Zum Inhalt

Urteil: LG ZRS Wien: Mag. Steiner haftet als Kreditvermittler wegen fehlerhafter Bonitätsprüfung

Der Vermögensberater Mag. Johannes Steiner haftet als Vermittler eines Privatkredites für den Schaden, den der Kreditgeber auf Grund der fehlerhaften Bonitätsprüfung des Kreditnehmers erleidet.

Eine Mitarbeiterin des Vermögensberaters und Kreditvermittlers Mag.Johannes Steiner hatte einem Konsumenten Anfang 2008 in Folge eines Vortrages ein "Kapitalanlagekonzept" angeboten. Der Konsument könnte einen Zinssatz von 6% lukrieren, wenn er einer anderen Person einen Kredit in Höhe von EUR 10.000,-- gewähre. Der Kreditnehmer sei ein "zuverlässiger und langjähriger Kunde". Die gesamte Kreditsumme sei mit einer Lebensversicherung besichert. Aufgrund dieser Informationen und der Zusicherung, dass es sich um ein sicheres Anlageprodukt handle, unterzeichnete der Konsument einen Kreditvermittlungsauftrag und in der Folge ohne Kennenlernen des Kreditnehmers einen Kreditvertrag über 2 Jahre. 

Im Frühjahr 2008 informierte die Lebensversicherung den Konsumenten, dass der Kreditnehmer für die Polizze von Anfang an keine Prämien bezahlte. Im September 2008 erfuhr er im Büro von Mag. Steiner, dass sich der Kreditnehmer nicht mehr im Inland aufhielt und es notwendig sei mit einem Anwalt gegen den Kreditnehmer vorzugehen. Der Konsument kündigte den Kreditvertrag auf. 

Im Auftrag des BMASK unterstützte der VKI den Konsumenten bei der gerichtlichen Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen den Kreditvermittler Mag. Johannes Steiner.

Bereits das Erstgericht hatte festgehalten, dass Mag. Steiner die ihn als Kreditvermittler treffenden Interessenswahrungspflichten gem § 3 Abs 1 MaklerG verletzt hatte und er für die tätigen Personen nach § 1313a ABGB haftet. Als Sachverständiger iSv § 1299 ABGB ist ein Kreditvermittler nach ständiger Rechtsprechung nur dann nicht zu Nachforschungen verpflichtet, wenn er an der Richtigkeit einer Information nicht zu zweifeln habe. 

Im vorliegenden Fall war aber weder die Lebensversicherung, mit der der Kredit besichert sein sollte, im Zeitpunkt des Abschlusses des Kreditvertrages bereits abschlossen, noch hatte man im Büro von Mag. Steiner eine ausreichende Bonitätsprüfung des Kreditnehmers vorgenommen: Immerhin waren die Angaben am Lohnzettel und der Selbstauskunft des Kreditnehmers offensichtlich falsch. Der Arbeitgeber war nämlich jeweils unterschiedlich geschrieben. Dennoch holte man im Büro von Mag. Steiner beim Kreditschutzverband nur eine Auskunft über den Kreditnehmer ein. Richtigerweise hätte man Nachforschungen hinsichtlich des angegebenen Arbeitgebers des Kreditnehmers anstellen und weitere Auskünfte einholen hätte müssen. Dabei wäre aufgefallen, dass sich der Arbeitgeber des Kreditnehmers bereits seit Ende 2007 in Konkurs befand. 

Das LG ZRS Wien weist in seinem Berufungsurteil den in der Berufung erhobenen Einwand zurück, dass Mag. Steiner für die Kreditvermittlung angeblich keinerlei Provision oder sonstiges Entgelt erhalten habe, sodass er nicht dem angewandten Sorgfaltsmaßstab unterliegen würde. 

Entscheidend für die Anwendbarkeit von § 1300 ABGB ist nach dem LG ZRS Wien nicht die Entgeltlichkeit der Ratserteilung sondern der Umstand, dass der Rat nicht aus reiner Gefälligkeit erteilt wurde. Durch die Annahme des Kreditvermittlungsauftrages hat Mag. Steiner eine Sachverständigentätigkeit iSd § 1299 ABGB und damit Sorgfaltspflichten übernommen. Er hat die sich daraus ergebenden Aufklärungspflichten schuldhaft verletzt, die kausal für den entstandenen Schaden des Konsumenten waren. Er haftet daher für den eingetreten Schaden in Höhe von EUR 10.000,--. 

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

LG ZRS Wien 20.12.2011, 35 R 371/11k
(BG Innere Stadt 11.8.2011, 22C 1844/09f)

Volltextservice
Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien
  

Lesen Sie mehr:

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

VKI: OGH beurteilt Kreditbearbeitungsgebühr der WSK Bank als unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums die WSK Bank wegen unzulässiger Klauseln in ihren Kreditverträgen geklagt. Jetzt liegt die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) vor: Dieser beurteilt diverse Gebühren und Spesenklauseln in den Kreditverträgen als unzulässig, darunter auch die Kreditbearbeitungsgebühr in Höhe von 4 Prozent. Betroffene Kund:innen der WSK Bank haben nach Ansicht des VKI Rückforderungsansprüche.

Timesharing-Anbieter Hapimag – 48 Klauseln unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Die Hapimag ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, die ihren Mitgliedern Ferienwohnungen, Apartments und Hotels zur Verfügung stellt. Der VKI beanstandete 48 Bestimmungen in Geschäftsbedingungen, Reservierungsbestimmungen, Buchungsinformationen und den FAQs des Unternehmens. Das Handelsgericht Wien (HG Wien) erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Unzulässige Gebühren der Unicredit

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die UniCredit BAnk Austria AG wegen mehreren Gebühren geklagt. Das OLG Wien hat fast alle der eingeklagten Klauseln für unzulässig erklärt.

Krankengeldversicherung: Geltungskontrolle

Krankengeldversicherung: Geltungskontrolle

Ist eine Leistungsbeschränkung für das Krankentagegeld in den Bedingungen für eine Krankengeldversicherung nicht unter der Überschrift „Leistungsvoraussetzungen“, sondern im Kapitel „Beendigung der Versicherung“ enthalten, ist sie ungewöhnlich und damit unwirksam.

Unzulässiger Deckungsausschluss: Hoheitsverwaltungsklausel

Unzulässiger Deckungsausschluss: Hoheitsverwaltungsklausel

Der VKI hatte die ARAG SE Direktion für Österreich wegen drei Ausschlussklauseln in den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung (ARB 2020) geklagt. Gegenstand des Verfahrens vor dem OGH war nur noch eine Klausel davon, nämlich die sog Hoheitsverwaltungsklausel.

Unzulässiger Stornoabzug bei UNIQA-Lebensversicherung

Unzulässiger Stornoabzug bei UNIQA-Lebensversicherung

Der VKI hatte die UNIQA Österreich Versicherungen AG geklagt. Inhalt der Klage waren 18 Klauseln aus den AVB für Lebensversicherungen. Während der VKI bereits in den Unterinstanzen die Mehrzahl der Klauseln rechtskräftig gewonnen hatte, waren noch drei Klauseln Gegenstand des Verfahrens vor dem OGH. Der OGH bestätigte nun auch die Gesetzwidrigkeit dieser Klauseln.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang