Zum Inhalt

Urteil: LG Korneuburg zur Aufklärungspflicht

Eine Klausel, wonach der Interzedent ausreichend über die wirtschaftliche Lage des Hauptschuldners informiert wäre, hindert nicht die Haftungsbefreiung nach § 25c KSchG.

Eine Frau bat einen Bekannten für einen dringend benötigten Kredit im Ausmaß von € 3.633,-- zu bürgen. Der Mann erklärte sich bereit eine mit
€ 3.633,-- begrenzte Bürgschaft zu übernehmen und teilte dies auch der Sachbearbeiterin bei der Bank mit. Er ging davon aus, dass die Frau mit einem Nettoeinkommen von € 842,-- diesen Kredit bedienen könnte. Die Sachbearbeiterin der Bank entgegnete nur, dass eine Kreditvergabe nur laut vorbereitetem Kreditvertrag möglich sei, informierte den Mann aber nicht, dass darin eine Verpflichtung als Solidarschuldner ohne jegliche Haftungsbegrenzung vorgesehen war. Der vorbereitete Kreditvertrag sah eine Kreditsumme von € 13.444,-- vor und sollte größtenteils zur Abdeckung des bei dieser Bank offenen Vorkredites dienen. Eine Aufklärung über die wirtschaftliche Lage der Frau erfolgte nicht. Der Bank war bekannt, dass die Frau eine weitere Zahlungsverpflichtung bei einer anderen Bank im Ausmaß von € 158,-- monatlich hatte. Der Mann unterschrieb ohne den Kreditvertrag durchzulesen. In der Folge zahlte der Mann nach Zahlungsaufforderung
€ 3.633,-- an die Bank. Diese klagte in der Folge den vollen offenen Kreditbetrag ein.

Rechtlich folgerte das LG Korneuburg, dass der Mann nur als Interzedent auftreten wollte. Der Bank war erkennbar, dass die Frau ihre Verbindlichkeiten voraussichtlich nicht vollständig erfüllen werde, da die Bank nur bereit war, einen neuen Kredit zu gewähren, wenn die Frau einen Bürgen aufweisen könnte. Auf Grund des geringfügigen Einkommens und des Faktums, dass drei Viertel des Kredites zur Abdeckung des Vorkredites dienten, war die schlechte wirtschaftliche Lage der Frau evident. Im Kreditvertrag fand sich zwar ein formularmäßige Hinweis, dass der Mann über die wirtschaftlichen Verhältnisse aufgeklärt worden sei. Tatsächlich war eine Aufklärung aber nicht erfolgt. Der Mann wäre zur Übernahme der Verpflichtung im vollen Umfang nicht bereit gewesen, wenn er über das Risiko aufgeklärt worden wäre. Er hatte sich vielmehr nur zu einer Haftung im Ausmaß von € 3.633,-- bereit erklärt. Das Gericht nahm daher an, dass die Verpflichtung des Mannes nur im Ausmaß von
€ 3.633,-- wirksam war, eine darüber hinausgehende Verpflichtung sei wegen Verletzung der Aufklärungspflicht nach § 25c KSchG nicht gegeben.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig

LG Korneuburg 1.9.2003, 16 Cg 85/02g
Volltextservice
KV: Dr. Benedikt Wallner, RA in Wien

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

VKI: OGH beurteilt Kreditbearbeitungsgebühr der WSK Bank als unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums die WSK Bank wegen unzulässiger Klauseln in ihren Kreditverträgen geklagt. Jetzt liegt die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) vor: Dieser beurteilt diverse Gebühren und Spesenklauseln in den Kreditverträgen als unzulässig, darunter auch die Kreditbearbeitungsgebühr in Höhe von 4 Prozent. Betroffene Kund:innen der WSK Bank haben nach Ansicht des VKI Rückforderungsansprüche.

Timesharing-Anbieter Hapimag – 48 Klauseln unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Die Hapimag ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, die ihren Mitgliedern Ferienwohnungen, Apartments und Hotels zur Verfügung stellt. Der VKI beanstandete 48 Bestimmungen in Geschäftsbedingungen, Reservierungsbestimmungen, Buchungsinformationen und den FAQs des Unternehmens. Das Handelsgericht Wien (HG Wien) erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Unzulässige Gebühren der Unicredit

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die UniCredit BAnk Austria AG wegen mehreren Gebühren geklagt. Das OLG Wien hat fast alle der eingeklagten Klauseln für unzulässig erklärt.

Krankengeldversicherung: Geltungskontrolle

Krankengeldversicherung: Geltungskontrolle

Ist eine Leistungsbeschränkung für das Krankentagegeld in den Bedingungen für eine Krankengeldversicherung nicht unter der Überschrift „Leistungsvoraussetzungen“, sondern im Kapitel „Beendigung der Versicherung“ enthalten, ist sie ungewöhnlich und damit unwirksam.

Unzulässiger Deckungsausschluss: Hoheitsverwaltungsklausel

Unzulässiger Deckungsausschluss: Hoheitsverwaltungsklausel

Der VKI hatte die ARAG SE Direktion für Österreich wegen drei Ausschlussklauseln in den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung (ARB 2020) geklagt. Gegenstand des Verfahrens vor dem OGH war nur noch eine Klausel davon, nämlich die sog Hoheitsverwaltungsklausel.

Unzulässiger Stornoabzug bei UNIQA-Lebensversicherung

Unzulässiger Stornoabzug bei UNIQA-Lebensversicherung

Der VKI hatte die UNIQA Österreich Versicherungen AG geklagt. Inhalt der Klage waren 18 Klauseln aus den AVB für Lebensversicherungen. Während der VKI bereits in den Unterinstanzen die Mehrzahl der Klauseln rechtskräftig gewonnen hatte, waren noch drei Klauseln Gegenstand des Verfahrens vor dem OGH. Der OGH bestätigte nun auch die Gesetzwidrigkeit dieser Klauseln.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang