Anlassfall waren zwei Kreditverhältnisse, welche folgende Zinsanpassungsklausel enthielten:
"Der Kreditgeber ist berechtigt, die vereinbarten Konditionen entsprechend den jeweiligen Geld-, Kredit- oder Kapitalmarktverhältnissen zu ändern. Eine solche Änderung kann eintreten zB durch Erhöhung der Einlagezinssätze oder der Bankrate oder der Kapitalmarktrendite oder durch kredit- und währungspolitische Maßnahmen hinsichtlich der Zahlungsbereitschaft, des Kreditvolumens oder der Mindestreserven oder durch Änderung der Bestimmungen über die Verzinsung von geförderten Krediten."
Der OGH hat mit seiner soeben zugestellten Entscheidung in einem Musterprozess des VKI (im Auftrag des BMSG) gegen eine niederösterreichische Raiffeisenbank in einigen Rechtsfragen die bisherige Judikatur des OGH bekräftigt und zu einer Frage deutlich gegen eine Entscheidung des 4. Senates aus 2003 Stellung genommen:
- Die Verjährungsfrist für Rückforderungsansprüche - der OGH lässt offen, ob die Frist 3 oder 30 Jahre läuft - beginnt erst mit "Überzahlung" des Kredites (also mit einer Ratenzahlung, die bei richtiger Berechnung nicht mehr hätte erbracht werden müssen) und nicht - wie die Banken gerne argumentieren - mit jeder einzelnen Ratenzahlung. Damit bestätigt der OGH eine Entscheidung des 3. Senates des OGH aus Anfang 2005 (Lesen Sie mehr>>).
- Die von der Bank seinerzeit verwendete Zinsanpassungsklausel wird als unbestimmt und daher gesetzwidrig und nichtig eingestuft. Das ist inzwischen ständige Judikatur des OGH (siehe VR-Info 9/2003 und VR-Info 5/2005).
- Fällt die Zinsanpassungsklausel weg, so stellen sich zwei Fragen: Ist von einem Fixzinssatz auszugehen? - Das wird in ständiger Judikatur verneint. Wie ist der Kredit bei bestehender variabler Verzinsung nachzurechnen? Der VKI hat immer argumentiert, dass die Zinsanpassungsklauseln idR auch auf "Geld- und Kapitalmarkt" abgestellt haben und daher die von den Banken seit 1.3.1997 verwendeten Zinsgleitklauseln zur Nachrechnung heranzuziehen seien. Jene Banken, die sich einer aussergerichtlichen Lösung verweigert und auf Prozesse eingelassen haben, argumentieren, dass eine Zinsgleitklausel nicht an die Stelle einer Zinsanpassungsklausel treten könne; das hat auch der OGH zunächst - zT mit dem falschen Argument, dass es diese Parameter Anfang der Neunzigerjahre nicht gegeben habe - verneint. Nun findet der 9. Senat des OGH gerade zu dieser Frage klare Worte:
- Bei Vertragsergänzung nach Treu und Glauben könne in einer Zinsgleitklausel eine "vernünftige Mitte" gefunden werden.
- Für die Heranziehung einer Zinsgleitklausel auf Basis des ungewichteten Mittels aus SMR und VIBOR (EURIBOR) spreche, dass schon in der seinerzeitigen Klausel Elemente des Geld- und Kapitalmarktes angedeutet wurden.
- Die von der Bank selbst festgesetzten Einlagezinsen als Parameter für den Kreditmarkt sind kein ausreichend vorhersehbares objektives Merkmal.
- Wenn die Bank beim seinerzeit vereinbarten Ausgangszinssatz ein betriebswirtschaftlich nicht gerechtfertigtes "Lockangebot" gemacht hat (also einen niedrigen Zinssatz gewährt hat), dann dürfen spätere Anpassungen nicht dazu benützt werden, eine nachträgliche, die ursprüngliche Relation ändernde Korrektur zu Lasten des Kreditnehmers herbeizuführen.
Der OGH ist keine Tatsacheninstanz; daher konnte er im vorliegenden Fall nicht sogleich in der Sache entscheiden, sondern es ist Aufgabe des Erstgerichtes, im fortgesetzten Verfahren, im Lichte der Rechtsmeinungen des OGH das Verfahren zu ergänzen und zu entscheiden.
OGH 6.4.2005, 9 Ob 62/04i
Klagevertreter: Dr. Alexander Klauser, RA in Wien