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Urteil: Keine unbegrenzte Rettungspflicht für den geschädigten Anleger

Der unbedarfte Anleger muss steuerbegünstigte Anlagen nicht sofort - mit Verlusten verkaufen - wenn die Kurse sinken. Der Anlageberater haftet für die falsche Beratung ohne Einschränkung.

Im vorliegenden Fall hatte ein Anleger im Lichte eines Prospektes der beklagten Emissionsbank Aktien gekauft. Diese hatte er steuerbegünstigt erworben und er hätte im Falle einer Veräußerung der Aktien innerhalb von 10 Jahren mit dem Rückersatz der Steuerbegünstigung rechnen müssen. Die Kaufentscheidung war im Lichte eines Prospektes erfolgt, der von den Gerichten als falsch und unvollständig qualifiziert wurde. Die Emissionsbank hätte aufgrund der ihr zugänglichen Informationen den Prospekt nicht in der vorliegenden Form publizieren dürfen. In der Folge kam es zu Kursschwankungen und letztendlich zu einer "Talfahrt der AG", die letztendlich in der Insolvenz des Unternehmens endete. Der Anleger klagte die Emissionsbank aus dem Titel des Schadenersatzes. Die Bank wandte unter anderem ein, der Kläger sei seiner "Schadensminderungspflicht" nicht nachgekommen. Er sei verpflichtet gewesen den Kursverlauf der Aktien zu verfolgen und hätte die Möglichkeit gehabt, diese nach ständigem Sinken des Kurses zu verkaufen. Damit hätte er den Schaden geringer halten oder ganz verhindern können. Diesem Einwand erteilte der OGH eine klare Absage.

Der OGH bejahte natürlich sehr wohl die Pflicht des Geschädigten, den Schaden möglichst gering zu halten (Rettungsobliegenheit), verneint eine solche Obliegenheit aber im vorliegenden Fall. Dem Kläger als nichtprofessionellem Anleger sei es nicht zumutbar gewesen, das Sinken der Kursentwicklung der Aktie professionell zu analysieren und daraus entsprechende Schlüsse zu ziehen. Es war dem Kläger daher nicht zumutbar, eine Rettungsmöglichkeit durch Veräußerung seiner Beteiligung in Angriff zu nehmen. Dies auch schon deshalb, weil der Kläger die Aktien steuerbegünstigt erworben hatte und im Falle einer Veräußerung innerhalb von 10 Jahren mit dem Rückersatz der Steuerbegünstigung rechnen musste. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass er die Steuerbegünstigung durch Ankauf anderer Wertpapiere hätte erhalten können, zumal mit der Veräußerung seiner Aktien und dem Ankauf anderer Wertpapiere nicht unerhebliche Spesen für ihn verbunden gewesen wären, deren Aufwand ihm angesichts des vorliegenden Sachverhaltes ebenfalls nicht zugemutet werden konnte. Der Kläger hatte damit nicht gegen eine ihn treffende Schadensminderungspflicht verstoßen und es wurde der gesamte verlangte Schadenersatz zugesprochen.

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