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Urteil: Mithaftung über 12 Mio - sittenwidrig

Eine Ehegattin hatte - völlig vermögenslos und ohne wesentliches Einkommen - auf Betreiben ihres Ehegatten die Mithaftung für einen Betriebsmittel-Kredit übernommen. Der OGH sah diese Mithaftung als sittenwidrig an.

Die beklagte Verbraucherin hatte - auf Betreiben ihres ehemaligen Ehegatten - für zwei Betriebsmittelkredite in der Gesamthöhe von fast 12 Mio. Schilling gebürgt. Sie war nie an der Geschäftsführung der Unternehmen beteiligt, im Haushalt tätig und geschäftlich vollkommen unerfahren. Sie war vom Ehegatten wirtschaftlich vollkommen abhängig und verfügte über keinerlei persönliches Einkommen, keinerlei Ersparnisse und kein Vermögen. Sie erhielt wöchentlich 3.500 Schilling zur Führung des Haushaltes. Der Ehegatte stellte die Kredite als für den Weiterbestand der Firma notwendig dar; die Bank klärte die Verbraucherin nie über ihre Risken auf.

Die Firmen gingen in Konkurs und die Bank stellte die Kredite fällig. Schließlich klagte sie die Verbraucherin, die nunmehr mit einer Sozialhilfe von rund 7.500 Schilling ihr Auskommen fristet - auf Zahlung von fast 12 Mio. Schilling.

Die Verbraucherin - vertreten von Dr. Benedikt Wallner - wandte die Sittenwidrigkeit der Mithaftung ein und hatte - durch alle drei Instanzen - Erfolg.

Der OGH verwies auf seine Leitentscheidung OGH 27.3.1995, 1 Ob 544/95 (KRES 3/86b), womit der OGH die Wertung der deutschen Rechtsprechung auch für Österreich übernommen hatte. Das Sittenwidrigkeitsurteil setzt voraus:

a) eine inhaltliche Missbilligung des Interzessionsvertrages des Interzedenten

b) eine Missbilligung der Umstände seines Zustandekommens infolge verdünnter Entscheidungsfreiheit des Interzedenten

c) die Kenntnis bzw. fahrlässige Unkenntnis dieser Faktoren durch den Kreditgeber.

Alle diese Faktoren waren gegeben, das Urteil des Berufungsgerichtes daher richtig und die Revision wurde zurückgewiesen.

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