Werden in einer Werbung für Kreditverträge Zinssätze oder sonstige, auf die Kosten eines Kredits für den Verbraucher bezogene Zahlen genannt, muss die Werbung klar, prägnant und auffallend anhand eines repräsentativen Beispiels gewisse Standardinformationen (Sollzinssatz, effektiven Jahreszinssatz, Gesamtkreditbetrag, ggf Laufzeit, ggf Gesamtbetrag und Betrag der Teilzahlungen) enthalten (§ 5 Abs 1 VKrG). Im vorliegenden Fall wurden die Anforderungen des § 5 Abs 1 VKrG an eine auffallende Veröffentlichung der Standardinformationen durch die Internetwerbung der beklagten Parteien nicht erfüllt.
"Auffallend" bedeutet als formale Anforderung eine Platzierung an hervorgehobener, leicht bemerkbarer Stelle. Was die Auffälligkeit dieser Angaben betrifft, so muss es nach dem Zweck der Vorschrift zumindest bei optisch wahrnehmbaren Werbemaßnahmen darauf ankommen, dass die Information dem Verbraucher ins Auge fällt. Gleich ob es sich um ein Printmedium oder eine Internetseite handelt, müssen alle Zahlenangaben in derselben Art und Weise dargestellt werden.
Im konkreten Fall rücken im Vergleich zur Monatsrate die anderen Informationen relativ dazu in der Fußnote stark in den Hintergrund. Insgesamt ist unter anderem auf die Schriftgröße, das Schriftbild und den Kontrast zwischen Buchstaben und Hintergrund abzustellen. Die sich auf der Website der Beklagten in der Fußnote befindenden Angaben weichen dabei jeweils sowohl in ihrer Schriftgröße, in ihrem Schriftbild, als auch im Kontrast zwischen Buchstaben und Hintergrund im Vergleich zu den vorangestellten, offensichtlich betonten Informationen hinsichtlich Wunschbetrag, Laufzeit und monatliche Rate ab.
Das Gesetz selbst gibt keine näheren Angaben vor, wann ein Beispiel als repräsentativ anzusehen ist. Rein wörtlich ist wohl von einem Beispiel auszugehen, dass einen erheblichen Teil der abgeschlossenen Kreditverträge widerspiegelt. Eine (richtlinienkonforme) Auslegung ist notwendig: Nach ErwGr 19 der Verbraucherkredit-RL 20008/48/EG sollte bei der Auswahl des Beispiels die Häufigkeit des Abschlusses bestimmter Kreditverträge auf einem speziellen Markt berücksichtigt werden. Ob ein Beispiel als repräsentativ angesehen werden kann, muss im Einzelfall beurteilt werden. Um diese Beurteilung allerdings vornehmen zu können, ist eine nachvollziehbare Prognose des Kreditgebers zum Zeitpunkt der Durchführung der Werbemaßnahme erforderlich. Die Prüfung, ob ein Beispiel repräsentativ ist, kann mitunter recht komplex sein und erfordert Einblick in Hintergrundinformationen des kreditgebenden Unternehmens.
Grundsätzlich hat jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Tatsachen zu beweisen. Die allgemeinen Beweislastregeln finden jedoch eine Einschränkung dort, wo eine Beweisführung von der an sich dazu verpflichteten Partei billigerweise nicht erwartet werden kann, weil es sich um Umstände handelt, die allein in der Sphäre der Gegenseite liegen und daher nur ihr bekannt und damit auch nur durch sie beweisbar sind.
Wie viel Prozent der abgeschlossenen Kreditverträge zum beworbenen und wie viele zu einem darüber liegenden Zinssatz nun tatsächlich erfolgten, ist für den Kläger nicht beweisbar. Dahingehende Informationen zur Verfügung zu stellen und somit eine inhaltliche Auseinandersetzung zu ermöglichen, kann lediglich die Beklagte. Das Gericht nimmt hier daher eine Beweislastumkehr an. Wie viele Kredite die Beklagte aufgrund ihres Online-Angebotes anhand der gegenständlich strittigen Werbung tatsächlich mit einem Sollzinssatz von 2,99 % abgeschlossen hat, konnte nicht festgestellt werden. Auch interne Vorabrechnungen, Prognosen o.ä. wurden weder vorgebracht noch vorgelegt, obwohl der Kläger diese Art von Beweislastumkehr ausdrücklich geltend gemacht hat. Die Beklagte schaffte es in diesem Zusammenhang daher nicht zu beweisen, dass tatsächlich ein erheblicher Teil der aufgrund ihres Online-Auftritts abgeschlossenen Verträge zu den dort angebotenen Konditionen erfolgte. Daher ist davon auszugehen, dass kein überwiegender Teil der Vertragsabschlüsse zu dem online beworbenen Niedrigzinssatz erfolgt.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Stand: 5.8.2019).
HG Wien 30.07.2019, 43 Cg 53/18v
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Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien