwidmungserklärungen und Einsichtsrechte der Beklagten in wirtschaftliche Unterlagen des Kreditnehmers; darüber hinaus hat der Kreditnehmer bei seiner ersten Kreditgewährung ein solches separates Formblatt zu unterfertigen, das er im Übrigen auch auf der Homepage der Beklagten abrufen kann. Allerdings ist auch in diesem Zusammenhang darauf zu verweisen, dass im Unterlassungsprozess nach § 28 KSchG keine Rücksicht auf eine etwaige teilweise Zulässigkeit der beanstandeten Bedingungen genommen werden kann (vgl oben bei Klauseln 12 und 13), womit beide Teilklauseln insgesamt unwirksam sind.

Klausel 15: Alle übrigen Bedingungen und Modalitäten bleiben unverändert aufrecht.

Hat der Kunde bereits zuvor mit der Beklagten einen Vertrag abgeschlossen, kann es nicht intransparent sein, wenn die Beklagte zu einem späteren Zeitpunkt festhält, dass die bereits vereinbarten Regelungen weiter aufrecht bleiben.

OGH 27.6.2016, 6 Ob 17/16t

Klagsvertreter: Dr. Walter Reichholf, RA in Wien

Das Urteil im Volltext.

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