Klausel 1:
1. Sollte der Deal-Gutschein nicht innerhalb seines Gültigkeitszeitraums eingelöst werden, kann der Deal-Gutschein einmalig - gegen eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von 25% seines Kaufpreises, jedoch maximal 15 EUR - bei DailyDeal gegen einen Umtauschgutschein eingetauscht werden.
Klausel 2:
2. Diese Umtauschmöglichkeit besteht für einen Zeitraum von drei Jahren gerechnet ab dem Schluss des Jahres, in dem der Deal Gutschein ausgestellt wurde.
Klausel 3:
3. Einsetzbarkeit des Umtauschgutscheines: Der Umtauschgutschein kann zeitlich begrenzt, innerhalb eines Zeitraumes von sechs Monaten nach Ausstellung, für den Erwerb von Deals, die auf der DailyDeal-Website angeboten werden, eingesetzt werden.
Klausel 4:
4. Die Einlösemöglichkeit für einen Umtauschgutschein, sowie alle aus diesem
abgeleiteten Differenz-Gutscheine, besteht einheitlich für sechs Monate nach dem erfolgten Umtausch des Deal-Gutscheins.
Erst- und Berufungsgericht wiesen das Klagebegehren ab.
Der OGH gab dem Kläger jedoch Recht. Für den OGH waren die klagsgegenständlichen Klauseln in ihrer Gesamtheit zu betrachten.
Klausel 1 knüpfte die Möglichkeit einen Gutschein gegen einen Umtauschgutschein einzutauschen, an den vorherigen Verfall des Gutscheins des Kooperationspartners der Beklagten infolge Ablaufs des Gültigkeitszeitraums an. Klausel 2 und so auch Klausel 5 normierten die zeitliche Begrenzung dieser Umtauschmöglichkeit, Klausel 2 und Klausel vier wiederum normierten die zeitlich begrenzte Einsetzbarkeit dieses Umtauschgutscheins. Die einzelnen Klauseln bauen inhaltlich aufeinander auf.
Die Unwirksamkeit bzw Nichtigkeit einer Klausel kann nach der Rechtsprechung die Unwirksamkeit anderer Klauseln nach sich ziehen bzw diese sinnlos machen (1 Ob 222/15a).
Der OGH erkannte, dass die AGB der Beklagten selbst keine Einlösefristen für die vermittelten Gutscheine der jeweiligen Kooperationspartner vorsahen. Klausel 1 enthält jedoch eine Anknüpfung an die von den Kooperationspartnern vorgegebenen Gültigkeitsdauer, da der Fristablauf Voraussetzung für den Umtausch in einen Umtauschgutschein ist.
Bei Verweisen führt die Unzulässigkeit der Bestimmung, auf die verwiesen wird, zwingend zur Unzulässigkeit der verweisenden Bestimmung (RS0122040).
Gleiches hat laut OGH zu gelten, wenn auf eine unzulässige Klausel außerhalb der eigenen AGB verwiesen wird (hier auf eine sittenwidrig kurze Verfallsfrist des Gutscheins eines Kooperationspartners).
Laut OGH sind die Verfallsklauseln dem Prüfungsmaßstab des § 879 Abs 3 ABGB zu unterziehen.
Die Beklagte führte ihr Geschäftsmodell als Rechtfertigung an. Das dreipersonale Rechtsverhältnis (Beklagte-Kooperationspartner-Gutscheinerwerber) führt dazu, dass zwischen Beklagter und Verbraucher ein Vertrag über den Erwerb des Gutscheins zustande kommt. Die Beklagte haftet für die "ordnungsgemäße Vermittlung des Deals" gem ihren AGB. Die Gutscheinleistungen werden lediglich vom Kooperationspartner geschuldet (mit Ausnahme der Geschenkgutscheine der Beklagten).
Die Kooperationspartner erbringen die Gutscheinleistung zu den von ihnen festgelegten Bedingungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung.
Der OGH verwies auf 6 Ob 169/15v bzw 6 Ob 210/17a, wonach der Verbraucher die Möglichkeit hat sich an die Beklagte zu wenden, wenn das Kooperationsunternehmen den Gutschein nicht akzeptiert.
Bei Leistungsstörungen hingegen muss der Verbraucher sich an das Partnerunternehmen wenden.
Auch eine allenfalls unwirksam vereinbarte Gutscheinbefristung muss der Verbraucher primär gegenüber dem Kooperationsunternehmen geltend machen.
Es liegt dann aber kein Fall einer Leistungsstörung vor, sondern eher eine (Teil-)Nichtigkeit des vermitteltenden Vertrags, wobei dies -bei der im Verbandsprozess gebotenen verbraucherfeindlichsten Auslegung- als Fall einer nicht ordnungsgemäßen Vermittlung des Deals gesehen werden kann.
Die Beklagte hat daher unzulässige Gutscheinbefristungen (durch das Geschäftsmodell und der Verweisung in Klausel 1) auch gegen sich gelten lassen.
Die Beklagte vermittelt Leistungsgutscheine (Gutschein berechtigt zu einer Dienstleistung des Kooperationspartners) und auch (rabattierte) Wertgutscheine (bei denen ein bestimmter Wert auf den Kaufpreis für eine Ware oder den Bezug einer Dienstleistung beim Kooperationspartner angerechnet wird).
Die Klauseln differenzieren also nicht zwischen Leistungsgutscheinen und Wertgutscheinen dritter Anbieter.
Grundsätzlich endet das Recht mit einem Gutschein aus dem Warensortiment des Ausstellers Waren zu beziehen innerhalb von 30 Jahren. Die Vereinbarung einer kürzen als der gesetzlichen Verjährungsfrist wird für zulässig erachtet (RS0034782, RS0034404). Uneingeschränkte Fristverkürzungen sollen aber nur bei zumindest annähernd gleich starken Vertragspartnern gültig sein, wenn dies individuell vereinbart wurde. Verfallsklauseln sind sittenwidrig, wenn sie die Geltendmachung von Ansprüchen ohne sachlichen Grund übermäßig erschweren.
Je kürzer die Verfallsfrist sein soll, desto triftiger muss der Rechtfertigungsgrund sein (7 Ob 75/11x). Jedenfalls ist eine umfassende Interessensabwägung erforderlich (7 Ob 22/12d).
Bei Reisegutscheinen hat der OGH eine einjährige Gültigkeitsdauer, die bis zu drei Jahre nach deren Ablauf um ein weiteres Jahr verlängert werden kann, sodass insgesamt 5 Jahre für die Einlösung zur Verfügung stehen, als nicht gröblich benachteiligend beurteilt (7 Ob 75/11x).
In der Entscheidung 7 Ob 22/12d beurteilte der OGH, dass eine Gültigkeitsdauer von (nicht rabattierten) Wertgutscheinen auf zwei Jahre als gröblich benachteiligend anzusehen ist. In 6 Ob 138/16h wurde der Verfall von Prämienmeilen im Flugverkehr nach 20 Monaten als unzulässig beurteilt.
Die Einlösemöglichkeit der vermittelten Gutscheine bezieht sich entweder auf nur ganz bestimmte Tage oder über mehrere Wochen/Monate. Derartige Fristen sind laut OGH, bei der im Verbandsprozess gebotenen Auslegung, zumindest bezogen auf die von der Beklagten vermittelten Wertgutscheine als gröblich benachteiligend gem § 879 Abs 3 ABGB anzusehen.
Die Beklagte argumentierte die zT sehr kurzen Verfallsfristen mit einem durchschnittlichen Rabatt von 50% und dem Umstand, dass Kooperationspartner den Kunden einerseits weniger ausgelastete Zeiträume anbieten und andererseits Werbung machen wollen.
Der OGH führte aus, dass gewöhnlich keine gröbliche Benachteiligung vorliegt, wenn eine vertragliche Alternative angeboten wird, bei deren Wahl die Übernahme eines höheren wirtschaftlichen Risikos durch den Anbieter auch mit einem höheren Preis abgegolten wird.
Dem von der Beklagten angeführten "Preisargument" kommt lediglich eingeschränkte Bedeutung zu, wobei eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen ist (6 Ob 253/07k, 6 Ob 220/09k, 1 Ob 146/15z, 1 Ob 96/17z). Das "Preisargument" greift aber zumindest hinsichtlich der vermittelten Wertgutscheine der Kooperationspartner für die zT sehr kurzen Verfallsfristen nicht. Es mangelt insbesondere an einer vertraglichen Alternative, zB in Form eines Tarifwahlsystems. Ob das Preisargument auch bei Leistungsgutscheinen zu beachten ist wurde vom OGH offen gelassen, weil die beanstandete Klausel nicht zwischen Leistungs- und Wertgutscheinen differenzierte.
Klausel 1 knüpft hinsichtlich des Rechts einen Umtauschgutschein einzulösen an den vorherigen Verfall des Gutscheins eines Kooperationspartners.
Da diese Klausel bei verbraucherfeindlichster Auslegung auch an sittenwidrig zu kurze Verfallsfristen von vermittelten Wertgutscheinen der Kooperationspartner anknüpft, ist sie gröblich benachteiligend gem § 879 Abs 3 ABGB.
Die Umtauschmöglichkeit wäre auch gar nicht erforderlich, wenn die Gutscheine nicht unzulässig kurz ihre Gültigkeit verlieren würden.
Die Klausel schafft dadurch auch keinen Vorteil für den Verbraucher. Der Umtauschgutschein berechtigt außerdem auch nicht zur Inanspruchnahme der ursprünglichen Leistung, sondern eines (beliebigen) anderen Angebots eines Kooperationspartners.
Klausel 2 und Klausel 5 beinhaltet das Recht einer Umtauschmöglichkeit von drei Jahren, ab dem Ende des Jahres, in dem die Gutscheinausstellung erfolgte.
Die Klausel muss jedoch in Zusammenschau mit Klausel 3 beurteilt werden.
Die Einsetzbarkeit des Umtauschgutscheins ist mit sechs Monaten befristet.
Dies führt jedoch bei der gebotenen verbraucherfeindlichsten Auslegung dazu, dass unter Annahme einer Einlösezeit für den wiederum Wertgutschein des Kooperationspartners von zB 2 Monaten dann, wenn der Umtauschgutschein sofort nach Verfall des Gutscheins des Kooperationspartners der Beklagten eingetauscht wurde, dem Verbraucher insgesamt lediglich 8 Monate verbleiben um den eingesetzten und im voraus bezahlten Geldbetrag nicht zu verlieren.
Die Situation des Verbrauchers gleicht daher derjenigen eines Verbrauchers, der einen Wertgutschein bei seinem Vertragspartner mit einer Gültigkeitsdauer von lediglich 8 Monaten erworben hat. Dies ist aber gröblich benachteiligend gem § 879 Abs 3 ABGB.
OGH 13.09.2019, 10 Ob 106/18p
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Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien