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Urteil: OGH zu Zustimmungsfiktionsklauseln 2.Generation

In einem Verbandsverfahren der Bundesarbeiterkammer gegen ein Kreditinstitut ging es neben einigen Klauseln aus dem Bereich des Zahlungsdienstegesetzes auch um sog Zustimmungsfiktionsklauseln, bei denen die Zustimmung des Kunden angenommen wird, wenn er nicht binnen einer gewissen Frist widerspricht. Nachdem der OGH beginnend mit Jahr 2013 solche Erklärungsfiktionsklauseln ohne jegliche Schranken für unzulässig erklärt hatte, wurden von Unternehmern diese Klauseln geändert. Nun waren solche geänderten Zustimmungsfiktionsklauseln Gegenstand eines Verfahrens vor dem OGH.

Unzulässige Klauseln

Klausel 1 (Pkt V B, Z 44 Abs 3 der AGB 2013):
Eine von der Entwicklung des Verbraucherpreisindex abweichende Entgeltanpassung darf das Kreditinstitut mit dem Kunden auf dem in Abs. 1 vorgesehenen Weg nur unter folgenden Voraussetzungen vereinbaren:
- Die im Zeitraum, der nach Abs. 2 für die Entgeltsanpassung maßgeblich ist, eingetretene Entwicklung der Kosten, die dem Kreditinstitut im Zusammenhang mit der jeweiligen Dauerleistung entstehen, weicht unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden sachlich gerechtfertigten Umstände (insbesondere Veränderung der gesetzlichen und aufsichtsbehördlichen Rahmenbedingungen, Veränderungen des Personal- oder Sachaufwands) von der Entwicklung des Verbraucherpreisindex ab und die angebotene Entgeltsanpassung entspricht dieser abweichenden Kostenentwicklung.
- Eine Entgeltserhöhung entspricht zuhöchst dem Dreifachen einer Entgeltserhöhung, die sich aus der Entwicklung des Verbraucherpreisindex ergeben würde.
- Im Änderungsangebot wird darauf hingewiesen, dass die angebotene Entgeltsänderung höher ist als jene, die sich aus der VPI-Entwicklung ergäbe.

Eine vertragliche Zustimmungsfiktion läuft in der Praxis trotz des formalen Widerspruchsrechts weitgehend auf eine einseitige Änderungsbefugnis des Unternehmers hinaus, weil sich Verbraucher erfahrungsgemäß mit Änderungsangeboten nicht auseinandersetzen, weshalb ihnen infolge der Gefahr ihrer Passivität ein Schutzbedürfnis zuzubilligen ist.

Im Hinblick auf die aus dem Transparenzgebot abzuleitende Pflicht zur Vollständigkeit muss der Verbraucher aber von Anfang an auch über die Gründe und die maßgeblichen Indizes für eine Entgelterhöhung mittels Zustimmungsfiktion informiert werden, andernfalls die Auswirkungen der Klausel für ihn unklar bleiben.

Die zu beurteilende Klausel lässt den Verbraucher über die Gründe, die in Hinkunft mittels Zustimmungsfiktion zu Entgelt- bzw Zinsanpassungen führen sollen, im Unklaren. Mit dem Hinweis auf "alle in Betracht kommenden sachlich gerechtfertigten Umstände" und das exemplarisch genannte Beispiel der "Veränderung der gesetzlichen und aufsichtsbehördlichen Rahmenbedingungen" wird vorerst der Eindruck erweckt, es würde sich dabei nicht aus der Sphäre der beklagten Partei stammende und von deren Willen unabhängige (objektive) Determinanten als Rechtfertigung für eine Entgeltanpassung handeln. Erst aus dem weiters genannten Beispiel der Veränderungen des Sach- und Personalaufwands wird erkennbar, dass die beklagte Partei nicht nur veränderte Rahmenbedingungen wie etwa die Steigerung von Kollektivvertragsgehältern, sondern jede Entwicklung der ihr entstehenden Kosten im Zusammenhang mit der Dauerleistung als Anlass für eine Entgelterhöhung ansieht und in Zukunft als solche heranziehen will. Der Hinweis auf "alle in Betracht kommenden sachlich gerechtfertigten Umstände" schafft der beklagten Partei einen Ermessensspielraum, auf (aus welcher Ursache auch immer) gestiegene Kosten durch Entgelterhöhungen zu reagieren. Mangels Gewichtung der als "sachlich gerechtfertigt" anzusehenden Umstände könnte die beklagte Partei bei kundenfeindlichster Auslegung primär auch auf eigene betriebswirtschaftliche Entscheidungen (allenfalls auch Fehlentscheidungen) zurückzuführende Kostensteigerungen zum Anlass für Entgelterhöhungen nehmen. Enthält die Klausel in Wirklichkeit eine dem Grund nach nicht näher konkretisierte, unbeschränkte Möglichkeit der Vertragsänderung mittels Erklärungsfiktion, ist der Verweis auf "sachlich gerechtfertigte" Umstände als intransparent anzusehen. Der Inhalt und die Tragweite der Klausel bleibt demnach in ihren Auswirkungen nicht durchschaubar. Die Klausel vermittelt dem Kunden ein unklares Bild seiner vertraglichen Position und ist daher als intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG zu qualifizieren.

Klausel 2 (Pkt V C, Z 45 Abs 2 der AGB 2013):
Eine von der Entwicklung des Verbraucherpreisindex abweichende Anpassung der Entgelte für die vom Kreditinstitut außerhalb der Zahlungsdienste erbrachten Dauerleistungen werden dem Kunden vom Kreditinstitut spätestens zwei Monate vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt ihres Inkrafttretens, das ist in jedem Fall der 1. April eines Jahres, angeboten. Die Zustimmung des Kunden zu diesen Änderungen gilt als erteilt, wenn beim Kreditinstitut vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Inkrafttretens kein Widerspruch des Kunden einlangt. Darauf wird das Kreditinstitut den Kunden im Änderungsangebot, in dem das Ausmaß der Änderung darzustellen ist, hinweisen. Das Änderungsangebot kann das Kreditinstitut auf eine mit dem Kunden vereinbarte Weise zum Abruf bereithalten. Auf dem in diesem Abs. 2 vorgesehenen Weg darf das Kreditinstitut mit dem Kunden eine Entgeltanpassung nur unter folgenden Voraussetzungen vereinbaren:
- Die im Zeitraum, der nach Abs. 1 für die Entgeltanpassung maßgeblich ist, eingetretene Entwicklung der Kosten, die dem Kreditinstitut im Zusammenhang mit der jeweiligen Dauerleistung entstehen, weicht unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden sachlich gerechtfertigten Umstände (insbesondere Veränderung der gesetzlichen und aufsichtsbehördlichen Rahmenbedingungen, Veränderungen des Personal- oder Sachaufwands) von der Entwicklung des Verbraucherpreisindex ab und die angebotene Entgeltanpassung entspricht dieser abweichenden Kostenentwicklung.
- Eine Entgelterhöhung entspricht zuhöchst dem Dreifachen einer Entgelterhöhung, die sich aus der Entwicklung des Verbraucherpreisindex ergeben würde.
- Im Änderungsangebot wird darauf hingewiesen, dass die angebotene Entgeltänderung höher ist als jene, die sich aus der VPI-Entwicklung ergäbe.

Klausel 3 (Punkt V D, Z 46 Abs 2 und 3 AGB 2013):
Wurde keine Anpassungsklausel vereinbart oder beabsichtigt das Kreditinstitut eine über die vereinbarte Anpassung hinausgehende Änderung des Sollzinssatzes, so bietet das Kreditinstitut dem Kunden diese Änderung des Zinssatzes spätestens zwei Monate vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an. Die Zustimmung des Kunden zu dieser Änderung gilt als erteilt, wenn beim Kreditinstitut vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Inkrafttretens kein Widerspruch des Kunden einlangt. Darauf wird das Kreditinstitut den Kunden im Änderungsangebot, in dem das Ausmaß der Änderung darzustellen ist, hinweisen. Das Kreditinstitut kann das Änderungsangebot auf eine mit dem Kunden vereinbarte Weise zum Abruf bereithalten. Sollte das Änderungsangebot jedoch ein Konto, über das Zahlungsdienste abgewickelt werden, betreffen, so ist es dem Kunden mitzuteilen und der Kunde hat das Recht, den diesbezüglichen Rahmenvertrag bis zum Inkrafttreten der Änderung kostenlos fristlos zu kündigen. Auch auf dieses Kündigungsrecht wird das Kreditinstitut im Änderungsangebot hinweisen.
Auf dem in Abs. 2 vorgesehenen Weg darf das Kreditinstitut mit dem Kunden eine Zinsanpassung jedoch nur unter folgenden Voraussetzungen vereinbaren:

- Die angebotene Zinsanpassung entspricht der Entwicklung der Kosten des Kreditinstituts im Zusammenhang mit dem jeweiligen Kredit seit dem Abschluss der der aktuellen Verzinsung zugrundeliegenden Vereinbarung, wobei alle sachlich gerechtfertigten Umstände (Veränderung der gesetzlichen und aufsichtsbehördlichen Rahmenbedingungen, Veränderungen auf dem Geld- oder Kapitalmarkt, Veränderungen der Refinanzierungskosten, Veränderungen des Personal- oder Sachaufwandes) zu berücksichtigen sind.
- Eine Zinssatzanhebung nach Abs 2 darf 0,5 %-Punkte nicht übersteigen.
- Im Änderungsangebot wird darauf hingewiesen, dass die angebotene Zinssatzänderung höher ist als jene, die sich aus der vereinbarten Anpassungsklausel ergäbe. Wo keine Anpassungsklausel vereinbart ist, ist darauf hinzuweisen, dass die der Verzinsung zugrundeliegende Vereinbarung keine einseitige Zinssatzanpassung vorsieht.
- Eine Änderung des Zinssatzes im Rahmen des Abs. 2 ist frühestens zwei Jahre nach dem Abschluss der der aktuellen Verzinsung zugrundeliegenden Vereinbarung zulässig.

 
Klausel 4 (Punkt V F, Z 47a Abs 2 und 3 AGB 2013):
Wurde keine Anpassungsklausel vereinbart oder beabsichtigt das Kreditinstitut eine über die vereinbarte Anpassung hinausgehende Änderung des Habenzinssatzes, so bietet das Kreditinstitut dem Kunden diese Änderung des Zinssatzes spätestens zwei Monate vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an. Die Zustimmung des Kunden zu dieser Änderung gilt als erteilt, wenn beim Kreditinstitut vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Inkrafttretens kein Widerspruch des Kunden einlangt. Darauf wird das Kreditinstitut den Kunden im Änderungsangebot, in dem das Ausmaß der Änderung darzustellen ist, hinweisen. Das Kreditinstitut kann das Änderungsangebot auf eine mit dem Kunden vereinbarte Weise zum Abruf bereithalten. Sollte das Änderungsangebot jedoch ein Konto, über das Zahlungsdienste abgewickelt werden, betreffen, so ist es dem Kunden mitzuteilen und der Kunde hat das Recht, den diesbezüglichen Rahmenvertrag bis zum Inkrafttreten der Änderung kostenlos fristlos zu kündigen. Auch auf dieses Kündigungsrecht wird das Kreditinstitut im Änderungsangebot hinweisen.
Auf dem in Abs. 2 vorgesehenen Weg darf das Kreditinstitut mit dem Kunden eine Zinssatzanpassung jedoch nur unter folgenden Voraussetzungen vereinbaren:
- Die angebotene Zinssatzanpassung entspricht der Entwicklung der Kosten und Wiederveranlagungsmöglichkeiten des Kreditinstituts im Zusammenhang mit dem jeweiligen Guthaben seit dem Abschluss der der aktuellen Verzinsung zugrundeliegenden Vereinbarung, wobei alle sachlich gerechtfertigten Umstände (Veränderung der gesetzlichen und aufsichtsbehördlichen Rahmenbedingungen, Veränderungen auf dem Geld- oder Kapitalmarkt, Veränderungen des Personal- oder Sachaufwandes) zu berücksichtigen sind.
- Eine Zinssatzsenkung nach Abs. 2 darf 0,5 %-Punkte nicht übersteigen.
- Im Änderungsangebot wird darauf hingewiesen, dass die angebotene Zinssatzänderung höher ist als jene, die sich aus der vereinbarten Anpassungsklausel ergäbe. Wo keine Anpassungsklausel vereinbart ist, ist darauf hinzuweisen, dass die der Verzinsung zugrundeliegende Vereinbarung keine einseitige Zinssatzanpassung vorsieht.
Eine Änderung des Zinssatzes im Rahmen des Abs. 2 ist frühestens zwei Jahre nach Beginn der Zinssatzvereinbarung zulässig.

Zu Klauseln 2 - 4:
Siehe Klausel 1.
Zutreffend weist die Klägerin im Übrigen darauf hin, dass bei Klausel 3 und 4 nach Ablauf von zwei Jahren für Zinsanpassungen keine zeitlichen Beschränkungen mehr vorgesehen sind, sodass - bei kundenfeindlichster Auslegung - eine jeweils 0,5%ige Anpassung beliebig oft erfolgen könnte.


Klausel 5 (Kontoeröffnungsvertrag Stand Oktober 2014)
Entgelte: Entgelte für Kontoführung und Dienstleistungen sowie Zinssätze für Guthaben und Sollstände siehe Beiblatt, welches einen Bestandteil dieses Vertrags darstellt.

Eine entsprechende Frist bis zum Vertragsabschluss ist nach dem Gesetzeswortlaut des § 26 Abs 1 ZaDiG nicht vorgesehen, sodass selbst eine erst unmittelbar vor der bindenden Willenserklärung des Zahlungsdienstnutzers vorgenommene Erteilung vorvertraglicher Informationen ausreicht. Steht etwa dem Kunden ein dem Kartenantrag beigeschlossener Preisaushang zur Verfügung, ist der Zahlungsdienstleister seinen Informationspflichten nach § 26 Abs 1 ZaDiG nachgekommen. Nur wenn der Preisaushang erst nach der dem Kartenantrag folgenden Bonitätsprüfung ausgehändigt wird, liegt ein Verstoß gegen das Transparenzgebot vor, weil der Kunde nicht darüber aufgeklärt wird, dass die Wirksamkeit der Vereinbarung von der rechtzeitigen Wahrnehmung der Informationspflichten abhängt
Ein Verweis auf Preislisten an sich führt noch nicht zur Intransparenz iSd § 6 Abs 3 KSchG.

Die Klausel ist aber aus folgendem Grund intransparent: Entgelte dürfen grundsätzlich nur für Hauptleistungen verrechnet werden. Sonstige Nebenpflichten sind vom Zahlungsdienstleister grundsätzlich unentgeltlich zu erbringen, nur in den in § 27 Abs 3 Z 1 bis 3 ZaDiG aufgezählten Fällen darf für sonstige Nebenpflichten Entgelt verrechnet werden. Über diese Rechtslage wird durch die Formulierung "Entgelte für ... Dienstleistungen" nicht informiert, sondern suggeriert, dass es sich bei den im Preisblatt verzeichneten Entgelte für "Dienstleistungen" um Entgelte handelt, die die beklagte Partei dem Verbraucher jedenfalls verrechnen kann.

Klausel 6 (Kontoeröffnungsvertrag - Stand Oktober 2014):
Zinssätze und Entgelte, die bei einer Überschreitung eines Kontoguthabens oder eines vereinbarten Rahmens angewendet werden, sind im Preisblatt verzeichnet, wo auch festgehalten ist, wie diese Zinssätze und Entgelte allenfalls durch die R** geändert werden können.

Der Unterlassungsanspruch des § 28 Abs 1 KSchG bezieht sich auf gesetz- oder sittenwidrige Vertragsbedingungen, worunter im Kern die Kontrolle von Willenserklärungen zu verstehen ist. Dient ein Satz bloß der Aufklärung des Verbrauchers, ist er unbedenklich.

Die Klausel 6 geht hingegen wesentlich weiter: Die beklagte Partei stellt dem Verbraucher den Abschluss eines Kreditvertrags für den Fall der Überschreitung seines aktuellen Guthabens auf dem laufenden Konto oder der vereinbarten Überziehungsmöglichkeit (§ 23 VKrG) in Aussicht. Wie sich aus der im Text unmittelbar davorstehenden Klausel 5 ergibt, wird für Zinssätze auf das Preisblatt verwiesen sowie darauf, dass dieses einen Bestandteil des Vertrags bildet. Das Bestreben der beklagten Partei geht somit dahin, bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Kontoeröffnungsvertrags für den Fall einer allfällig späteren (von ihr akzeptierten) Überschreitung eine vertragliche Verpflichtung des Verbrauchers zu schaffen, die als Grundlage für die Verrechnung von Entgelten (Zinsen) dient. Es liegt daher kein der bloßen Aufklärung dienender Hinweis vor. Bei kundenfeindlichster Auslegung soll der im Preisblatt genannte Überschreitungszins Vertragsinhalt werden, noch bevor es zu einer allfälligen Überschreitung kommt.

Die Klausel 6 ist intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG, indem sie den unrichtigen Eindruck erweckt, die beklagte Partei könne Zins- und Entgeltänderungen jederzeit und völlig formlos einseitig und ohne Einflussnahme des Verbrauchers vornehmen. In allen nicht in § 29 Abs 2 Satz 1 ZaDiG angeführten Fällen (Anpassung von Zinssätzen und Wechselkursen) einer Änderung der Entgelte nach dem Abschluss des Rahmenvertrags muss aber die in § 29 Abs 1 ZaDiG normierte Vorgangsweise eingehalten werden, also insbesondere die (ausdrückliche oder stillschweigende) Zustimmung des Zahlungsdienstnutzers eingeholt werden.


Klausel 7 (Preisblatt für Zahlungsdienstleistungen - Stand Oktober 2014):
Die für diese Einzelleistungen angeführten Preise sind die derzeit gültigen. Sie können von der R** AG jederzeit mittels Aushang abgeändert werden.

Der in der hier zu beurteilenden Klausel verwendete Begriff "Einzelleistung" ist aus der Sicht eines durchschnittlichen Verbrauchers nicht ausreichend bestimmt ist (s OGH in 6 Ob 228/16x [K 9] zum Begriff "Dauerleistung").

Die Klausel erweckt (bei kundenfeindlichster Auslegung) den Eindruck, es gebe vom Kontoführungsvertrag (Rahmenvertrag) nicht umfasste "Einzelleistungen", für die (Einzel-)Entgelte zustünden, die bereits mit dem Abschluss des Kontoführungsvertrags wirksam vereinbart seien und die von der beklagten Partei ohne Berücksichtigung des § 29 Abs 1 ZaDiG einseitig jederzeit abgeändert werden könnten. Dadurch wird die Rechtslage verschleiert, sodass mangels Durchschaubarkeit ein Verstoß gegen das Transparenzgebot (§ 6 Abs 3 KSchG) vorliegt.


Klausel 8 (Preisblatt für Zahlungsdienstleistungen - Stand Oktober 2014):
Nachbestellung auf Kundenwunsch (zB Namensänderung) EUR 15,00

§ 27 Abs 1 und 3 ZaDiG regeln abschließend, in welchen Fällen der Zahlungsdienstleister neben dem für die Zahlungsdienste vereinbarten Entgelt iSd § 27 Abs 2 ZaDiG einen Aufwandersatz- bzw Kostenersatzanspruch geltend machen kann. Die Nachbestellung einer Zahlungskarte ist hier nicht genannt. Für die nicht im Ausnahmekatalog des § 27 Abs 3 ZaDiG genannten Nebenpflichten im Zusammenhang mit der Durchführung konkreter Zahlungen darf der Zahlungsdienstleister grundsätzlich kein gesondertes Entgelt verlangen. Darüber wird der Verbraucher nicht aufgeklärt.

Ob - wie die beklagte Partei vermeint - für eine Nachbestellung einer Karte auf Kundenwunsch die Vereinbarung eines Entgelts dann zulässig ist, wenn es sich um eine freiwillige Sonderleistung - und nicht um eine im ZaDiG geregelte Nebenpflicht - handelt, muss hier nicht beurteilt werden. Bei kundenfeindlichster Auslegung lässt die Klausel jedenfalls keine Differenzierung bzw Beschränkung auf Fälle, die nicht dem ZaDiG unterliegen, erkennen. Es wird vielmehr der Eindruck erweckt, jeder "Kundenwunsch" auf Ausstellung einer Ersatzkarte führe zu einer Entgeltpflicht, selbst wenn eine gesetzliche Verpflichtung zu deren Ausstellung bestehen sollte. Die Klausel verstößt daher gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG.


Klausel 9 (Unsere Konditionen 2014):
Mahnspesen Bankomatmahnung EUR 20

Klausel 10 (Unserer Konditionen 2014):
Mahnspesen EUR 50

Zu Klausel 9 und 10
Für die Tatbestandsmäßigkeit des § 28 KSchG kommt es auch nicht darauf an, ob im rechtsgeschäftlichen Verkehr ein Rechtsgeschäft unter Verwendung der AGB oder Formblätter, die unzulässige Bedingungen als Vertragsbestandteile enthalten, tatsächlich abgeschlossen wurde, sondern es genügt schon deren drohende Verwendung. Der Beweis, dass die vorformulierten Vertragsbestimmungen bereits "verwendet", also in perfekt gewordene Verträge eingegangen sind, ist nicht erforderlich.

Inhaltlich legen beide Klauseln Entgelte für Mahnungen fest, ohne dass auf ein angemessenes Verhältnis zur betriebenen Forderung Bedacht genommen wird. Sie widersprechen damit § 1333 Abs 2 ABGB und begründen eine gröbliche Benachteiligung nach § 879 Abs 3 ABGB.

 
Klausel 11 (Preisblatt für Zahlungsdienstleistungen - Stand Oktober 2014)
Entgelt für manuelle Anweisungsbearbeitung (aufgrund mangelnder Kontodeckung, Sperre, etc.) EUR 4,87 pro Auftrag.

Nach § 27 Abs 3 Z 1 ZaDiG steht ein Entgelt für "Mitteilungen" über die berechtigte Ablehnung eines Auftrags zu. Die Klausel bedient sich aber nicht dieses Terminus, sondern sieht ein Entgelt für die "manuelle Anweisungsbearbeitung" vor, ohne den Inhalt dieses Begriffs klarzustellen. Aus der Textierung ergibt sich zudem, dass die Gründe, die für die manuelle Auftragsbearbeitung ursächlich sind, nicht abschließend genannt sind. Zumindest bei kundenfeindlichster Auslegung verpflichtet diese Klausel den Verbraucher dazu, ein Entgelt für eine "manuelle Anweisungsbearbeitung" selbst dann zu erbringen, wenn eine Verpflichtung der Beklagten zur Durchführung des Auftrags besteht.

Die Klausel ist demnach nicht nur intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG, sondern bewirkt auch eine gröbliche Benachteiligung iSd § 879 Abs 3 ABGB.


Zulässige Klausel

Klausel 12 (Pkt. 3, Bedingungen für die Vermietung von Safes, Fassung 2002):
Die R** wird als Vermieterin vor allem bei der Sicherung des Safes die im Verkehr erforderliche Sorgfalt anwenden, haftet jedoch in Fällen leichten Verschuldens bis zu dem im Safemietvertrag angeführten Höchstbetrag und nicht über den tatsächlichen unmittelbaren Schaden zur Zeit des Verlustes hinaus.

Angesichts des Umstands, dass die beklagte Partei typischerweise keine Kenntnis davon hat, welche Vermögenswerte im Safe verwahrt werden, sie ihr Haftungsrisiko damit kaum einschätzen kann und nicht selten überaus hohe Vermögenswerte betroffen sein werden, erscheint ein Haftungshöchstbetrag auch bei strenger Beurteilung sachlich gerechtfertigt. Zu berücksichtigen ist weiters, dass die Haftung für leichte Fahrlässigkeit nicht völlig ausgeschlossen wird, sondern nur insoweit, als der vertraglich vereinbarte Höchstbetrag überschritten wird bzw Folgeschäden geltend gemacht werden. Auch die Gefahr einer gröblichen Benachteiligung durch eine inadäquat niedrige Haftungshöchstgrenze ist zu verneinen, weil das Vorbringen der beklagten Partei, der Haftungshöchstbetrag umfasse einen "nicht unbeträchtlichen Betrag" von der Klägerin unbestritten blieb.

OGH 20.2.2018, 10 Ob 60/17x
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Klagsvertreter: Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt in Wien

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