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Urteil: Kündigung von Imperial-Gesellschaftsverträgen zu spät?

In zwei Musterprozessen gegen die Imperial KapitalbeteiligungsGmbH & Co KG haben die Gerichte mit Teilurteilen entschieden, dass die außerordentlichen Kündigungen der Konsumenten zu spät erfolgt seien. Die fristlosen Kündigungen hätten sofort nach Erhalt des Schreibens von Imperial, dass die gewinnunabhängige Ausschüttung eines 6%igen Vorwegbezuges künftig wegfallen werde, erklärt werden können und müssen.

LG Linz

Den beiden Konsumenten wurden die Gesellschaftsbeteiligungen von einem Kooperationspartner der Imperialgruppe empfohlen. Ihnen wurde zugesichert, dass die jährlichen Ausschüttungen von 6% jedenfalls vorgenommen werden. Wäre die 100%ige Auszahlung in Frage gestellt worden, hätten beide eine derartige Beteiligung nicht vorgenommen. Es war den Konsumenten nicht bekannt, dass bei dieser Beteiligungsform auch Verluste eintreten könnten. Ihnen wurde vorgegaukelt, die Veranlagung sei so sicher wie ein Bausparvertrag. Imperial erwirtschaftete aber seit dem Jahr 2001 ausschließlich Verluste.

Mitte des Jahres 2009 wandten sich die Konsumenten an den VKI bzw. an das BMASK. Nach diverser Korrespondenz mit Imperial und vorübergehender Stundung der monatlichen Zahlung von Imperial kündigten die Konsumenten im Oktober 2010 ihre Beteiligungen außerordentlich.

Das Erstgericht urteilte zur Frage der außerordentlichen Kündigung:

Auflösungsgründe müssen jedoch grundsätzlich ohne unnötigen Aufschub geltend gemacht werden. Es darf nicht wider Treu und Glauben solange mit der Auflösungsklärung zugewartet werden, dass der Erklärungsempfänger aus diesem Zögern auf einen Verzicht des Kündigenden auf die Geltendmachung der Auflösungsgründe schließen könnte. Unterbleibt die Kündigung über längere Zeit trotz Kenntnis des rechtsbegründenden Sachverhalts, ohne dass die Säumnis erklärende andere Umstände vorlegen bzw. bekannt wären, ist ein schlüssiger Verzicht auf die Geltendmachung dieses Auflösungsgrundes anzunehmen (OLG Linz aaO; RIS Justiz RS 0014427; RS 0063107, RS 0014423).

Im vorliegenden Fall war den Gesellschaftern … ab Erhalt des Schreibens der beklagten Partei (Anm: Imperial) vom 25. Mai 2009 bekannt, dass die gewinnunabhängige Ausschüttung eines 6%igen Vorwegbezuges künftig wegfallen werde. 

Beide Gesellschafter haben danach unmittelbar die klagende Partei kontaktiert. Dennoch nahmen sie erst mit Kündigungsschreiben vom 18. Oktober 2010 die sofortige Beendigung der Beteiligung unter ausdrücklicher und ausschließlicher Bezugnahme auf diesen nunmehr wegfallenden 6%igen Vorwegbezug vor. Der Inhalt dieser gleichlautenden Kündigungsschreiben ist als außerordentliche Kündigung bzw. sofortige Beendigung aus wichtigem Grund anzusehen. Eine solche außerordentliche Kündigung hätte jedoch bereits unmittelbar nach Bekanntgabe des Wegfalls des 6%igen Vorwegbezugs mit Schreiben vom 25. Mai 2009 erklärt werden können und müssen. Nachvollziehbare Umstände, welche eine Säumnis von über 16 Monaten erklären könnten, sind im Beweisverfahren nicht vorgekommen.

… Die erstmals mit Schreiben vom 18. Oktober 2010 vorgenommene außerordentliche Kündigung ist daher zu spät erfolgt (verfristet) und aus diesem Grund unwirksam. Die mit Schreiben vom 18. Oktober 2010 vorgenommene Kündigung ist jedoch als ordentliche Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses aufzufassen."


Laut Urteil ist Imperial schuldig, über das Auseinandersetzungsguthaben Rechnung zu legen. Das damit verbundene Zahlungsbegehren ist einem nach Erfüllung des Rechnungslegungsbegehrens (allenfalls) erforderlichen Endurteil vorzubehalten.


OLG Linz

Die Konsumentin beteiligte sich im Jahr 2006 als atypische stille Gesellschafterin an Imperial, wobei ihr eine gewinnunabhängige 6%ige Verzinsung der einbezahlten Anteile p.a. ausdrücklich garantiert wurde. Sie leistete eine einmalige Einlage und verpflichtete sich in einem Ratenplan zu weiteren regelmäßigen Zahlungen. Die fixe Verzinsung von 6% war wesentliches Element dieses Finanzproduktes und ausschlaggebend für die Konsumentin, die Anteile zu erwerben. Ohne die garantierte 6%ige Verzinsung hätte sie die Beteiligungen jedenfalls nicht erworben, da sie dieses Finanzprodukt als langfristige Veranlagung, sozusagen als ihre private Pensionsvorsorge, veranlagen wollte. 

Imperial teilte im Jahr 2009 der Konsumentin mit Bezug auf das höchstgerichtliche Urteil 2 Ob 225/07p vom 29.05.2008 mit, dass sie die 6%ige Verzinsung der geleisteten Einlage einstellen und Ausschüttungen nur mehr dann vornehmen wird, wenn diese vom Reingewinn der Gesellschaft abgedeckt sind. Es bestehe sohin für Kommanditisten und atypische stille Gesellschafter ein Anspruch auf die Ausschüttung von Vorwegbezügen nur mehr unter dieser Voraussetzung. 

Der Umstand, dass die 6% Zinsen nicht mehr garantiert werden, war für die Konsumentin ausschlaggebend für eine außerordentliche Kündigung. Imperial bestritt die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund und lehnte eine Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens ab. Weiters behauptete Imperial, dass vor Kündigungswirksamkeit die Verpflichtung zur monatlichen Zahlung der Beitrittsbeträge aufrecht bleibe. 

Das Erstgericht urteilte zunächst, dass die außerordentliche Kündigung dann rechtswirksam ist, wenn die garantierte 6%ige Verzinsung ausschlaggebend für die Beteiligung des Konsumenten war. Das Berufungsgericht bestätigte die Rechnungslegungspflicht von Imperial für einen Teil der Gesellschaftsanteile, da unabhängig davon, ob eine ordentliche oder eine außerordentliche Kündigung vorlag, eine ordentliche Kündigung jedenfalls vor Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz wirksam wurde. Das OLG Linz entschied jedoch, dass für den restlichen Teil der Gesellschaftsanteile die außerordentliche Kündigung zu spät erfolgt sei und die Kündigung als eine ordentliche Kündigung mit Einhaltung von Kündigungsfristen zu werten sei, die erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz wirksam wurde:

"Daraus folgt, dass Auflösungsgründe grundsätzlich ohne unnötigen Aufschub geltend gemacht werden müssen (RIS-Justiz RS0014427). Es darf nicht wider Treu und Glauben so lange mit der Auflösungserklärung zuwartet werden, dass der Erklärungsempfänger aus diesem Zögern auf einen Verzicht des Kündigenden auf die Geltendmachung der Auflösungsgründe schließen könnte (RIS-Justiz RS0063107). Unterbleibt über längere Zeit trotz Kenntnis des rechtsbegründenden Sachverhalts die Kündigung, ohne dass die Säumnis erklärende andere Umstände vorlägen bzw bekannt wären, ist ein schlüssiger Verzicht auf die Geltendmachung dieses Auflösungsgrunds anzunehmen" (RIS-Justiz RS0014423).

… Damit konnte aber das mehr als 16 Monate währende Unterbleiben einer außerordentlichen Kündigung der bereits erworbenen Gesellschaftsanteile aus Sicht der Beklagten (Anm: Imperial) nur dahin aufgefasst werden, dass die Konsumentin den Wegfall des gewinnunabhängigen Vorwegbezugs nicht als einen Umstand, der eine Fortsetzung der atypisch stillen Gesellschaft (bis zum Ablauf der Kündigungsfrist) als unzumutbar erscheinen ließe, empfunden und deshalb davon Abstand genommen bzw schlüssig darauf verzichtet habe, diesen Umstand (auch) zum Anlass einer fristlosen Beendigung der Beteiligung zu nehmen. Daraus folgt wiederum, dass die mit der Klage ausgesprochene vorzeitige Auflösung des Gesellschaftsverhältnisses zu spät erfolgt ("verfristet") und aus diesem Grund unwirksam ist."

OLG Linz 19.01.2012, 2 R 103/11x (2. Instanz, nicht rechtskräftig)
LG Linz 24.01.2012, 5 Cg 59/11p (1. Instanz, nicht rechtskräftig)
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Klagevertreter jeweils: Rechtsanwalt Dr. Stephan Briem, Wien

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