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Urteil: OLG Innsbruck: Nachträgliche Zinssatzuntergrenze unzulässig

Das OLG Innsbruck beurteilt das nachträgliche Einziehen einer Zinssatzuntergrenze bei Verbraucherkrediten als unzulässig. Negative Indikatoren müssen weitergegeben werden, bis der Zinssatz Null erreicht. Negativzinsen sind aber nicht auszuzahlen.

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) ging im Auftrag der AK Tirol mit Verbandsklage gegen die Hypo Tirol Bank AG vor, welche im Zusammenhang mit Verbraucherkrediten nachträglich eine Zinssatzuntergrenze in Höhe des vereinbarten Aufschlages eingeführt hatte.

Die Bank hatte Kreditkunden auf Kontoauszügen im Frühjahr 2015 nämlich folgende Information erteilt:

Sehr geehrte Kundin, sehr geehrter Kunde, sollte der der Zinsberechnung bzw. der Zinsanpassung Ihres Vertrages (z.B. Kreditvertrag, Girokontenvertrag) jeweils zugrundeliegende Indikator (EURIBOR - Euro Interbank Offered Rate / LIBOR - London Interbank Offered Rate) unter einen Wert von 0,00 % fallen, so wird für den Indikator der Zinsberechnung bzw. der Zinsanpassung ein Wert von 0,00 % herangezogen.

Kunden, welche dieser Kontomitteilung widersprochen hatten, erhielten von der Bank per Brief die Nachricht, dass die Haltung der Bank wirtschaftlich und rechtlich korrekt sei.

In den ursprünglichen Kreditverträgen war zumeist keine derartige Zinssatzuntergrenze vereinbart gewesen. Vielmehr sollte sich der Zinssatz nach den vereinbarten Zinsgleitklauseln aus einem Indikator (Euribor oder LIBOR) zuzüglich eines fixen Aufschlags errechnen.

Bereits das LG Innsbruck hatte die Einführung einer derartigen Zinssatz-Untergrenze als unzulässig beurteilt. Ein negativer Wert des Indikators müsse weitergegeben werden, bis der Zinssatz Null erreicht. Damit hatte das LG Innsbruck keine Verpflichtung der Bank gesehen, Negativzinsen auszuzahlen.

Das OLG Innsbruck bestätigt diese Entscheidung. Zunächst verweist es darauf, dass durch die Kontomitteilung eine nachträgliche Interpretation der Zinsgleitklauseln erfolgt, welche damit einseitig wesentlich verändert werden. Somit droht eine Rechtsverletzung, weshalb auch eine Klagsführung durch den VKI nach § 28a KSchG möglich ist.

Zur Auslegung der Zinsgleitklauseln hält das OLG Innsbruck fest, dass der objektive Wortlaut eindeutig ist: Demnach kann ein positiver Aufschlag durch Addition mit einem negativen Indikator teilweise und auch zur Gänze aufgezehrt werden. Somit liegt vor allem auch keine Vertragslücke vor, weshalb keine Notwendigkeit einer ergänzenden Vertragsauslegung besteht.

Gleichzeitig meint das OLG Innsbruck, dass das Leitbild des Kreditvertrags Negativzinsen ausschließen würde. Denn nach § 988 ABGB würde sich ergeben, dass der Kreditnehmer und nicht der Kreditgeber Zinsen zu zahlen habe. Ein Zinssatz von Null stellt demnach die absolute Untergrenze für einen entgeltlichen Kredit dar. Die Vorgaben des § 6 Abs 1 Z 5 KSchG würden dem nicht entgegenstehen.

Im Hinblick auf die ungeklärte Grundfrage zu Negativzinsen bei Verbraucherkrediten wurde die ordentliche Revision an den OGH zugelassen. Das Urteil ist somit nicht rechtskräftig.

OLG Innsbruck 28.6.2016, 4 R 58/16k
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Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien


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