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Urteil: OGH beurteilt Klauseln der Paylife-Geschenkkarte als gesetzwidrig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) führte im Auftrag des Sozialministeriums eine Verbandsklage gegen die Paylife Bank GmbH bezüglich AGB für eine Wertkarte/Geschenkkarte. Der OGH hat nun 7 beanstandete Klauseln für gesetzwidrig erklärt.

Die Paylife Bank GmbH gibt eine Geschenkkarte/Wertkarte aus, deren AGB vom VKI überprüft und in der Folge abgemahnt wurden. Insbesondere verstoßen die AGB teilweise gegen das E-Geld Gesetz sowie das Zahlungsdienstegesetz. Bei der Geschenkkarte/Wertkarte handelt es sich um eine anonyme Prepaid-Kreditkarte, welche einmal mit einem Guthaben aufgeladen werden kann.

Da sich die Bank weigerte, die rechtswidrigen Klauseln zu unterlassen, brachte der VKI im Auftrag des Sozialministeriums Klage ein. Der OGH gab dem VKI mehrheitlich Recht.

Klausel 1:
Die Wertkarte wird anonym benutzt, sodass ein Nachweis der Autorisierung einzelner Zahlungsvorgänge PayLife nicht möglich ist. Es gilt daher als vereinbart, dass § 34 Abs 2 (Nachweis der Autorisierung) sowie § 44 Abs 1 und 2 (Haftung für nicht autorisierte Zahlungsvorgänge) des Zahlungsdienstegesetzes (kurz ZaDiG) nicht angewendet werden. PayLife haftet daher nicht für den Verlust, den Diebstahl, die missbräuchliche Verwendung oder sonstiger nicht von dem Karteninhaber autorisierter Nutzung der Wertkarte oder der Kartendaten.

iVm: Wertkarte (auch Geschenkkarte): Eine von Paylife herausgegebene Zahlungskarte, mit der Zahlungen nur bis zu der Höhe vorgenommen werden können, bis zu der sie vorher geladen wurde (§ 8). Zahlungen können mit Vorlage der Wertkarte und Leistung einer Unterschrift des Karteninhabers vorgenommen werden.

Und iVm: Der Karteninhaber ist berechtigt an Zahlungseinrichtungen, die mit dem MasterCard Logo gekennzeichnet sind, mit der Wertkarte und durch Unterschriftsleistung Lieferungen und Leistungen von Vertragsunternehmen im In- und Ausland bis zu der geladenen Höhe bargeldlos zu bezahlen. Der Karteninhaber weist durch seine Unterschriftsleistung PayLife unwiderruflich an, den Rechnungsbetrag bis zu der geladenen Höhe an das jeweilige vertragsunternehmen zu zahlen. PayLife nimmt diese Anweisung bereits jetzt an.

Und iVm: Der Karteninhaber ist dabei insbesondere verpflichtet, die Wertkarte sorgfältig zu verwahren. Keine sorgfältige Verwahrung ist insbesondere:
-    die  Aufbewahrung in einer Weise, dass Dritte an ihr ohne erheblichen Aufwand unbefugt Gewahrsame erlangen können;
-    die Verwendung von Wertkarte und Kartendaten für andere Zwecke als die des Zahlungsverkehrs.

Bei der Verwendung der Kartendaten ist darauf zu achten, dass diese nicht von Dritten ausgespäht werden können.

Während die Vorinstanzen zu dieser Klausel der Rechtsansicht des VKI folgten, entschied der OGH, dass diese Klausel zulässig ist.

Der OGH führte aus, dass es sich bei der vorliegenden Pre-Paid Geschenkkarte um ein sogenanntes anonymes Zahlungsinstrument handelt, sodass ein Abbedingen von §§ 34 Abs 3 und 44 Abs 1 und 2 ZaDiG zulässig ist. Nach Ansicht des VKI verstieß die Klausel jedoch gegen § 33 Abs 2 Z 2 ZaDiG. Nach dieser Bestimmung können Zahlungsdienstleister vereinbaren, dass im Falle eines anonymen Zahlungsinstrumentes oder bei fehlender Nachweismöglichkeit der Autorisierung eines Zahlungsvorganges, sowohl der Nachweis der Autorisierung einer Zahlung (gem § 34 Abs 2 ZaDiG), als auch die Haftung für nicht autorisierte Zahlungsvorgänge (gem § 44 Abs 1 und Abs 2 ZaDiG), abbedungen werden können.

Der OGH führte diesbezüglich aus, dass eine Legaldefinition der sogenannten anonymen Nutzung fehle. Ob der Kunde dem Zahlungsdienstleister bekannt ist, wäre laut Meinungen aus der Literatur für diese Thematik irrelevant.

Vielmehr muss der Zahler identifiziert werden können, andernfalls kein Nachweis der Authentifizierung des Zahlungsvorgangs möglich ist. Der OGH führte zudem an, dass laut anderen Meinungen der Literatur zum Nachweis der Authentifizierung ebenfalls personalisierte Sicherheitsmerkmale notwendig wären. Laut § 3 Z 17 ZaDiG ist die Authentifizierung des Zahlungsvorganges mit der Identifizierung des Zahlers verknüpft.

Laut ErläutRV 982 XXIV GP. 6 zum EGeldG kann  § 33 ZaDiG bei Pre-Paid Produkten bei Fehlen von personalisierten (Sicherheits-)Merkmalen angewendet werden. Während eine Unterschrift ein personalisiertes Sicherheitsmerkmal sein kann, wurde dies bei der Kunden-Kontrollnummer, welche auf jeder Karte abgedruckt wäre, verneint. Mittels personalisierter Sicherheitsmerkmale, wie der Unterschrift ist dem, Zahlungsdienstleister die Überprüfung der Zustimmung zum Zahlungsvorgang, also der Autorisierung durch den tatsächlich Berechtigten, möglich. Jedoch ist dafür ein entsprechendes Verfahren zur Unterschriftenüberprüfung notwendig. Laut EuGH (T-Mobile Austria GmbH gegen VKI, C-616/11) ist die Personalisierung eines Zahlungsinstrumentes gegeben, wenn dem Zahlungsdienstleister eine Überprüfung des Zahlungsauftrages hinsichtlich einer Autorisierung möglich ist. Bei einem Überweisungsauftrag kommt es laut EuGH daher auf die Möglichkeit eines Vergleiches zwischen dem Unterschriebenen Zahlschein sowie einer Unterschriftenprobe an.

Eine derartige Vergleichsmöglichkeit verneinte der OGH in diesem Fall mangels Vorliegen einer Unterschriftenprobe, weswegen der Zahlungsdienstleister die Autorisierung nicht prüfen könne.

Es handelt sich laut OGH daher um ein anonymes Zahlungsinstrument, sodass ein Abbedingen von §§ 34 Abs 3 und 44 Abs 1 und 2 ZaDiG zulässig ist.
Auch eine gröbliche Benachteiligung gem § 879 Abs 3 ABGB wurde vom OGH verneint. Laut Ansicht des VKI benachteiligt die vorliegende Klausel, auch bei Zulässigkeit des Abbedingen von §§ 34 Abs 3 und 44 Abs 1 und 2 ZaDiG, Konsumenten gröblich. Verbrauchern werden durch die Klausel nämlich zusätzliche Sorgfalts- und Haftungspflichten auferlegt, während es zu einem Ausschluss der entsprechenden Pflichten beim Unternehmen kommt.

Der OGH führte aus, dass zwar die Sorgfaltspflichten des Zahlers auf jene des Zahlungsdienstleisters aufbauen, jedoch Obliegenheitsverletzungen des Konsumenten zu einer ganzen oder teilweisen Haftung nach § 44 Abs 2 ZaDiG für den Schaden (welcher dem Zahlungsdienstleister mangels Ersatzanspruch nach § 1041 ABGB  entsteht) führt. Ein Eintritt dieses Schadens wurde hier jedoch vom OGH verneint, da eine Haftung für nicht autorisierte Zahlungsvorgänge vom Zahlungsdienstleister in diesem Fall bereits zulässig ausgeschlossen wurde. Eine zusätzliche Benachteiligung des Konsumenten, über den bereits vorhandenen Haftungsausschluss, wurde verneint.

Die Klausel ist daher laut OGH zulässig.

Klausel 2:Reklamationen sind unverzüglich spätestens innerhalb von 42 Tagen nach Durchführung der Transaktion PayLife unter Angabe sämtlicher Transaktionsdaten schriftlich zu melden. Eine Verletzung dieser Meldepflicht kann zur Minderung von Ansprüchen gegen PayLife führen.

Will ein Zahlungsnutzer eine Berichtigung erwirken, so muss dieser gem § 36 Abs 3 ZaDiG unverzüglich nach Feststellung des nicht autorisierten bzw fehlerhaft ausgeführten Zahlungsvorganges, welcher zu einem derartigen Berichtigungsanspruch nach § 46 ZaDiG führt, seiner Rügeobliegenheit nachkommen. Bei Bekanntgabe der Informationen der §§ 31 bis 33 ZaDiG seitens des Zahlungsdienstleisters, ist die Möglichkeit der Berichtigung für den Zahlungsdienstnutzer auf 13 Monate ab dem Tag der Belastung bzw Gutschrift befristet.  Gegenständliche Klausel sieht eine Verkürzung der absoluten Frist auf 42 Tage, sowie eine Formvorschrift, welche vom Gesetz nicht vorgesehen ist, vor.

§ 36 Abs 3 ist gem § 26 Abs 6 ZaDiG zwingend. § 33 ZaDiG beinhaltet jedoch keinen Ausnahmetatbestand für anonyme Kleinbetragszahlungsinstrumente.
Die Klausel enthält eine unzulässige Verkürzung der Frist für Ansprüche gem § 46 ZaDiG und widerspricht daher § 36 Abs 3 iVm § 26 Abs 6 ZaDiG.

Klausel 3:
In jedem Fall verjähren Ansprüche des Karteninhabers gegenüber PayLife innerhalb von einem Jahr, sofern gesetzliche Regelungen nicht eine kürzere Verjährungsfrist vorsehen.

Klausel 5:
Der Anspruch auf Auszahlung des Guthabens einer Wertkarte erlischt jedenfalls nach 1 Jahr ab dem Zeitpunkt der Ungültigkeit der Wertkarte.

Zu dieser Klausel führte der OGH aus, dass die Pre-Paid Karte des Unternehmens unter das E-GeldG fällt, da die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind. Gem § 18 E-GeldG muss ein Rücktausch von E-Geld zum kompletten Nennwert jederzeit durchführbar sein. Gem § 19 Abs 2 Z 2 E-GeldG kann nach Ablauf eines Jahres jedoch ein Entgelt verrechnet werden. Mangels Nennung einer expliziten Verjährungsfrist in § 18 E-GeldG findet die allgemeine Frist des § 1478 ABGB Anwendung. § 18 E-GeldG ist eine lex specialis zu § 1502 ABGB, der nur im Falle eines Verstoßes gegen zwingende Bestimmungen Anwendung findet.

Die Durchführung einer Interessensabwägung hinsichtlich der Verkürzung der Verjährungsfrist wurde vom OGH verneint. Doch selbst wenn eines solche durchgeführt worden wäre, wäre diese zu Lasten des Unternehmens ausgefallen, da das Geld, welches ein E-Geld Institut erhält nicht als Einlage oder rückzahlbare Gelder gem § 1 Abs 1 Z 1 BWG zu bewerten wäre.
Die Klausel ist daher unzulässig.

Klausel 4: Da die Wertkarte anonym ist, ist es nicht möglich, sie zu sperren oder eine weitere Nutzung etwa nach Verlust durch den Karteninhaber zu verhindern. Es gilt daher als vereinbart, dass § 35 Abs 1 Z 2 und 3, § 36 Abs 2 sowie § 44 Abs 3 des Zahlungsdienstegesetzes betreffend Sperrung, Anzeige und Haftung nach Anzeige nicht anzuwenden sind.

Bei Kleinbetragszahlungsinstrumenten kann gem § 33 Abs 2 Z 1 ZaDiG eine Vereinbarung getroffen werden, wonach §§ 35 Abs 1 Z 2 und 3, 36 Abs 2 sowie 44 Abs 3 hinsichtlich Sperre, Anzeige und Haftung nach einer Anzeige nicht anzuwenden sind, sofern eine Sperre bzw Verhinderung der weiteren Nutzung unmöglich sind.

Der OGH verwies auf Meinungen aus der Literatur, wonach auf eine "objektiv abstrakte Möglichkeit" einer Sperre abgestellt wird. Bejaht wird dies dann, wenn das Zahlungsinstrument ohne erwähnenswerte zusätzliche Kosten oder ohne wesentliche Beschränkungen der Nutzerfreundlichkeit gesperrt werden kann. Weiters wird darauf abgestellt, ob eine Sperre überhaupt (technisch) möglich ist.

Eine Sperre ist laut OGH technisch anhand der Kartennummer möglich, wobei dies zu keiner Verminderung der Kostenvorteile oder Benutzerfreundlichkeit führt.

Zum Einwand des Unternehmens, dass aufgrund der anonymen Nutzung eine Verifizierung einer Person, welche eine Sperre beantragt, nicht stattfinden könne, führte der OGH aus, dass es lediglich auf die abstrakte Sperrmöglichkeit ankomme, da laut Gesetz nicht auf eine anonyme Nutzung abgestellt wird.

Die Klausel ist daher gesetzwidrig.

Klausel 6:
Sollten Bestimmungen dieser Vereinbarung rechtsunwirksam sein oder im Laufe ihrer Dauer werden, so berührt dies die Rechtswirksamkeit der anderen Bestimmungen nicht. Die Vertragsteile verpflichten sich in diesem Fall die rechtsunwirksame (rechtsunwirksam gewordene) Bestimmung durch eine solche zu ersetzen, die rechtswirksam ist und in ihrer wirtschaftlichen Auswirkung der ersetzen Bestimmung so weit als möglich und rechtlich entspricht.


Diese Klausel wurde vom Gericht als intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG beurteilt, da der Konsument sich  laut der Vertragsbestimmung zur Abgabe einer ihm nicht vorhersehbaren Erklärung sowie Änderung des Vertrages verpflichten würde.

Klausel 7:
Ausstellung einer Wertkarte EUR 6,50,- (Geschenkbox)/ 3,90,- (Kuvert).

Gem § 17 E-GeldG muss das E-Geld in Höhe des Nennwertes des angenommenen Geldbetrages ausgegeben werden. Davon abweichende Bestimmungen sind unwirksam.

Konsumenten müssen im gegenständlichen Fall jedoch bei Ausstellung der Geschenkkarte entweder EUR 6,50,-- für Geschenkbox oder EUR 3,90,-- für das Kuvert bezahlen, wobei dies zur Aushöhlung und Umgehung des § 17 E-GeldG führt. Aufgrund der ErläutRV 982, XXIV GP 19 ergibt sich, dass eine Ausgabe über dem Nennwert nicht erlaubt ist, da dies die Gefahr einer Geldmengenvermehrung beinhalte. Aus dem Gesetzestext leitete der OGH ab, dass auch die Ausgabe von E-Geld unter dem Nennwert nicht erlaubt ist.

Hintergrund ist hier der Kundenschutz. Im konkreten Fall hätten Konsumenten somit für die Ausgabe eines E-Geld-Betrages in Höhe von EUR 100 letztlich einen Betrag von EUR 106,50 bezahlen müssen. Der E-Geld-Emittent hat das E-Geld jedoch in jener Höhe auszugeben, in der er den Geldbetrag entgegengenommen hat. Für die Ausgabe des E-Geldes dürfen somit keine Entgelte oder Gebühren verrechnet werden, da § 17 E-GeldG andernfalls zu Lasten des Konsumenten umgangen werden kann.

Der OGH führte zudem aus, dass die als "Geschenkkarte" bezeichnete Pre-Paid Karte auch zum "Eigengebrauch" von Konsumenten, die aufgrund fehlender Kreditwürdigkeit keine herkömmliche Kreditkarte erlangen können, bezogen werden kann. Der Bezug des Kuverts oder der Geschenkbox ist daher nicht überwiegend im Interesse des Konsumenten. Der OGH erklärte die Klausel daher als unzulässig.

Klausel 8:
Für den Rücktausch von Guthaben EUR 2,--


§ 19 Abs 2 E-GeldG bestimmt, dass ein Entgelt für den Rücktausch verrechnet werden darf, wenn der Inhaber den Rücktausch vor Ablauf des Vertrages fordert bzw bei einem befristeten Vertrag, diesen vor Ablauf der Frist beenden will oder den Tausch über ein Jahr nach Ablauf des Vertrages verlangt.

Entgelte müssen jedoch vereinbart und verhältnismäßig sein sowie in einem angemessenem Verhältnis  zu den tatsächlichen Kosten stehen. Wird nun -wie im vorliegenden Fall- ein pauschaler Fixpreis verrechnet, so schließt dies laut OGH die vom Gesetz geforderte Verhältnismäßigkeit aus. Mangels prozentuellem Entgelt oder Staffelung wurde die Klausel für gesetzwidrig erklärt.

OGH 22.09. 2015, 4 Ob 252/14h
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Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien

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