Zum Inhalt

Urteil: HG Wien: Ausübung des Rentenwahlrechtes auch nach Ende der Lebensversicherung möglich

Ein Musterprozess des VKI (im Auftrag des BMSK) ergibt: Das Rentenwahlrecht kann in einem angemessenen Zeitraum nach Ende einer Lebensversicherung ausgeübt werden, wenn es für den Zeitpunkt der Ausübung des Wahlrechtes keine Vereinbarung gibt.

Ein Konsument hatte im Jahr 1980 eine Kapitalversicherung mit Rentenwahlrecht abgeschlossen. Im Versicherungsvertrag war festgehalten, dass der Konsument verlangen kann, dass die Versicherung anstelle der Versicherungssumme und der Gewinnanteile nach seiner Wahl eine lebenslängliche Rente zahlt. Ein Zeitpunkt für die Ausübung dieses Wahrechtes war nicht festgelegt.

Die Versicherung informierte den Konsumenten etwa ein halbes Jahr vor Vertragsablauf, dass seine Versicherung am 1.12.2006 ablaufen werde und die Versicherung die vereinbarte Leistung inklusive der Gewinnanteile auszahlen werde. Die Möglichkeit einer Rente wurde nicht erwähnt. Da sich der Konsument nicht meldete, gab es weitere Versuche der Kontaktaufnahme, schließlich wurde bei einem Telefonat Ende November 2006 mit einer Mitarbeiterin der Versicherung ein persönlicher Besprechungstermin für den 12.12.2006 vereinbart. Die Versicherungsmitarbeiterin wies bei diesem Telefonat nicht darauf hin, dass es am 12.12.2006 für die Ausübung des Wahrechtes zu spät wäre. Die Frage des Konsumenten, ob er mit diesem Termin etwaige Fristen versäumen würde, verneinte sie.

Beim Gespräch am 12.12.2006 wurde nur die Möglichkeit einer Einmalzahlung aus dem Altvertrag und die Möglichkeit eines Neuabschlusses einer Rentenversicherung auf Basis der Einmalzahlung mit sofortiger Rentenzahlung besprochen, nicht aber die Ausübung des Rentenwahlrechtes aus dem Altvertrag. Erst bei einem Gespräch im Jänner 2007 wurde der Konsument darauf hingewiesen, dass die Ausübung des Rentenwahlrechtes aus dem Altvetrag nicht mehr möglich sei.

In einem Musterprozess des VKI im Auftrag des BMSK klagte der Konsument in der Folge die Versicherung auf Rechnungslegung und Zahlung einer Rente aus dem Altvertrag.

Das Handeslgericht Wien (HG Wien) geht in seiner Beurteilung des Rentenwahlrechtes davon aus, dass dieses Wahlrecht jedenfalls vor der tatsächlichen Auszahlung auszuüben ist, nicht aber zwingend vor Ablauf des Versicherungsvertrages. Da die Versicherung dem Konsumenten bei mehreren Kontaktaufnahmen vor dem Vertragsende nicht über den Verlust seines Wahlrechtes aufgeklärt hatte, hat die Versicherung die sie treffenden Aufklärungspflichten verletzt. Ein Konsument genießt im Verhältnis zu einem Unternehmer erhöhte Schutzpflichten und hätte rechtzeitig darauf aufmerksam gemacht werden müssen, dass er sein Wahlrecht vor dem 1.12.2006 auszuüben gehabt hätte.

Dem Konsumenten ist daher die Ausübung des Wahlrechtes in einem im Verhältnis zum Zeitpunkt des Ablaufes des Versicherungsvertrages angemessenen Zeitraum zuzugestehen. Eine Ausübung des Wahlrechtes im Jänner 2007 ist jedenfalls als rechtzeitig anzusehen.

Das HG Wien kommt daher in seinem Zwischenurteil zu dem Ergebnis, dass die Versicherung dem Konsumenten gegenüber die Höhe der monatlichen Rente aus dem Altvetrag bekanntzugeben hat.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

HG Wien 26.3.2008, 42 Cg 184/07k
Volltextservice
Klagevertreter: Brauneis Klauser Prändl Rechtsanwälte GmbH, Wien

Lesen Sie mehr:

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

OLG Wien: 48 unzulässige Timesharing-Klauseln

OLG Wien: 48 unzulässige Timesharing-Klauseln

Der VKI hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Das OLG Wien erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung.

OLG Wien: Dauerrabattklausel des Versicherers Allianz unzulässig

OLG Wien: Dauerrabattklausel des Versicherers Allianz unzulässig

Der VKI klagte im Auftrag der Arbeiterkammer Oberösterreich die Allianz Elementar Versicherungs AG wegen deren Dauerrabattklausel und deren Kündigungsklausel. Das OLG Wien gab dem VKI Recht und erklärte die Klauseln für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig. Versicherungsnehmer:innen, die aufgrund der Dauerrabattklausel eine Nachforderung bezahlt haben, können diese nun zurückfordern.

OLG Graz: „Dauerrabatt“-Klausel der Grazer Wechselseitigen unzulässig

OLG Graz: „Dauerrabatt“-Klausel der Grazer Wechselseitigen unzulässig

Der VKI klagte im Auftrag des Sozialministeriums die Grazer Wechselseitige Versicherung AG wegen deren „Dauerrabattklausel“. Das OLG Graz gab dem VKI Recht und erklärte die Klausel – wie auch schon das Erstgericht – für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig. Versicherungsnehmer:innen, die aufgrund der Laufzeitrabattklausel eine Nachforderung bezahlt haben, können diese nun zurückfordern.

VKI: OGH beurteilt Kreditbearbeitungsgebühr der WSK Bank als unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums die WSK Bank wegen unzulässiger Klauseln in ihren Kreditverträgen geklagt. Jetzt liegt die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) vor: Dieser beurteilt diverse Gebühren und Spesenklauseln in den Kreditverträgen als unzulässig, darunter auch die Kreditbearbeitungsgebühr in Höhe von 4 Prozent. Betroffene Kund:innen der WSK Bank haben nach Ansicht des VKI Rückforderungsansprüche.

Timesharing-Anbieter Hapimag – 48 Klauseln unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Die Hapimag ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, die ihren Mitgliedern Ferienwohnungen, Apartments und Hotels zur Verfügung stellt. Der VKI beanstandete 48 Bestimmungen in Geschäftsbedingungen, Reservierungsbestimmungen, Buchungsinformationen und den FAQs des Unternehmens. Das Handelsgericht Wien (HG Wien) erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang