Warnpflicht des Gläubigers gegenüber Interzedenten gem § 25c KSchG
Gemäß § 25c KSchG hat der Gläubiger den Verbraucher, der einer Verbindlichkeit als Interzedent beitritt, auf die wirtschaftliche Lage des Schuldners hinzuweisen, wenn er erkennt oder erkennen muss, dass der (Haupt-)Schuldner seine Verbindlichkeit voraussichtlich nicht oder nicht vollständig erfüllen wird. Der Gläubiger hat je nach Art und Ausmaß der Verbindlichkeit eine sorgfältige Bonitätsprüfung unter Verwendung der ihm zugänglichen Instrumente vorzunehmen, sich also in jenem Umfang Kenntnis von der wirtschaftlichen Lage des Hauptschuldners zu verschaffen, wie dies ein sorgfältiger Kreditgeber üblicherweise tut. Die Auffassung des Berufungsgericht, wonach die klagende Bank auf die ihr vom Hauptschuldner vorgelegten (objektiv unrichtigen) Unterlagen zur wirtschaftlichen Lage seines Einzelunternehmens vertrauen durfte, also seine wahre finanzielle Situation nicht erkennen konnte, stellt keine vom OGH aufzugreifende Fehlbeurteilung dar. Mangels Erkennbarkeit der Unrichtigkeit der Angaben des Hauptschuldners im Zeitpunkt der Bürgschaftsübernahme war die Klägerin auch nicht gehalten, die Bürgin darüber zu informieren, dass ihr die finanzielle Lage des Hauptschuldners nicht bekannt sei.
Auf die Frage, ob die Klägerin die von der Beklagten vermisste Anfrage an den Kreditschutzverband von 1870 stellen hätte müssen, kommt es hier nicht an, weil nicht feststeht, dass die Klägerin aufgrund einer solchen Anfrage die wahre finanzielle Situation des Hauptschuldners erkennen hätte können.
Wird der Kreditgeber selbst aktiv, um die Einbeziehung der Interzedentin in das Schuldverhältnis zu erreichen, weist dies prima facie darauf hin, dass er die Einbringung der Forderung beim Hauptschuldner als nicht gesichert ansah. Steht aber fest, dass die Klägerin nicht erkannt hat, dass der Hauptschuldner seine Verbindlichkeiten voraussichtlich nicht oder nicht vollständig erfüllen werde, ist der Anschein bereits widerlegt; einen Anschein des "Kennenmüssens" gibt es nicht.
Richterliches Mäßigungsrecht gem § 25d KSchG
Der Richter kann die Verbindlichkeit eines Interzedenten insoweit mäßigen oder auch ganz erlassen, als sie in einem unter Berücksichtigung aller Umstände unbilligen Mißverhältnis zur Leistungsfähigkeit des Interzedenten steht, sofern die Tatsache, daß der Verbraucher bloß Interzedent ist, und die Umstände, die dieses Mißverhältnis begründet oder herbeigeführt haben, bei Begründung der Verbindlichkeit für den Gläubiger erkennbar waren. Das richterliche Mäßigungsrecht gem § 25d KSchG soll den Interzedenten nicht grundsätzlich von beschwerlichen Verpflichtungen entlasten, sondern zielt im Wesentlichen auf extreme Einzelfälle ab. Anwendungsfälle sind etwa ruinöse Haftungen, die den Interzedenten langfristig wirtschaftlich ruinieren oder in erhebliche finanzielle Bedrängnis bringen.
Hier wurde eine Mäßigung abgelehnt: Netto-Pensionseinkommens der Beklagten iHv 29.722 EUR p.a. und der aus dem Titel der Bürgschaft eingeklagten Forderung von 38.437,04 EUR sA.
OGH 21.11.2018, 3 Ob 214/18v