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Urteil: Leitungswasserschadenversicherung

Kondenswasser, das aus einer Wasserwärmepumpanlage austritt, ist Leitungswasser, sodass grundsätzlich Deckungspflicht der Leitungswasserschadenversicherung besteht.

Der mit der beklagten Versicherung abgeschlossene Eigenheimversicherung lagen ua die 984 - Allgemeinen Bedingungen für Versicherungen gegen Leitungswasserschäden (AWB) und die Besonderen Bedingungen für die Eigenheimversicherung System Plus Large (EHL) zugrunde, die auszugsweise wie folgt lauten:

Art 1 AWB:
"Versicherte Gefahren und Schäden
(1) Der Versicherer bietet Versicherungsschutz gegen Schäden, die an den versicherten Sachen dadurch entstehen, dass Wasser aus Zu -oder Ableitungsrohren oder angeschlossenen Einrichtungen von Wasserleitungs-, Warmwasserversorgungs- oder Zentralheizungsanlagen sowie aus Etagenheizungen austritt.
Zu ersetzen sind Schäden, die in der Zerstörung oder Beschädigung der versicherten Sachen bestehen, wenn sie auf die unmittelbare Einwirkung von ausgetretenem Leitungswasser beruhen oder die unvermeidliche Folge eines solches Ereignisses sind
."

7. EHL:
"Leitungswasserschadenversicherung
 ...
7.2 Erweiterung des Versicherungsschutzes
(Dichtungsschäden an Rohren, Schäden an angeschlossenen Einrichtungen und Armaturen, Verstopfungsschäden).
In Erweiterung des Art 1 Abs 2 lit a AWB umfasst der Versicherungsschutz auch die Kosten für die Behebung von Dichtungsschäden an Zu- und Ableitungsrohren, nicht jedoch an angeschlossenen Einrichtungen und Armaturen, innerhalb des versicherten Gebäudes.
...
Die Kosten für die Beseitigung von Verstopfung der Ableitungsrohre innerhalb des versicherten Gebäudes sind mitversichert
."

Im Einfamilienhaus der versicherten Klägerin kam es zu einem Wasserschaden im Keller. Die wasserbedingten Schädigungen in Mauerwerk und Boden haben ihre Ursache in einer Verstopfung des Abflusses an der Kondensatwanne der Wärmepumpe und dadurch austretendem Kondenswasser.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Das austretende Kondenswasser stelle kein Leitungswasser im Sinn des Art 1. 1 AWB dar. Gemäß Punkt 7.2 EHL seien bei Verstopfungsschäden nur die Kosten für die Beseitigung dieser Verstopfung der Ableitungsrohre versichert, nicht jedoch Folgeschäden. Somit seien die wasserbedingten Schädigungen des Mauerwerks und des Bodens nicht gedeckt.

Der OGH bejahte den Deckungsanspruch:
Bei der gegenständlichen Luft /Wasserwärmepumpenanlage handelt es sich um eine in Art 1.1 AWB ausdrücklich angeführte angeschlossene Einrichtung.
Fraglich war nun, ob Versicherungsschutz gegen Schäden besteht, die durch den Austritt von Kondenswasser aus einer solchen Einrichtung entstehen. Beim Betrieb der Wärmepumpe bilden sich - konstruktionsbedingt, im Zuge notwendiger Abtauvorgänge - pro Tag mehrere Liter Kondensat. Da der Abfluss der Kondensatwanne verstopft war, konnte das Kondensat nicht - wie vorgesehen - in den Kanal abgeleitet werden. Das sich in einer Wärmepumpenanlage bildende Kondensat, das - der Konstruktion entsprechend - über eine Kondensatwanne und ein Abflussrohr in den Kanal abgeleitet werden soll, wird vom verständigen Versicherungsnehmer als Wasser aus einer angeschlossenen Einrichtung und damit als Leitungswasser im Sinn der Bedingungen angesehen. Im vorliegenden Fall trat es - zweifellos bestimmungswidrig - durch den Rahmen der Wärmepumpe aus und floss durch die Boden /Wandfugen in die Bodenkonstruktion, wodurch diese durchfeuchtet wurde. Für die durch diesen bestimmungswidrigen Austritt entstandenen Schäden besteht demnach bereits Versicherungsschutz nach Art 1.1 AWB. Unter den Versicherungsschutz nach Art 1.1 AWB fallen daher Schäden, die durch den Austritt von Kondensat aus der Wärmepumpenanlage entstehen.

Die dadurch verursachte Durchfeuchtung der Bodenkonstruktion erforderte Trocknungsarbeiten, wofür die Klägerin 4.231,20 EUR aufwendete. Weiters sanierte sie in Eigenleistung die durchfeuchteten Wände und den Boden des Kellers; die hiefür geltend gemachten Beträge von 540 EUR und 200 EUR stehen der Höhe nach außer Streit. Diese Kosten sind von der Beklagten jedenfalls zu ersetzen.

Kosten für die Behebung der Verstopfung im Sinn des Art 7.2. AWB wurden bereits rechtskräftig zugesprochen.

OGH 21.9.2017, 7 Ob 118/17d

Das Urteil im Volltext.

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