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Urteil: LGZ Wien: Bank haftet für Fehlberatung bei Fremdwährungskredit

Die finanzierende Bank haftet für den Schaden aus einer Fehlberatung zu einem Fremdwährungskredit, wenn sie einem unbedarften Konsumenten nicht über die die massiven Risken aufklärt.

Ein in Finanzierungsgeschäften vollkommen unerfahrener Konsument wollte im Sommer 1998 einen bestehenden Kredit von ATS 318.000,-- auf ATS 680.000,-- (€ 49.417,53) aufstocken. Er benötigte das Geld für die Renovierung seines Gartenhauses. Ein Arbeitskollege empfahl ihm einen Fremdwährungskredit in Yen mit einem günstigen Zinssatz aufzunehmen und vermittelte dazu eine Lebensversicherung. 

Der empfohlene Fremdwährungskredit belief sich allerdings auf einen weitaus höheren Betrag, nämlich ATS 1.420.000,-- (€ 103.195,42). Die Differenz zwischen dem eigentlich benötigten Betrag und dem tatsächlichen Kredit sollte als Einmalerlag in die Lebensversicherung einbezahlt werden. Diese sollte einen prognostizierten Ertrag von ATS 2.040.000,-- (€ 148.252,58) erarbeiten und nicht nur den Kredit abdecken sondern auch einen Gewinn bringen. Die Lebensversicherung - eine VJV "HiTecLife" in US Dollar - sah als Garantieleistung einen Betrag von US$ 65.907,-- vor. Die Versicherungsprämie wurde in sechs US Technologieaktien investiert. Das Versicherungsende war erst 4 Monate nach Kreditbeginn vereinbart. 

Dem Mitarbeiter der Bank waren die Einkommensverhältnisse des Kunden, das Zustandekommen der Kreditsumme und die in Aussicht genommene Hebenfinanzierung im Detail bekannt. Zwischen dem Vermittler-Team und der Bank gab es auch in anderen Fällen Zusammenarbeit. Die Bank zahlte an den Vermittler des Kredites auch 21.300 ATS (= 1.547,93 Euro) Provision.

Dem Konsumenten war grundsätzlich klar, dass er einen Fremdwährungskredit aufnahm, der wesentlich höher war als sein Bedarf, um damit den Tilgungsträger zu finanzieren. Er ging allerdings davon aus, dass der Kredit mit dem zu erwartenden Ertrag aus dem Tilgungsträger nach 10 Jahren zurückgezahlt werden würde und ihm sogar noch ein kleiner Überschuß verbleiben würde. 

Beim gegenständlichen Modell handelt es sich um eine Hebelfinanzierung. Bei einer Hebelfinanzierung handelt es sich um eine Kombination zwischen einem endfälligen Fremdwährungskredit und einem Tilgungsträger. Aus der erwarteten Wertsteigerung des Tilgungsträgers soll der aushaftende Kreditbetrag getilgt werden. Im konkreten Fall waren damit v.a. folgende Risken verbunden: Zinsänderungsrisiko, Wechselkursrisiko aus dem Fremdwährungskredit, Aktienmarktrisiko im Tilgungsträger, Wechselkursrisiko beim Tilgungsträger, Risiko aus der unterschiedlichen Laufzeit von Kredit und Tilgungsträger. 

Der Tilgungsträger hätte nur dann ausgereicht, wenn eine durchschnittliche jährliche Rentite von 12,67 % eingetreten wäre. Es bestand daher ein hohes Risiko, dass dieses Ziel nicht erreicht werden würde. Bei einer durchschnittlichen Entwicklung des Tilgungsträgers hätte sich bereits ein Fehlbetrag von 38 % des Kreditbetrages ergeben. 

Der Sachbearbeiter der Bank informierte den Kunden nur über das Währungsrisiko beim Fremdwährungskredit. Er verlor aber kein Wort der Warnung, dass sich bei einem Kredit in Yen und einem Tilgungsträger in Dollar das Währungsrisiko geradezu kumuliert. Er zeigte auch nicht auf, dass der Kredit 4 Monate vor Auslaufen des Tilgungsträgers zur Rückzahlung fällig gewesen wäre und dass ein hohes Risiko bestand, dass der Tilgungsträger den Kredit nicht abdeckt. Er vermittelte vielmehr den Eindruck, dass es zwar Währungsschwankungen geben könne, dass aber ein ausreichender Puffer beim Tilgungsträger bestehe um dies ohne größere Probleme auszugleichen. 

Bei richtiger Aufklärung hätte der Konsument seinen bestehenden Kredit bei seiner Hausbank in ATS aufgestockt. 

Schließlich realisierte sich bei Fälligkeit der Kreditrückzahlung Ende 2008 zum einen das Währungsrisiko; es waren rund 137.000 Euro rückzuzahlen. Auch der Tilgungsträger erbrachte nur den garantierten Wert im Ausmaß von knapp € 50.000,--, also etwa einem Viertel des prognostizierten Wertes. Der VKI errechnete, wie viel der Kunde im Fall der Aufnahme eines Abstattungskredites über die ursprünglich eigentlich benötigte Summe zu zahlen gehabt hätte. Der Konsument zahlte daraufhin noch einen Restbetrag von rund 34.500 Euro. Die Bank klagte ihn und die als Bürgin mithaftende Ehegattin auf Zahlung von rund 54.000 Euro. Der Kunde wendete - unterstützt vom VKI - Schadenersatzansprüche in Höhe der Klagsforderung ein.

Das LGZ Wien geht davon aus, dass der Bankmitarbeiter den völlig unbedarften Kunden vor diesem Geschäft hätte warnen müssen. Zwar unterliege die Bank mit der Kreditgewährung nicht den Regeln des Wertpapieraufsichtsgesetzes und wäre auch nicht als Vermittler der Versicherung zuanzusehen, es bestehen aber nach allgemeinem Zivilrecht vorvertragliche Schutzpflichten, die die Bank verletzt habe. 

Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Bank die Gestaltung bekannt war und der Tilgungsträger als Sicherheit diente. Das kumulierende Risiko des Modells musste der Bank bekannt sein, ebenso, dass sich für den Konsumenten bei Realisierung der Risken Schwierigkeiten bei der Abdeckung ergeben würden. 

Der Konsument ist daher so zu stellen, wie wenn er nur einen ATS Kredit über ATS 680.000,-- aufgenommen hätte. Unter Berücksichtigung der vom VKI berechneten Restzahlung wurde der hypothetische Kredit von AST 680.000,-- vollständig getilgt. Der Anspruch auf Schadenersatz in Höhe der Klagsforderung besteht daher zu Recht. Die Klage der Bank war daher abzuweisen. 

Das Urteil ist rechtskräftig. 

LGZ Wien 11.10.2011, 24 Cg 69/09g
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Beklagtenvertreter: Dr. Benedikt Wallner

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