Zum Inhalt

Urteil: OGH: Klausel zum Unterjährigkeitszuschlag intransparent

Der Oberste Gerichtshof beurteilt eine Klausel zum Unterjährigkeitszuschlag in der Lebensversicherung als intransparent. Rückforderungsansprüche sind denkbar, wenn die Höhe des Zuschlages auch sonst nicht ersichtlich war.

Versicherungsprämien sind zumeist einmal jährlich zu Beginn des Versicherungsjahres fällig, also zu dem Zeitpunkt, an dem die Polizze abgeschlossen wurde. Versicherer bieten ihren Kunden häufig die Möglichkeit, die Prämie in monatlichen, viertel- oder halbjährlichen Raten zu bezahlen. Das gibt es natürlich nicht umsonst, Versicherer verrechnen dafür oftmals einen Unterjährigkeitszuschlag. Die Höhe der Zuschläge beträgt normalerweise zwischen 2 und 6 Prozent, abhängig von Versicherer und Zahlungsweise. Der Zuschlag wird nicht in allen Sparten verrechnet.

Die Wüstenrot Versicherungs AG verwendete in Ihren Versicherungsbedingungen zu bestimmten Lebensversicherungen ab 1997 folgende Regelung zum Unterjährigkeitszuschlag:

§ 4 Was ist bei der Beitragszahlung wichtig?
(1) Die Beiträge sind Jahresbeiträge sowie einmalige Beträge, die für uns kostenfrei zu bezahlen sind.
(2) Die laufenden Jahresbeiträge können Sie nach Vereinbarung auch in halbjährlichen, vierteljährlichen oder monatlichen Raten, dann jedoch mit Zuschlägen bezahlen.

Von 2006 bis 2007 wurde eine ähnliche Regelung in Versicherungsbedingungen verwendet.

Der VKI hielt die Regelung in Abs 2 der Bedingungen für gesetzwidrig, da darin die Höhe des Zuschlages und die Auswirkungen auf die Gesamtbelastung nicht ersichtlich ist, und brachte im Auftrag des Sozialministeriums eine Verbandsklage ein.

Der OGH beurteilt die Klausel als intransparent und damit gesetzwidrig. Nach der Klausel kann die unterjährige Zahlungsweise gegen Zuschlag vereinbart werden. Die Textierung lässt aber nicht erkennen, ob der Versicherungsnehmer bei dieser noch gesondert erforderlichen Vereinbarung Einfluss auf die Höhe des Zuschlages nehmen kann oder ob er ihn - vom Versicherer einseitig vorgegeben - akzeptieren muss. Damit bleibt der Versicherungsnehmer über seine Rechtsposition im Unklaren. Die Klausel ist daher intransparent.

Bei Verträgen mit derartigen Klauseln erscheint eine Rückforderung des Unterjährigkeitszuschlages zumindest dann denkbar, wenn die Höhe des Zuschlages auch in der gesonderten Vereinbarung nicht ausgewiesen ist und man die Prämie bei Kenntnis der Zuschläge und der Auswirkung auf die Gesamtbelastung auf einmal gezahlt hätte.

OGH 17.2.2016, 7 Ob 5/16k
Volltextservice
Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien

Anmerkung: Sie sehen auch einen Link zu einem Musterbrief des VKI, mit dem man von seiner Versicherung Aufklärung verlangt und den Unterjährigkeitszuschlag zurückfordert. Füllen Sie die blau markierten Inhalte bitte nach dem Download des pdf-formulares individuell aus und senden Sie den Brief (eingeschrieben) an Ihre Versicherung.

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

VKI: OGH beurteilt Kreditbearbeitungsgebühr der WSK Bank als unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums die WSK Bank wegen unzulässiger Klauseln in ihren Kreditverträgen geklagt. Jetzt liegt die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) vor: Dieser beurteilt diverse Gebühren und Spesenklauseln in den Kreditverträgen als unzulässig, darunter auch die Kreditbearbeitungsgebühr in Höhe von 4 Prozent. Betroffene Kund:innen der WSK Bank haben nach Ansicht des VKI Rückforderungsansprüche.

Timesharing-Anbieter Hapimag – 48 Klauseln unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Die Hapimag ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, die ihren Mitgliedern Ferienwohnungen, Apartments und Hotels zur Verfügung stellt. Der VKI beanstandete 48 Bestimmungen in Geschäftsbedingungen, Reservierungsbestimmungen, Buchungsinformationen und den FAQs des Unternehmens. Das Handelsgericht Wien (HG Wien) erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Unzulässige Gebühren der Unicredit

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die UniCredit BAnk Austria AG wegen mehreren Gebühren geklagt. Das OLG Wien hat fast alle der eingeklagten Klauseln für unzulässig erklärt.

Krankengeldversicherung: Geltungskontrolle

Krankengeldversicherung: Geltungskontrolle

Ist eine Leistungsbeschränkung für das Krankentagegeld in den Bedingungen für eine Krankengeldversicherung nicht unter der Überschrift „Leistungsvoraussetzungen“, sondern im Kapitel „Beendigung der Versicherung“ enthalten, ist sie ungewöhnlich und damit unwirksam.

Unzulässiger Deckungsausschluss: Hoheitsverwaltungsklausel

Unzulässiger Deckungsausschluss: Hoheitsverwaltungsklausel

Der VKI hatte die ARAG SE Direktion für Österreich wegen drei Ausschlussklauseln in den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung (ARB 2020) geklagt. Gegenstand des Verfahrens vor dem OGH war nur noch eine Klausel davon, nämlich die sog Hoheitsverwaltungsklausel.

Unzulässiger Stornoabzug bei UNIQA-Lebensversicherung

Unzulässiger Stornoabzug bei UNIQA-Lebensversicherung

Der VKI hatte die UNIQA Österreich Versicherungen AG geklagt. Inhalt der Klage waren 18 Klauseln aus den AVB für Lebensversicherungen. Während der VKI bereits in den Unterinstanzen die Mehrzahl der Klauseln rechtskräftig gewonnen hatte, waren noch drei Klauseln Gegenstand des Verfahrens vor dem OGH. Der OGH bestätigte nun auch die Gesetzwidrigkeit dieser Klauseln.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang