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Urteil: OGH zu Aufklärungsobliegenheiten und Wertersatz bei Versicherung

Der OGH entschied im Rahmen einer Einzelklage zwischen einem Versicherungsnehmer und dessen Versicherung aufgrund eines Einbruches. Konkret ging es um die Wiederbeschaffung eines Ersatzgerätes eines gestohlenen Heimkinoprojektors.

Von den Vorinstanzen wurde ein Sachverhalt festgestellt, wonach der Kläger (Versicherter) nicht sämtliche Kaufunterlagen vorlegen konnte, woraufhin der Verkäufer herangezogen wurde. Der OGH bestätigte dazu die unterinstanzliche Rechtsansicht, wonach die Aufklärungsobliegenheiten damit erfüllt wurden, wobei dies auch der Judikatur entspricht.

Die Vorlage von "personalisierten Rechnungen oder die Aufbewahrung von Kaufbelegen"  wurde nicht als Obliegenheit vereinbart bzw vorgebracht. Schuldhafte Versäumnisse des Klägers hinsichtlich der Unterlagenbeschaffung, sowie eine Bevollmächtigung des Lieferanten des Klägers zur Versicherungsverhältnisabwicklung wurden nicht festgestellt. Der Versicherer müsse bei vom Versicherungsnehmer erteilten (u ihm zu ungenauen) Auskünften "konkret" mitteilen, "worauf es ihm ankommt", wobei es sich um eine Einzelfallbeurteilung handelt.

Die Gerichte und der OGH verneinten eine Obliegenheitsverletzung dahingehend, warum die wiederholte Besichtigung des Tatortes erst Monate nach dem Vorfall geschehen solle, während Ermittlungen der Polizei lange davor beendet worden waren, weil dies von der Beklagten nicht ausreichend dargelegt wurde.

Die - auch hier relevante - strenge Wiederherstellungsklausel dient dazu das Risiko zu begrenzen und verhindert den freien Einsatz der Versicherungssumme. Liegt ein Versicherungsfall vor, so entsteht zunächst nur ein Anspruch auf den Zeitwert, wohingegen der Neuwertanspruch entsteht, wenn wiederhergestellt oder fristgerecht gesichert wurde. Eine "100%-ige Sicherheit" kann jedoch nicht verlangt werden. Für den OGH genügt es, wenn es keine vernünftigen Zweifel gibt, dass wiederhergestellt wurde. Die Sicherung dieser Verwendung "ist nach Treu und Glauben zu entscheiden" und ist einzelfellabhängig.

Hier wurde fünf Tage nach dem Ablauf der Sicherstellungsfrist (ein Jahr nach dem Schadensfall gem Art 6.5 d AGBH 2010) ein Verfahrensschriftsatz erstattet, mit dem es zur Vorlage der Urkunden hinsichtlich der Ersatzgerätbestellung sowie -anzahlung kam, welche bereits zwei Wochen davor durchgeführt wurde. Die Erstattung des Schriftsatzes geschah am letzten Tag der Frist, die das Gericht in einer Tagsatzung mit acht Wochen ansetzte. Es ging darum, ob eine vergleichsweise Einigung geschehen sei. Die Wiederbeschaffung wurde im Vorbringen sowie in dieser Tagsatzung erörtert. Im Schriftsatz wurde auch eine "Kontaktaufnahme des Klagevertreters zum Beklagtenvertreter" erwähnt, welche innerhalb der Jahresfrist, "bereits zwei Wochen zuvor" "von einer Übermittlung der erwähnten Bestellunterlagen begleitet gewesen" ist.

Aufgrund dieser Umstände und aufgrund der Vergleichsgespräche sah der OGH es als vertretbar an, dass es zum fristgerechten Nachweis der Wiederbeschaffungssicherstellung gegenüber dem Versicherer kam. Dies vor allem auch aufgrund des, von der Versicherung "selbst erkannten Hintergrund, dass der Grundsatz von Treu und Glauben das Versicherungsverhältnis in besonderem Maß beherrscht". Kam es zur ausreichenden Sicherstellung der Wiederbeschaffung, so wird der Neuwertanspruch des VN fällig und zwar auch dann, wenn diese nachträglich nicht geschieht. Der OGH bestätigte die Auffassung der Vorinstanzen.

OGH 27.09.2017, 7 Ob 59/17b

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