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Urteil: OGH zum Rücktrittsrecht bei verbundenen Kreditverträgen

Der OGH hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob dem Käufer eines geplanterweise kreditfinanzierten Pkws ein Rücktrittsrecht nach dem VKrG zusteht, wenn der Kreditvertrag gar nicht zustande kam.

Ein Verbraucher interessierte sich für den Kauf eines Pkw. Ein Mitarbeiter einer Auotverkäuferin (Klägerin) führte mit dem Verbraucher (Beklagter) ein Verkaufs- und Beratungsgespräch zur Kreditfinanzierung. Schließlich unterfertigten die Verkäuferin und der Beklagte ein Kaufvertragsformular; dieser Kauf wurde ausdrücklich als kreditfinanzierter Kauf abgeschlossen. Die Anbahnung und der Abschluss des Kreditvertrags ist bzw wäre unter Vermittlung der Klägerin und über Kontakt zur Klägerin erfolgt.

Die zum Abschluss des Kreditvertrags erforderlichen weiteren Unterlagen hätten der Klägerin am nächsten Tag vorgelegt werden sollen. Die Beklagte brachte aber die Unterlagen nicht. Der Kreditvertrag kam nicht zustande, vielmehr erklärte der Käufer am nächsten Tag den Rücktritt vom "einheitlichen Kredit- und Kaufvertrag".

Die Klägerin begehrte die vertraglich vereinbarte Stornogebühr und Stellgebühren, weil sie meinte, dass dem Käufer mangels Abschlusses vom Kreditvertrag gar kein Rücktrittsrecht zustünde.

Die Klage wurde abgewiesen.

Die Unterinstanzen begründeten die Klagsabweisung damit, dass der Beklagten in Analogie zu §§ 12, 13 VKrG ein Rücktrittrecht zustünde.

Gemäß § 13 Abs 4 VKrG steht dem Verbraucher (binnen einer Woche) ein Rücktrittsrecht vom kreditfinanzierten Geschäfts zu, wenn er gemäß § 12 vom Kreditvertrag zurückgetreten ist.

Der zur Finanzierung des vom Beklagten beabsichtigten Kaufs vorgesehene Kreditvertrag wurde jedoch nicht abgeschlossen. Der Beklagte hat auch kein Anbot auf Abschluss eines solchen Kreditvertrags abgegeben: Eine solche Vertragserklärung liegt insbesondere nicht in der bloß zwischen den Streitteilen vereinbarten Bedingung der "Kreditfinanzierung", weil die Finanzierung nach dem wechselseitigen Vorbringen nicht durch die Klägerin, sondern durch eine über sie vermittelte Bank erfolgen sollte. Schon daher fehlt es an einem Rücktrittsrecht des Beklagten "von einem Kreditvertrag" iSd § 12 VKrG. Auch auf die Frage, ob ein solches Rücktrittsrecht bereits ab Kreditantrag bestehen könnte, braucht nicht weiter eingegangen zu werden.

Der Beklagte kann sich daher nicht unmittelbar auf ein Rücktrittsrecht vom Kaufvertrag nach verbraucherschutzrechtlichen Vorschriften stützen. Auf die von den Vorinstanzen erwogene analoge Anwendung verbraucherschutzrechtlicher Vorschriften kommt es im vorliegenden Fall nicht an:

Nicht strittig ist, dass die Partien einen Kaufvertrag über einen Pkw unter der aufschiebenden Bedingung der Kreditfinanzierung abgeschlossen haben.

Aufschiebend bedingte Verträge verpflichten noch nicht zur Erbringung der Hauptleistung. Durch die vereinbarte Bedingung entsteht ein "Schwebezustand", während dessen nach Allgemeinem bürgerlichen Recht bis zur Klarheit über den Bedingungseintritt (oder -ausfall) grundsätzlich kein Lösungsrecht besteht. Die Parteien des Vertrags müssen alles Erlaubte und Zumutbare tun, um den Bedingungseintritt zu fördern. Bei treuwidriger Vereitelung (bzw Herbeiführung) des Bedingungseintritts durch einen Vertragsteil zum eigenen Vorteil wird der Eintritt (bzw Nichteintritt) der Bedingung fingiert.
 
Im vorliegenden Fall lag die Kreditfinanzierung des Kaufs im Interesse beider Vertragsteile.  Die Klägerin gesteht selbst zu, dass dem Beklagten ab Abschluss des in Aussicht genommenen Kreditvertrags das "von ihm angezogene Rücktrittsrecht" zugestanden wäre. Die Parteien gehen beide davon aus, dass es sich bei diesem Kreditvertrag um einen verbundenen Kreditvertrag gemäß § 13 Abs 1 Z 2 lit b VKrG gehandelt hätte, der dem Beklagten auch den Folgerücktritt vom Grundgeschäft iSd § 13 Abs 4 VKrG ermöglicht hätte.

Vor diesem Hintergrund ist das Berufungsgericht im konkreten Fall im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass dem Beklagten nicht vorgeworfen werden kann, die vereinbarte Bedingung, nämlich den von beiden Seiten beabsichtigten Kreditvertrag, "treuwidrig" vereitelt zu haben. In seiner "Rücktrittserklärung" bezog sich der Beklagte auch auf die in Aussicht genommene und mit dem Kauf des Fahrzeugs verbundene Kreditfinanzierung. Diese Situation entspricht genau dem Schutzzweck der VerbraucherkreditRL (2008/48/EG), die die Möglichkeit vorsieht, dass der Verbraucher gemäß § 12 Abs 1 VKrG von einem Kreditvertrag innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen zurücktreten kann.

Dass es dem Beklagten nicht als treuwidrig vorwerfbar ist, die für die Bonitätsbeurteilung von der Klägerin trotz der Selbstauskunft offenbar für erforderlich gehaltenen Unterlagen vorzulegen, ergibt sich schon aus den dargestellten Regelungen und Wertungen des VKrG: die Klägerin gesteht selbst zu, dass dem Beklagten spätestens bei Abschluss des Kreditvertrags ein begründungsloses (!) Rücktrittsrecht vom Kreditvertrag (§ 12 VKrG) und damit auch ein (ebenso begründungsloses) Folgerücktrittsrecht vom Kaufvertrag (§ 13 Abs 4 VKrG) zugestanden wäre.

Da die aufschiebende Bedingung der Kreditfinanzierung nicht eintrat und dies dem Beklagten nicht als treuwidriges Verhalten zurechenbar war, ist der Kaufvertrag zwischen den Streitteilen nicht wirksam zustande gekommen.

OGH 20.12.2017, 10 Ob 47/17k

Das Urteil im Volltext.

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