Der OGH beurteilt in seinem Urteil insgesamt 8 Vertragsklauseln. Dabei sind vor allem folgende zwei Klauseln zu unklaren Kostenabzügen bzw. Vereinbarungen zur Höhe des Rückkaufswertes betroffen:
1. Wir führen Ihre Prämie, soweit sie nicht zur Deckung unserer Abschluss- und Verwaltungskosten vorgesehen ist, entsprechend den mit Ihnen getroffenen Vereinbarungen, den Anlagestöcken (vgl § 1 Abs. 1) zu und rechnen diese in Investmentfondsanteile oder Anteileinheiten am Anlageportfolio um.
4. Nach § 176 VVG haben wir nach Kündigung – soweit bereits entstanden – die Rückvergütung zu erstatten. Diese entspricht dem Deckungskapital (vgl § 1 Abs. 3) vermindert um einen als angemessen angesehenen Abzug in der Höhe von 100 % zum Ende des ersten Versicherungsjahres, 90 % im zweiten, 30 % im dritten, 20 % im vierten, 10 % im fünften und 5 % ab dem sechsten Versicherungsjahr. Prämienrückstände werden von der Rückvergütung abgesetzt. Bei Einmalerlägen beträgt der Abzug 5%.
Der OGH weist zunächst darauf hin, dass die bisher zur klassischen Lebensversicherung ergangenen drei Urteile vom 17.1.2007 (7 Ob 131/06z, 7 Ob 140/06y und 7 Ob 173/06a, vgl. etwa VR-Info 3-2007) und die dortigen Erwägungen auch auf die fondsgebundene Lebensversicherung (FLV) übertragbar sind. Demnach muss der Verbraucher in der Lage sein, die wirtschaftlichen Folgen einer Regelung zu erkennen.
Das bedeutet für die fondsgebundene Lebensversicherung, dass die Versicherung die Gesamtkostenbelastung offenlegen muss. Für den Versicherungsnehmer muss nachvollziehbar sein, welcher Teil der Prämie veranlagt wird und welcher Teil der Prämie auf Kosten entfällt. Ohne Bekanntgabe der Kostenkosten behält sich die Versicherung – wie im vorliegenden Fall - unzulässigerweise ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vor.
Die Aufklärung über die Kostenabzüge kann an Hand standardisierter Tabellen erfolgen (Modellrechnung mit 0 % Performance). Selbst wenn die Gesamtkostenbelastung wegen der schwankenden Fondsperformance nicht von vornherein in absoluten Zahlen festgesetzt werden könnte, müssten die Kosten in Tabellenform als Prozentsatz der jeweiligen Höhe des Deckungskapitals angegeben und mit dem Versicherungsnehmer vereinbart werden.
Da die Kostenbelastung in den beiden Klauseln nicht ersichtlich ist, sind diese intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG und somit gesetzwidrig.
Der in der 4. Klausel für den Fall der vorzeitigen Kündigung (Rückkauf) vorgesehene Abzug verstößt nach dem OGH außerdem jedenfalls auch gegen die Vorgaben des § 176 Abs 4 VersVG. Soweit in diesem Abzug nämlich auch Abschluss- und Verwaltungskosten enthalten sind, bleibt die Höhe der eigentlichen Stornokosten völlig unbestimmt. Sieht man den Abzug hingegen als reinen Stornoabzug, ist er der Höhe nach jedefnalls unangemessen hoch.
Mangels gültiger vertraglicher Grundlage dürfen nach Einschätzung des VKI bei Vorliegen derartiger Klauseln Abschlusskosten und Stornoabzüge nicht mehr in dieser Weise verrechnet werden. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) bereits für die Situation in Deutschland festgehalten. Eine Orientierung an der gesetzlichen Neuregelung der Rückkaufswerte für Verträge ab dem 1.1.2007 (VersRÄG 2006) auch für Altverträge ist angezeigt. Dabei werden die Abschlusskosten auf die ersten 5 Jahre der Laufzeit aufgeteilt. Diese Verteilungsweise wurde in Östereich bereits gerichtlich bestätigt (vgl. BGHS Wien 28.3.2007, 12 C 1937/05y – siehe VR-Info 5-2007).
Bei bereits rückgekauften und prämienfreigestellten Verträgen besteht somit unter Umständen ein Anspruch auf Nachforderung gegenüber der Versicherung. Bei Rückkäufen können Ansprüche jedenfalls innerhalb von drei Jahren ab Rückkauf geltend gemacht werden. Bei Prämienfreistellungen beginnt die dreijährige Verjährungsfrist erst mit dem vereinbarten Leistungszeitpunkt. Das Urteil kann sich aber auch auf alle noch laufenden Altverträge auswirken, die erst in Zukunft vorzeitig gekündigt oder prämienfrei gestellt werden.
Im vorliegenden Urteil werden auch sechs weitere Klauseln als gesetzwidrig beurteilt. Es geht dabei um unzulässige Überwälzungen der Kosten für die Überweisung der Versicherungsleistung und um Klauseln, in denen sich die Versicherung vorbehält, Vertragsbestimmungen zu ändern. Die Kostenüberwälzung ist gröblich benachteiliegend, weil sie von der Regelung des § 905 Abs 2 ABGB abweicht. Die Änderungsermächtigungen verstoßen gegen § 6 Abs 2 Z 3 KSchG bzw. gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG. Schließlich wird auch eine Klausel als gesetzwidrig beanstandet, nach der die erste Information zum Fondswert erst nach drei Jahren erfolgen soll. Dies verstößt gegen § 18b Abs 2 Z 2 VAG, wonach derartige Informationen jährlich zu übermitteln sind.
OGH 9.5.2007, 7 Ob 233/06z
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Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien