Die Modellagentur hatte eine Konsumentin auf Zahlung von 590 Euro geklagt, weil diese mit ihr einen Modellausbildungsvertrag für ihren Sohn abgeschlossen hatte.
Die Konsumentin war auf ein Zeitungsinserat der Agentur, in dem Kinder für einen Milchwerbespot gesucht wurden, in deren Geschäftsräume gekommen. Im Zuge der telefonischen Terminvereinbarung war nicht von Kosten die Rede gewesen, die Konsumentin konnte davon ausgehen, dass es sich um einen Castingtermin handeln würde.
Tatsächlich ging es aber nicht um den Milchwerbespot, sondern darum, die Agentur zu beauftragen, Fotos und Sed-Karten des Kindes anzufertigen und dessen Foto auf einem Poster abzudrucken, das (angeblich) in der Folge an die Kunden der Agentur geschickt würde. Dabei wurde der Konsumentin die Wahrscheinlichkeit einer späteren Vermittlung als sehr wahrscheinlich dargestellt.
Der VKI argumentiert in einer Vielzahl von ähnlichen Fällen mit einem Rücktrittsrecht des Verbrauchers in Analogie zu § 3 Abs 2 KSchG - die Konsumenten werden quasi durch die Inserate in die Räumlichkeiten des Unternehmens gelockt und dann mit der Möglichkeit eines Vertragsabschlusses, konfrontiert. Das entspricht der Wertung des § 3 Abs 2 KSchG, wo der Unternehmer Verbraucher auf der Straße anspricht und in seine Räumlichkeiten lockt.
Das BG St.Pölten sieht das ähnlich:
Das Rücktrittsrecht des § 3 Abs 2 KSchG bezwecke den Schutz des Verbrauchers vor Überrumpelung beim Vertragsabschluß im Rahmen eines Haustürgeschäftes. Auslegungsprobleme bei konkreten Sachverhalten seien im Lichte des Gesetzeszweckes zu lösen - der Verbraucher soll eine ausreichende Überlegungsfrist haben und keiner Zwangssituation ausgesetzt sein.
Ein anonymes Inserat in Verbindung mit der telefonischen Terminvergabe ohne Aufklärung über die wahre Vertragsabschlussabsicht sowie der fehlende Hinweis auf Entgeltpflicht falle daher unter § 3 Abs 2 KSchG.
Die Situation im vorliegenden Fall sei durchaus vergleichbar mit einer Werbefahrt oder dem Ansprechen auf der Straße, das gezielte Verschweigen der wahren Absicht bis zum Zeitpunkt, in dem die Verbraucher vor dem Unternehmer sitzen, und dann mit dessen wirklichen Absichten konfrontiert werden wie hier, ist nach Meinung des Gerichtes wertungsmäßig sogar noch schwerer wiegend als die in § 3 Abs 2 KSchG bezeichneten Fälle zu sehen. Es unterstellte daher den vorliegenden Fall unter Anwendung eines Größenschlusses (wenn schon Ansprechen auf der Straße zum Rücktritt berechtigt, dann erst recht das Ködern via Telefon unter Vorspiegelung falscher Tatsachen) dem § 3 KSchG.
Zwar wird Werbung grundsätzlich nicht als Anbahnung eines Geschäftes durch den Unternehmer gesehen, jedoch kann auch nicht von einer Anbahnung durch den Verbraucher die Rede sein, wenn dieser auf ein Inserat reagiert, das jedoch nicht das tatsächlich beabsichtigte Geschäft zum Ausdruck brachte. Der Ausschlussgrund des § 3 Abs 3 KSchG (kein Rücktrittsrecht, wenn das Geschäft vom Verbraucher angebahnt wurde) liegt daher nicht vor.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.