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Urteil: HG Wien beanstandet Überwälzung von Refinanzierungskosten

Eine Klausel zur Überwälzung von erhöhten Refinanzierungskosten in Fremdwährungskreditverträgen verstößt nach dem HG Wien u.a. gegen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG.

Der VKI führte im Auftrag der AK Tirol eine Verbandsklage gegen die VB Kufstein reg. Gen. mbH zur Frage der Zulässigkeit folgender Klausel zur Überwälzung von Refinanzierungserhöhungen:

"Bei Eintritt von Umständen, welche die Kosten für die Bereitstellung, Aufrechterhaltung oder Refinanzierung des Kredites erhöhen sollten, wird der Kreditnehmer entweder die erhöhten Kosten zu den jeweiligen Fälligkeiten bezahlen oder von der Möglichkeit Gebrauch machen, den Kredit unter Einhaltung einer Frist von zumindest fünf Bankarbeitstagen (Einlangen bei der Bank) mit Wirkung zum nächsten Zinsanpassungstermin in EUR zu konvertieren. Dieses Recht steht auch der Bank zu."

Das HG Wien geht davon aus, dass die Klausel gegen die Vorgaben des § 6 Abs 1 Z 5 KSchG verstößt, weil die Klausel nicht zweiseitig formuliert ist, die für eine Entgeltänderung maßgeblichen Umstände nicht ausreichend genau beschrieben sind und zudem auch vom Willen des Unternehmera abhängige Umstände eine Refinanzierungskostenüberwälzung auslösen können.

Zudem verstößt die Klausel auch gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG, im Hinblick auf die drohende Konvertierung auch gegen § 6 Abs 2 Z 3 KSchG und überdies auch gegen § 6 Abs 2 Z 4 KSchG. Schließlich schafft die Klausel für den Kunden eine gröblich benachteiliegende Position im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB.

Eine ähnliche Klausel war bereits vom OLG Graz als gesetzwidrig beurteilt worden (OLG Graz 4.2.2010, 3 R 183/09w - siehe VR-Info 4/2010)

Hinsichtlich folgender Klauseln hatte die VB Kustein bereits außergerichtlich eine Unterlassungserklärung abgegeben:

Die o.a. Marge über dem vereinbarten Indikator können wir Ihnen auf 5 Jahre ab dem Zeitpunkt der Kreditinanspruchnahme fix zusagen. Frühestens mit Wirkung ab diesem Termin sind wir berechtigt, Ihnen eine neue, allenfalls wieder zeitlich befristete Marge anzubieten. Solange keine neue Marge im Sinne dieser Bestimmungen vereinbart ist, gilt die bis dahin vereinbarte Marge weiter. Eine allenfalls von uns angebotene geänderte Marge gilt mit Ihnen als vereinbart, wenn Sie nicht innerhalb von 4 Wochen ab Erhalt unserer schriftlichen Mitteilung widersprechen.

Der Kreditnehmer erklärt sich ausdrücklich dazu bereit, durch Wechselkursschwankungen eingetretene Überhänge durch entsprechende Nachschüsse abzudecken oder der Bank genehme Sicherheiten kurzfristig zu bestellen. Sollte der Kreditnehmer dieser oder anderen Verpflichtungen aus dem Kreditverhältnis nicht nachkommen, ist die Bank berechtigt, den Kredit in EUR zu konvertieren und/oder fälligzustellen.

Der Kreditnehmer erklärt mit seiner Unterschrift, dass er auf die besonderen Risken dieser von ihm selbst verlangten Fremdwährungsfinanzierung, insbesondere das offene Wechselkursrisiko sowohl hinsichtlich seiner Verpflichtung zur Rückzahlung des Kapitals als auch der Zinsen ausdrücklich hingewiesen wurde und er sich selbst laufend über die Entwicklung der Wechselkurse informieren wird, um allenfalls von seiner Konvertierungsmöglichkeit Gebrauch zu machen. Der Kreditnehmer nimmt zur Kenntnis, dass sich bei einer Wertsteigerung der Fremdwährung gegenüber dem Euro ein erhöhtes Rückzahlungserfordernis an Kapital und Zinsen ergibt.

Alle Sicherungsgeber erklären mit ihrer Unterschrift, dass auch sie auf die vorangeführten besonderen Risken der Fremdwährungsfinanzierung ausdrücklich hingewiesen wurden.

Sie erklären ferner, allfälligen Konvertierungen in eine andere Fremdwährung oder Euro - aus welchem Grunde immer diese erfolgen - unter Verzicht auf eine gesonderte Verständigung vorweg zuzustimmen.

Das Urteil ist nicht recktskräftig.

HG Wien 7.9.2010, 22 Cg 11/10a
Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien
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