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Urteil: Inkassokostenklausel intransparent

Der VKI hat im Auftrag des BMSK eine Verbandsklage auf Unterlassung einer Betreibungskostenklausel des Inkassobüros Inforscore Austria GmbH eingebracht und Recht bekommen.

Nun hat auch der OGH folgende Klausel in einem Vertragsformblatt "Ratenansuchen/Stundung"  für gesetzwidrig erklärt:

"Der Zahlungspflichtige ist einverstanden, dass die oben angeführten Gebühren und Kosten ihm in Rechnung gestellt werden, sofern diese zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich sind, berechnet laut Verordnung des BM für wirtschaftliche Angelegenheiten BGBl Nr 141/1996 idgF und verpflichtet sich, diese Inkassokosten, welche ebenfalls mit umseitigen Zinssatz zu verzinsen sind, zu bezahlen."

Wenn ein Schuldner seit mindestens 45 Tagen im Verzug, erhält er von der Beklagten eine Hauptmahnung, die aus einer Forderungsaufstellung, die in Hauptforderung, Verzugszinsen, Mahnauslagen der Auftraggeberin, Bearbeitungskosten und Mahnkosten aufgeschlüsselt ist. Gleichzeitig erhält der Schuldner das Vertragsformblatt "Ratenansuchen/Stundung". Auf der Rückseite dieses Vertragsformblattes findet sich die inkriminierte Klausel. In diesem Formblatt ist die aushaftende Forderung nicht aufgeschlüsselt, sondern es ist nur die Forderung mit einem Gesamtbetrag und in Klammer der Hinweis "zuzüglich Zinsen und Inkassokosten" angeführt.

Der VKI vertrat die Ansicht, die Klausel verstoße gegen § 879 Abs 3 ABGB iVm § 1333 Abs 3 ABGB. Sie sähe eine Schadenersatzverpflichtung unabhängig vom Vorliegen eines Verschuldens vor und orientiere sich nicht am konkreten Schaden des Gläubigers, sondern an abstrakten Sätzen der Inkassobüroverordnung. Es werde die Ausgleichsfunktion des Schadenersatzrechts unterlaufen, indem abstrakte, vom Gesetzgeber lange vor Inkrafttreten des § 1333 Abs 3 ABGB aufgestellten Sätze vereinbart würden. Überdies verstoße die Klausel gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG, weil dem Konsumenten verschleiert werde, nach welchen Grundsätzen und innerhalb welcher Schranken er nach dem Gesetz zum Ersatz von Betreibungskosten verpflichtet werde. Überdies habe sich auch eine Vereinbarung nach Zahlungsverzug im Anwendungsbereich des § 6 Abs 1 Z 15 KSchG am Maßstab des § 1333 Abs 3 ABGB - der die Grundlage für die mögliche Ersatzfähigkeit von Inkassokosten bildet - zu orientieren.

Die Beklagte wendete ein, dass das Formular lediglich in dem Zeitpunkt nach Fälligkeit einer Forderung verwendet werde, in dem der Schuldner bereits schuldhaft in Verzug sei, weshalb die Klausel nur an § 6 Abs 1 Z 15 KSchG zu messen sei, bei dem aber nicht auf ein Verschulden abgestellt werde. Die Inkassogebührenverordnung lege Höchstbeträge fest, der vom Gläubiger zu vergütende Betrag sei ein konkreter, kein abstrakter Schaden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Klausel sei nur nach § 6 Abs 1 Z 15 KSchG zu beurteilen, und ein Verstoß gegen diese Bestimmung liege nicht vor. Intransparenz sei auch nicht gegeben.  Das Berufungsgericht sah hingegen einen Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 15 KSchG, weil die Betreibungskosten in der Vereinbarung nicht gesondert und aufgeschlüsselt ausgewiesen seien. Weiters liege ein Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG vor, weil der Hinweis auf "oben angeführte Gebühren und Kosten" weder für sich noch im Zusammenhalt mit der ebenfalls in der Vereinbarung enthaltenen Klausel, wonach sich der  Schuldner zur Zahlung "weiterer anfallender Mahn- und Inkassokosten" verpflichte, nicht zureichend durchschaubar sei. Auch mit § 1333 Abs 3 ABGB sei die Klausel nicht in Einklang zu bringen, weil sie nicht auf ein Verschulden, auf einen konkreten Schaden des Gläubigers und auf ein angemessenes Verhältnis zur Hauptforderung abstelle.

Der OGH lies die ordentliche Revision der Beklagten zu, weil zur Frage des Verhältnisses von § 6 Abs 1 Z 15 KSchG zu § 6 Abs 3 KSchG Rechtssprechung fehle.

Der OGH sah in der Klausel einen Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG. Mit dem Verbandsprozess solle nicht nur das Verbot von gesetzwidrigen Klauseln erreicht, sondern es sollen auch jene Klauseln beseitigt werden, die dem Verbraucher ein unzutreffendes oder auch nur unklares Bild seiner vertraglichen Position vermittelten. Daraus könne sich konkret eine Pflicht zur Vollständigkeit ergeben, wenn die Auswirkung einer Klausel sonst unklar bliebe.

Der vorliegenden Klausel sei weder die Höhe noch eine Aufschlüsselung der Betreibungsgebühr zu entnehmen, auch ein konkreter Querverweis auf eine andere Passage der Vereinbarung fehle, die dem Verbraucher ein leichtes Auffinden möglich mache, das ihm auch zugemutet werden könne. Ein konkreter Verweis könne im Zusammenhang mit gesonderten Tarifübersichten oder Preislisten ausreichend sein, nicht jedoch bei Betreibungskosten.

Der Hinweis auf die Tarife der Inkassogebührenverordnung sei schon deshalb verfehlt, weil es sich hierbei um Höchstsätze handle, die wegen der Einschränkung auf die Notwendigkeit der Kosten zur zweckentsprechenden Betreibung oder Einbringung gemäß § 6 Abs 1 Z 15 KSchG gerade nicht maßgeblich seien. Zwischen der Inkassogebührenverordnung und dem in der Klausel enthaltenen einschränkenden Hinweis "sofern diese zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich sind" liege ein unaufgeklärt gebliebener Widerspruch, der dem Verbraucher gerade kein klares Bild von der zu übernehmenden Verpflichtung machen könne.

Der Hinweis der Klausel hinsichtlich der Höhe des Betreibungsentgelts auf "oben" bzw "umseitig" für die Zinsen führe ebenfalls zur Intransparenz, weil sich der Betrag "oben" in der vorhergehenden Vereinbarung nicht finde und die in den vorhergehenden Vereinbarungen befindlichen Klauseln ebenfalls gesetzwidrig seien, weswegen mit dem verwendeten Begriff "oben" wiederum nur auf unzulässige Bestimmungen im Klauselwerk verwiesen werde, was die Unzulässigkeit der verweisenden Bestimmung selbst zur Folge habe.

Unbeschadet von § 6 Abs 1 Z 15 KSchG verlange daher schon das Transparenzgebot für eine Betreibungskostenklausel, dass in ihr der zu leistende Betrag entweder selbst genannt werde oder seine Auffindung durch eine unmittelbar zielführende, dem Durchschnittsverbraucher leicht verständliche Verweisung ermöglicht werde.

Eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob auch ein Verstoß gegen andere gesetzliche Bestimmungen vorliege, sei aufgrund der vorliegenden Intransparenz nicht erforderlich.

OGH 05.02.2008, 5 Ob 247/07w
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Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien

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