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Urteil: Irreführende Geschäftspraktik der Vitalakademie

ErnährungstrainerIn ist nicht gleich ErnährungsberaterIn

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums die akademie mea vita gmbh (Vitalakademie), die unterschiedliche Ausbildungen etwa im Ernährungs- und Fitnessbereich anbietet, geklagt. Der VKI beanstandete, dass die Vitalakademie bei ihrem Lehrgang "diplomierter Ernährungstrainer" unzureichend über die Kompetenzen eines Ernährungstrainers aufklärte.

Das Landesgericht (LG) Linz gab dem VKI Recht und verurteilte die Vitalakademie wegen irreführender Geschäftspraktik. Daneben erklärte das Gericht auch alle 29 vom VKI eingeklagten AGB-Klauseln, darunter umfassende Haftungsausschlüsse, für gesetzwidrig.

Die Vitalakademie bietet österreichweit im Rahmen von Präsenz- und Fernlehrgänge eine Ausbildung zum Ernährungstrainer an. Die Tätigkeit des Ernährungstrainers ist im Unterschied zu der des Ernährungsberaters nicht gesetzlich geregelt. Der Oberste Gerichtshof hat vor Kurzem klargestellt, dass ein Ernährungstrainer nur allgemeines Wissen weitergeben darf, zB in Rahmen von Vorträgen. Die individuelle Beratung in Ernährungsfragen bzw die persönliche Betreuung ist demgegenüber dem Ernährungsberater vorbehalten, dessen Tätigkeit nur von Ernährungswissenschaftlern und Diätassistenten ausgeübt werden darf.

Mangelhafte Aufklärung in Bildungskatalogen und auf der Webseite

Über die engen Grenzen der Kompetenzen eines Ernährungstrainers hat die Vitalakademie in ihren Bildungskatalogen und auf der Webseite vor Abschluss des Ausbildungsvertrags nur unzureichend aufgeklärt, urteilte nun das LG Linz in dem vom VKI angestrengten Verfahren. Eine ausdrückliche Klarstellung, etwa durch Gegenüberstellung der Tätigkeit eines Ernährungsberaters einerseits und jener eines Ernährungstrainers andererseits, sei nicht erfolgt. Die Vitalakademie habe den Eindruck vermittelt, dass Absolventen des Lehrgangs auch individuelle Arbeiten und Beratungen mit Kunden vornehmen dürften. Dieses Verhalten stellt eine irreführende Geschäftspraktik dar und verstößt daher gegen das Wettbewerbsrecht.


Unzulässige Klauseln


"Es liegt ein reiner Wissensvermittlungsvertrag vor, es sei denn, es wird im angegebenen Lehrinhalt etwas anderes schriftlich zugesagt. Es kommt insbesondere darauf an, dass die vereinbarten und zugesagten Lehrinhalte im Unterricht tatsächlich vermittelt werden. Auch die Bezeichnung des Lehrganges kann jederzeit geändert werden."

"Für das Zustandekommen eines rechtswirksamen Geschäftes mit der "VITALAKADEMIE" bedarf es der Erfüllung aller der folgenden Voraussetzungen: [...] 3.1.5 Unterbleiben einer Rücktrittserklärung gern. Punkt 4 u. 5 dieser AGB bzw. Abgabe eines Rücktrittsverzichts und Zustimmung zur vorzeitiger Vertragserfüllung in Österreich."

"Wird die von der "VITALAKADEMIE" festgelegte Mindestteilnehmeranzahl pro Veranstaltung bis zum Start eines Präsenzlehrganges und/oder eines Präsenzseminars nicht erreicht, so kann die "VITALAKADEMIE" nach ihrer Wahl ohne Angabe von Gründen vom Vertrag zurücktreten oder einen bis zu drei Monate späteren Ersatztermin vorschlagen."

"Die Überweisung des Entgeltes hat so rechtzeitig zu erfolgen, dass das Entgelt auf dem Konto der "VITALAKADEMIE" am Fälligkeitstag gut gebucht ist."

"Kommt es bei Bankeinzügen infolge nichtgedeckter Konten zu einer Rückbuchung eingezogener Entgelte, so hat der Teilnehmer der "VITALAKADEMIE" die ihr vom Bankinstitut in Rechnung gestellten Rückbuchungskosten zzgl. einer Bearbeitungsgebühr von EUR 15,00 zu ersetzen."

"Terminverlust
Gerät der Kunde bei Ratenvereinbarungen oder Teilzahlungen auch nur mit einer Rate in Zahlungsverzug, so wird der gesamte noch aushaftende Betrag sofort zur Zahlung fällig."

"Für Mahnungen werden folgende Mahnkosten in Rechnung gestellt:
Erste Mahnung: EUR 25,00
Zweite Mahnung: EUR 35,00"

"Der Kunde ist verpflichtet, die notwendigen Inkassokosten gem. der Verordnung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten, BGBL 141/1996 in der Fassung BGBL I 118/2002 zu bezahlen. Wird auch ein Rechtsanwalt mit Einbringungsmaßnahmen betraut, so hat der Schuldner die notwendigen Kosten zweckentsprechender außergerichtlicher Betreibungs- oder Einbringungsmaßnahmen, soweit diese in einem angemessenen Verhältnis zur betriebenen Forderung stehen, nach dem Rechtsanwalttarifgesetz und den Honorarkriterien, zu ersetzen."

"Förderungszusagen bzw. Finanzierungszusagen:
Falle der Zusage der Finanzierung einer Förderung der Ausbildung durch Dritte, wie etwa AMS, WAFF, Stiftungen, Banken etc. gilt folgendes: Der Kunde tritt seine diesbezüglichen Ansprüche zur Gänze an die "VITALAKADEMIE" ab, und entbindet die Förderstelle bzw. das finanzierende Unternehmen von jeglicher Verschwiegenheitspflicht, sodass der Vitalakademie das vollständige für die Zahlungserfüllung nötige Auskunfts- und Informationsrecht zukommt.
Darüber hinaus tritt der Kunde seine Zahlungsansprüche gegenüber Dritten zur Gänze zahlungshalber an die akademie mea vita GmbH ab, diese nimmt die Abtretung an, und der Kunde gibt als Zahlstelle das Konto IBAN *** der "VITALAKADEMIE" bekannt.
Der Kunde ist bei sonstigem Schadenersatz verpflichtet die Förderrichtlinien bzw. Finanzierungszusagen einzuhalten."

"Die Geltendmachung eines höheren Verzugsschadens bleibt vorbehalten."

"Die Stornoprämie beträgt nach rechtsverbindlicher Anmeldung bis 30 Tage vor Beginn des Lehrganges und/oder des Seminars 80 Euro; 30 bis 15 Tage vor Beginn des Lehrganges 25 % und ab 14 Tage vor Beginn des Lehrganges 50 % des Entgeltes. Nach Beginn eines Lehrganges erfolgt keinerlei Rückvergütung des Entgeltes."

"Die von der "VITALAKADEMIE" am Veranstaltungsort in den jeweiligen Seminarräumen geltende Hausordnung ist bei sonstigem vorzeitigem Ausschluss im Wiederholungsfalle einzuhalten."

"Die "VITALAKADEMIE" behält sich weiter das Recht vor, Lehrgangsteilnehmer aufgrund ungebührlichen Verhaltens gegenüber anderen Teilnehmern und/oder gegenüber den Dozenten, und/oder während des Unterrichtes und/oder in Social Medias und/oder wegen Verstoßes gegen die Hausordnung oder auch unter Nichtangabe von Gründen vom weiteren Besuch des Lehrganges und/oder Seminars auszuschließen. Lehrgangsteilnehmer, die den Unterricht behindern, können ebenfalls ausgeschlossen werden. Im Falle eines begründeten Ausschlusses hat der Teilnehmer keinen Ersatz auf Rückerstattung des von ihm entrichteten
Entgeltes."

"Die "VITALAKADEMIE" behält sich weiters das Recht vor, Lehrgangsteilnehmer ohne Angabe von Gründen gegen Rückerstattung des bezahlten Entgeltes vom weiteren Besuch des Lehrganges und/oder Seminars auszuschließen. Der Lehrgangsausschluss kann vom Lehrgangsteilnehmer mündlich erklärt werden und wird dann rechtswirksam, wenn er von der Geschäftsleitung der "VITALAKADEMIE" schriftlich bestätigt wird."

"Mit erfolgreicher Absolvierung eines Lehrganges der ''VITALAKADEMIE" wird keine Gewähr für irgendeinen beruflichen oder wirtschaftlichen Erfolg des Kunden übernommen, außer der Vermittlung von Wissen und dessen praktischer Anwendung. Die erlernten Fähigkeiten und Kenntnisse berechtigen weder zur Erlangung einer Gewerbeberechtigung, zur Ausübung eines Heilberufes, zur Psychotherapie oder zur Ausübung medizinischer und
sonstiger Gesundheits- und/oder Sozialberufe. Sie ersetzen nicht die für einzelne Berufe vorgeschriebenen Eignungs-, Zulassungs- und Berufsausübungsvoraussetzungen, sei es auf selbständiger oder auf unselbständiger Basis. Nur dort wo eine Berufsausbildung ausdrücklich unter Angabe der gesetzlichen Bestimmungen und deren Umsetzung zugesagt wird, liegen nach Rechtsauffassung der "VITALAKADEMIE" die Voraussetzungen vor. Letztlich entscheidet darüber aber die Behörde oder der Berufsverband, etc. als zuständige Behörde."

"Eine Haftung für Schäden - ausgenommen für Personenschäden oder wegen Verletzung des Ausbildungsvertrages, welche im direkten oder indirektem Zusammenhang mit der Abhaltung einer Ausbildungsveranstaltung, stehen - soweit es sich nicht um vorsätzlich und/oder grob fahrlässig herbeigeführte Schäden handelt - ist jedenfalls ausgeschlossen. Bloße Vermögensschäden Folgeschäden, Schäden aus Ansprüchen Dritter gegenüber dem Kunden, sowie wegen entgangenem Gewinnes, sind nur bei gröblichster Fahrlässigkeit ersatzfähig."

"Außerdem ist die Hohe des allfälligen Ersatzanspruches mit der Höhe der bestehenden Haftpflichtversicherung beschränkt, wobei festzuhalten ist, dass hier eine angemessene Höhe versichert ist, nämlich mit EUR 1.000.000,00 (Eine Million Euro)."

"Eine Haftung für die erfolgreiche Zuteilung sowie für die Einbringlichkeit einer Förderung oder die Erlangung einer Berufsberechtigung wird zur Gänze ausgeschlossen, zumal die ''VITALAKADEMIE" hier nur auf die Möglichkeiten aufmerksam macht, bzw. darauf hinweist, nicht aber die zuständigen Förderstellen oder die Gewerbebehörde oder eine sonstige Berufsvertretung oder Behörde repräsentiert, oder vertritt. Die diesbezügliche Verantwortung
bzw. ein allfälliges Risiko liegt ausschließlich beim Kunden."

"Die "VITALAKADEMIE" leistet keine Gewähr dafür, dass die Aus- und Fortbildungen für Zwecke des Kunden wirtschaftlich brauchbar sind. Auch dieses Risiko liegt beim Kunden. Die "VITALAKADEMIE" übernimmt auch keinerlei Verantwortung bzw. Haftung für die Inhalte der Aus- und Fortbildungen sowie für die Auswahl der Partnerunternehmen. Ein Anspruch des Kunden darauf, dass die Aus- und Fortbildungen von einem bestimmten Unternehmen ausgeführt werden, besteht nicht."

"Sämtliche Beschränkungen gelten auch für die Vortragenden, das Personal der Vitalakademie, die Standortleitung und die Geschäftsführung sowie sonstige möglicherweise betroffene Personen, wie Lieferanten, Gehilfen oder auch nur faktisch beteiligte Personen."

"Für die formelle oder inhaltliche Richtigkeit der Angaben und die Richtigkeit der Quellen in den Publikationen wird keinesfalls eine Haftung übernommen."

"Im Falle eines begründeten Ausschlusses gem. Punkt 18 dieser AGB wird die Geltendmachung von durch diesen Ausschlussvorgang entstehenden Nachteile im Wege des Schadenersatzes in welcher Form auch immer ausgeschlossen."

"Die "VITALAKADEMIE" behält sich das Recht vor, Präsenzlehrgangs- und Präsenzseminartermine zu berichtigen, den Veranstaltungsort zu ändern sowie abzusagen. Im Falle einer gänzlichen Lehrgangsabsage erhält der Teilnehmer die entrichtete Teilnehmergebühr zur Gänze zurückbezahlt. Die Teilnehmer erhalten von einer
Terminberichtigung-, Verschiebung und/oder Änderung als auch von einer allfälligen Lehrgangsabsage schriftlich oder mündlich Bescheid. Ein Rechtsanspruch auf Durchführung eines gebuchten Lehrganges und/oder eines Seminars besteht nicht, außer dessen Abhaltung wurde schriftlich zugesagt."

"Die "VITALAKADEMIE" behält sich das Recht vor, 23.3 angekündigte Veranstaltungen aufgrund organisatorischer Notwendigkeiten (z. B. Erkrankung der Vortragenden und/oder zahlreicher Teilnehmer) und/oder kaufmännischer Erfordernisse (zu geringe Teilnehmerzahl) abzusagen und/oder einen Ersatztermin zu nennen."

"Änderungen, Verbesserungen bzw. sonstige Anpassungen des Lehrplanes vorzunehmen."

"Ein Nachdruck, Kopieren oder eine sonstige Vervielfältigung und/oder Verbreitung von Lehrgangsunterlagen, insbesondere von Skripten, bedarf der ausdrücklichen Genehmigung der akademie mea vita gmbh. Verstöße gegen den Urheberrechtschutz werden urheberrechtlich verfolgt. Im Rahmen der Veranstaltung überlassene Dokumentationen und Seminarunterlagen und verendete Software sind urheberrechtlich geschützt und dürfen, soweit nicht anderes schriftlich vereinbart ist, nicht, auch nicht auszugsweise, vervielfältigt, nachgedruckt, übersetzt oder an Dritte weitergegeben werden. Dies gilt insbesondere auch für die elektronische Übermittlung."

"Für Streitigkeiten mit Verbrauchern wird die Zuständigkeit jenes Gerichtes vereinbart, an dem der Verbraucher seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Für den Fall, dass der Verbraucher nach Vertragsabschluss seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort verlegt oder sein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht bekannt ist, wird die Zuständigkeit des sachlich in Betracht kommenden Gerichtes It. Anmeldeformular vereinbart."

"Mündliche Nebenabreden gelten nur dann, wenn diese von der "VITALAKADEMIE" auch schriftlich bestätigt werden."

"Ergänzungen zu einem schriftlich zustande gekommenen Vertrag bedürfen der Schriftform. Ebenfalls kann ein Abgehen vom Schriftformerfordernis nur schriftlich erfolgen."

Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Stand: 12.2.2020).

LG Linz 28.11.2019, 4 Cg 102/19s
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Klagsvertreterin: Dr. Annemarie Kosesnik-Wehrle, Rechtsanwältin in Wien

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