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Urteil: Kartenbüro weist Preise falsch aus und verwendet unzulässige AGB

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat - im Auftrag des Sozialministeriums - das Kartenbüro Europera Ticket GmbH wegen unzulässiger AGB und gesetzwidriger Praktiken geklagt. Das Unternehmen äußerte sich zu den Vorwürfen nicht, weshalb das HG Wien antragsgemäß ein Versäumungsurteil erließ. Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Der VKI mahnte die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Unternehmes ab und bemängelte dabei auch das Fehlen wesentlicher Informationen und die Ausgestaltung des Bestellvorgangs auf der Homepage des Unternehmens, über die unter anderem Theater- und Konzertkarten online gekauft werden können. Da das Unternehmen keine fristgerechte Unterlassungserklärung abgab, klagte der VKI. Europera Ticket GmbH zog eine rasche Verfahrensbeendigung einem jahrelangen Rechtsstreit vor und äußerte sich zu den Vorwürfen nicht, weshalb das HG Wien auf Antrag des VKI ein sogenanntes Versäumungsurteil erließ, mit dem es dem VKI zur Gänze Recht gab.

Folgende Klauseln wurden für unzulässig erklärt:

  1. Abweichende Bedingungen des Käufers haben nur Gültigkeit, wenn wir ihnen schriftlich oder firmenmäßig gefertigt zugestimmt haben. Die Gültigkeit mündlicher Erklärungen des Unternehmens darf gegenüber KonsumentInnen nicht ausgeschlossen werden (Verstoß gegen § 10 Abs 3 KSchG).
  2. Schäden, die durch falsche Angaben des Kunden resultieren, hat der Kunde zu ersetzen. VerbraucherInnen haften grundsätzlich nur für schuldhaft verursachte Schäden (Verstoß gegen §§ 864a, 879 Abs 3 ABGB).
  3. Der Kunde nimmt zur Kenntnis, dass sich die jeweiligen Veranstalter in der Regel Besetzungs- und Programmänderungen vorbehalten haben und berechtigen nicht zur Rückgabe der Eintrittskarten. Ein einseitiges Leistungsänderungsrecht des Unternehmens kann nur in engen Grenzen zulässig sein, nämlich dann, wenn die Änderung dem Kunden zumutbar ist, insbesondere weil sie sachlich gerechtfertigt und geringfügig ist; der Umfang der Änderung muss abschätzbar sein (Verstoß gegen § 6 Abs 2 Z 3 und Abs 3 KSchG).
  4. Europera-Ticket.com ist lediglich Vermittler zwischen Veranstalter und Verkäufer und haftet bei Veranstaltungsabsage nicht für die Rückerstattung der Eintrittsgelder. Europera-Ticket.com haftet insbesondere auch nicht für (frustrierte) Aufwendungen, die dem Kunden aus einer allfälligen Absage, Verschiebung, Programm- oder Besetzungs-Änderung entstanden sind, wie insbesondere auch Reise- und Aufenthaltskosten. Wenn das Unternehmen solche Schäden schuldhaft verursacht hat, darf seine Haftung nicht ausgeschlossen werden (Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 9 KSchG, § 879 Abs 3 ABGB).
  5. Falls eine Vorverkaufsgebühr bzw. Versand- oder Bereitstellungsgebühr verrechnet wurde und eine Veranstaltung abgesagt wird, so können diese Gebühren keinesfalls rückerstattet werden, da die Leistung der Vermittlung erbracht wurde. Wenn dem Unternehmen ein Verschulden vorwerfbar ist, darf seine Haftung nicht ausgeschlossen werden und muss auch die Provision zurückerstattet werden (Verstoß gegen §§ 864a,  879 Abs 3 ABGB);  auch weiß ein Verbraucher nicht, ob und in welcher Höhe eine solche Gebühr verrechnet wird, weshalb die Klausel schon aus diesem Gund unzulässig ist (Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG).
  6. Europera-Ticket.com übernimmt jedoch keinerlei Haftung für direkt oder indirekt mit der (gegenstandslos gewordenen) Buchung im Zusammenhang stehende Aufwendungen (z.B. keine Rückerstattung von Reisestornokosten). Wenn diese Schäden auf ein Verschulden des Unternehmens zurückzuführen sind, darf seine Haftung nicht ausgeschlossen werden (Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 9 KSchG, § 879 Abs 3 ABGB).
  7. Die Garantie ist beim Garantiegeber (beim Hersteller/manchmal beim Verkäufer) geltend zu machen und erfolgt nach dessen Bestimmungen. Die Klausel ist intransparent, da unklar bleibt, wer Garantiegeber ist und wie die Garantiebedingungen lauten (Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG).
  8. Routing- und Domaininformationen müssen und dürfen jedoch weitergegeben werden. Um welche konkreten Daten es sich handelt und an wen sie weitergegeben werden sollen, bleibt unklar (Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG).
  9. Der Kunde anerkennt, dass die Verwendung der im Vertrag angeführten Daten über den Kunden für Zwecke unserer Buchhaltung und der Kundenevidenz gespeichert und verarbeitet werden. Die Daten werden zur Erfüllung von gesetzlichen Vorschriften und zur Abwicklung des Zahlungsverkehrs von uns verwendet. Folgende Kundendaten werden vorübergehend gespeichert: Vorname, Nachname, Mail-Adresse, Telefonnummer. Für die Zahlung per Kreditkarte benötigen wir noch folgende Daten: Kreditkartentyp, Kreditkartennummer, Gültigkeitsdatum der Kreditkarte. Auch hier bleiben Umfang und Empfänger der Daten unklar (Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG, § 4 DSG).

Darüber hinaus wurden auch Praktiken des Unternehmens für unzulässig erklärt. Europera Ticket GmbH wurde zur Einhaltung folgender Vorgaben bei Online-Bestellvorgängen verpflichtet:

  1. Informationen zu Firmenbuchnummer und Firmenbuchgericht müssen ständig leicht und unmittelbar zur Verfügung gestellt werden.
  2. Es muss vor Vertragsabschluss in klarer und verständlicher Weise über die wesentlichen Eigenschaften der zu kaufenden Dienstleistung informiert werden.
  3. Es muss vor Vertragsabschluss in klarer und verständlicher Weise über die Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen informiert werden.
  4. Der Bestellbutton muss nach Eingabe der Zahlungsdaten mit einem eindeutigen Hinweis auf die mit dieser Bestellung verbundene Zahlungsverpflichtung versehen sein
  5. Der Verbraucher muss, unmittelbar bevor er seine Vertragserklärung abgibt, klar und in hervorgehobener Weise auf bestimmte Informationen, die in § 4 Abs 1 Z 1, 4, 5, 14 und § 15 FAGG (Fern- und Auswärtsgeschäftegesetz) genannt werden, hingewiesen werde; dazu gehören die wesentlichen Eigenschaften der Ware bzw. Dienstleistung, der Gesamtpreis, die monatliche Belastungshöhe, Vertragslaufzeit, Kündigungsbedingungen und Rücktrittsrecht.
  6. Es muss dargelegt werden, in welcher Höhe allenfalls ein Entgelt für die Vermittlungsleistung eingehoben wird; dazu reicht es nicht, dass nur ein Gesamtpreis angegeben wird.

Die Einhaltung dieser Vorgaben soll einen Schutz der VerbraucherInnen im Online-Handel vor Informationsdefiziten und Überrumpelung gewähren.

Das Urteil ist rechtskräftig.

HG Wien 10.05.2016, 29 Cg 24/16y
Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien

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