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Urteil: OGH erklärt Änderungskündigungsklausel der mobilkom für rechtswidrig

Der OGH bestätigt in der Verbandsklage des VKI (im Auftrag des BMASK) die Entscheidung des Berufungsgerichtes: Die Klausel, wonach sich mobilkom den Widerruf einer Änderungskündigung vorbehält, ist rechtswidrig. Im Fall einer drohenden und benachteiligenden Änderung der AGB und Entgeltbedingungen kann der Verbraucher, der sich zur Auflösung des Vertrages entschließt, nach Zugang seiner Kündigung an den Mobilfunkbetreiber mit einer wirksamen Beendigung des Vertragsverhältnisses rechnen. In einer derart dynamischen Branche wie der Mobilfunkbranche sind wechselnde Angebote durchaus üblich; eine einmonatige bzw. vierwöchige Phase der Unsicherheit, ob das Vertragsverhältnis weiter aufrecht bleiben soll, würde die Dispositionsfreiheit des Konsumenten stark einschränken, so der OGH. Der OGH verurteilte diese Praxis, da Konsumenten zu "Testsubjekten" verkommen würden. Im Lichte dieser Rechtsprechung wäre auch die Vereinbarung einer kürzeren Widerrufsfrist als rechtswidrig zu beurteilen.

Grund für diese Verbandsklage war eine Ankündigung der mobilkom ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen ändern zu wollen. Die Kunden wurden von den geplanten Änderungen informiert; da die Änderungen auch nachteilige Bestimmungen enthielten, machten viele Kunden von ihrem außerordentlichen Kündigungsrecht im Sinn des § 25 Abs 3 Telekommunikationsgesetz (TKG) Gebrauch. Nach dieser Bestimmung kann der Kunde im Fall nicht ausschließlich begünstigender AGB-Änderungen den Vertrag mit seinem Betreiber kostenlos kündigen. Es folgte eine Mitteilung der mobilkom, dass die geplanten Änderungen doch nicht kommen würden, die Kündigung somit gegenstandslos sei. Mobilkom berief sich dabei auf eine Klausel, in welcher sie sich die Widerrufsmöglichkeit der Änderungskündigung vorbehielt.

Es ging um folgende Klauseln, die nunmehr in allen drei Instanzen für unzulässig erklärt wurden:

Nicht ausschließlich begünstigte Änderungen werden dem Teilnehmer schriftlich unter gleichzeitiger Vornahme einer Änderungskündigung durch mobilkom austria mindestens ein Monat vor Inkrafttreten der Änderung in geeigneter Form, etwa durch Rechnungsaufdruck, mitgeteilt. Sollte der Teilnehmer bis zum Inkrafttreten der Änderungen der mobilkom austria schriftlich mitteilen, dass er den Änderungen widerspricht, so endet der Vertrag nach einer Frist von einem Monat ab Zugang dieser Erklärung. Der Widerspruch wird wirkungslos, falls sich mobilkom austria innerhalb eines Monats ab Zugang des Widerspruchs bereit erklärt, gegenüber dem Teilnehmer die Änderungskündigung zurückzuziehen. Widerspricht der Teilnehmer nicht, so erlangen die Änderungen zum bekannt gegebenen Zeitpunkt Wirksamkeit.
Gemäß § 25 TKG 2003 zulässige Änderungen bleiben unberührt. Eine gemäß § 25 Abs 3 TKG 2003 ausgesprochene außerordentliche Kündigung durch den Teilnehmer wird wirkungslos, falls sich mobilkom austria innerhalb von vier Wochen ab Zugang der Kündigung bereit erklärt, gegenüber dem Teilnehmer auf die Änderung zu verzichten.

Der OGH sah in der Bestimmung des § 25 Abs 3 TKG 2003 eine konsumentenschutzrechtliche Norm, die das Kündigungsrecht des Teilnehmers von den darin festgelegten Bedingungen abhängig macht. Nach den allgemeinen Regeln des dispositiven Rechts wird ein derartiges Vertragsverhältnis grundsätzlich durch eine einseitige Kündigungserklärung beendet. Ein Verbraucher, der sich aufgrund drohender ihn benachteiligender Änderungen zur Auflösung seines Vertrages entschließt, darf nach Zugang seiner Kündigung an den Mobilfunkbetreiber darauf vertrauen, dass der Vertrag auch tatsächlich beendet ist.
Gerade in der Mobilfunkbranche würden die Angebote aufgrund der Wettbewerbssituation ständig wechseln; eine einmonatige bzw. vierwöchige Phase der Unsicherheit, ob das Vertragsverhältnis weiter aufrecht bleiben soll, würde die Dispositionsfreiheit des Verbrauchers stark einschränken.

Süffisant hält der OGH fest, dass die Mobilfunkteilnehmer die von der mobilkom zugedachte Rolle von "Testsubjekten" nicht spielen müssen. Hinter einer solchen Klausel steckt nur das Ansinnen des Mobilfunkbetreibers, ob sich aufgrund der Anzahl der Kündigungen eine AGB-Änderung überhaupt rentiert.

Dem OGH ging es letztendlich auch um die Vermeidung des Risikos, dass der Verbraucher an zwei Mobilfunkverträge gebunden ist; das wäre dann der Fall, wenn der Vertrag durch die mobilkom wieder zum Leben erweckt würde und der Verbraucher in der Zwischenzeit aber schon mit einem anderen Mobilfunkbetreiber einen Vertrag abgeschlossen hätte.

Konsequenz dieser Entscheidung ist, dass die von Kunden ausgesprochene Kündigung im Sinn des § 25 Abs 3 TKG wirksam ist; das Vertragsverhältnis ist mit Zugang der Kündigung an den Betreiber beendet. Im Fall einer Kündigung darf der Betreiber den Kunden keine weiteren Grundgebühren vorschreiben bzw. muss er allenfalls zu unrecht eingehobene Grundgebühren an den Kunden zurückzahlen. Im Lichte dieser Entscheidung werden nunmehr auch andere Mobilfunkbetreiber, die bislang ähnliche rechtswidrige Klauseln verwendet haben, rechtskonforme Änderungskündigungsklauseln statuieren müssen.

OGH 8.9.2009, 1 Ob 123/09h
Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien

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