Zum Inhalt

Urteil: OLG Linz bestätigt: Verbraucherkreditgesetz auf Autopfandleiher anwendbar

Der VKI klagte im Auftrag des Sozialministeriums erfolgreich die AA Autopfandleihe GmbH zum einen wegen der Zinsgestaltung und zum anderen wegen der Frage, ob das Verbraucherkreditgesetz (VKrG) anwendbar ist.

Der beklagte Autopfandleiher verwendete folgende Zinstabelle:

1.    Pretiosen und Effekten                Versicherung                        Kfz
Darlehen         Zinsen               Darlehen             Zinsen                Darlehen    Zinsen
   50,00 EUR      2,00 EUR              300,00 EUR       15,00 EUR        300,00EUR        22,50EUR
  100,00 EUR    4,00 EUR               500,00 EUR       25,00 EUR        500,00EUR        37,50EUR
  150,00 EUR    4,50 EUR               700,00 EUR       35,00 EUR        700,00EUR        52,50EUR
  200,00 EUR    6,00 EUR             1.000,00 EUR      50,00 EUR       1.000,00EUR        75,00EUR
  250,00 EUR    7,50 EUR             1.300,00 EUR    65,00 EUR         1.300,00EUR        97,50EUR
  300,00 EUR    9,00 EUR             1.500,00 EUR    75,00 EUR          1.500,00EUR     112,50EUR
  350,00 EUR    10,50 EUR           1.700,00 EUR    85,00 EUR         1.700,00EUR     127,50EUR
  400,00 EUR    12,00 EUR           2.000,00 EUR    100,00 EUR        2.000,00EUR     150,00EUR
  450,00 EUR    13,50 EUR           2.300,00 EUR    115,00 EUR        2.300,00EUR     172,50EUR
  500,00 EUR    15,00 EUR           2.500,00 EUR    125,00 EUR        2.500,00EUR     187,50EUR
  550,00 EUR    16,50 EUR           2.700,00 EUR    135,00 EUR        2.700,00EUR     202,50EUR
  600,00 EUR    18,00 EUR           3.000,00 EUR    150,00 EUR        3.000,00EUR     225,00EUR
  650,00 EUR    19,50 EUR           3.500,00 EUR    175,00 EUR        3.500,00EUR     262,50EUR
  700,00 EUR    21,00 EUR           4.000,00 EUR    200,00 EUR        4.000,00EUR     300,00EUR
  750,00 EUR    22,50 EUR           5.000,00 EUR    250,00 EUR        5.000,00EUR     375,00EUR
  800,00 EUR    24,00 EUR           6.000,00 EUR    300,00 EUR        6.000,00EUR     450,00EUR
  850,00 EUR    25,50 EUR           7.000,00 EUR    350,00 EUR        7.000,00EUR     525,00EUR
  900,00 EUR    27,00 EUR           8.000,00 EUR    400,00 EUR        8.000,00EUR     600,00EUR
  950,00 EUR    28,50 EUR           9.000,00 EUR    475,00 EUR        9.000,00EUR     675,00EUR
1000,00 EUR    30,00 EUR         10.000,00 EUR    500,00EUR       10.000,00EUR     750,00EUR


2.    Bearbeitungsgebühren
1,00 EUR    bis Darlehen        10,00 EUR                Pro Umsetzung, Neubelehnung
2,00 EUR    bis Darlehen        400,00 EUR                und Auslösung wird eine
3,00 EUR    bis Darlehen        700,00 EUR                Bearbeitungsgebühr - abhängig
5,00 EUR    ab Darlehen        700,00 EUR                vom Darlehen - verrechnet

Die Zinsenberechnung erfolgt im 30 Tage Durchrechnungszeitraum.

Auch persönliche Haftung des Darlehensnehmers

Selbst der Geschäftsführer der Beklagten hat ausgesagt hat, dass sich aus den verwendeten Vertragsformblättern nicht ergibt, dass die Kunden nicht auch persönlich in Anspruch genommen werden können. Aus Punkt 4. der Bedingungen zum KFZ-Belehnungsvertrag ergibt sich ausdrücklich, dass der Verpfänder auch persönlich für die Rückzahlung des Darlehens samt Zinsen und Nebenkosten haftet. Überdies meldet die Beklagte im Insolvenzfall des Pfandgebers den Darlehensbetrag samt Bearbeitungsgebühr und Zinsen als Insolvenzforderung an, was ebenfalls dafür spricht, dass die Beklagte selbst von einer persönlichen Haftung der Darlehensnehmer ausgeht.

Intransparenz der Zinstabelle
Durch die Geschäftspraxis der Beklagten (Zinsen werden nicht in Prozenten, sondern in absoluten Beträgen für die Dauer von 30 Tagen angegeben) wird für den Verbraucher dieVergleichbarkeit mit anderen Kreditalternativen erheblich erschwert wird. Bei "herkömmlichen" üblichen Kreditangeboten werden die Zinsen als Jahreszinssatz ausgewiesen. Um also das Pfandleihangebot der Beklagten mit anderen Kreditalternativen vergleichen zu können, müsste der Verbraucher den auf Monatsbasis angegebenen Zinsbetrag mit 12 multiplizieren, das Produkt durch den Kreditbetrag dividieren und schließlich den Quotienten dieser Division mit 100 multiplizieren. Dazu wird ein wesentlicher Teil der Verbraucher nicht in der Lage sein, zumindest wird er auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen, weshalb die Zinsentabelle der Beklagten tatsächlich nicht dem Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG genügt. Auf die Frage, ob die Zinsenhöhe auch sittenwidrig im Sinn des § 879 Abs 2 Z 4 ABGB ist, kommt es daher laut OLG Linz nicht entscheidungswesentlich an.

Auch die Bearbeitungsgebühren ist iSd § 6 Abs 3 KSchG zu beanstanden sind. Durch die Verwendung des Fachausdruckes der "Umsetzung" sowie dadurch, dass dieser Begriff in § 155 GewO angeführt ist, ist für die Beklagte nichts gewonnen, weil der durchschnittliche Verbraucher nicht erkennen kann, dass diese Bearbeitungsgebühr auch bei jeder monatlichen Verlängerung des Kredits anfällt.

Anwendbarkeit des Verbraucherkreditgesetzes (VKrG)
Da sich aus den Urkunden der Beklagten kein Anhaltspunkt dafür ergibt, dass deren Kunden nur mit der Pfandsache haften würden, ist schon deshalb der Ausnahmetatbestand des § 4 Abs 2 Z 2 VKrG nicht erfüllt. Hinzu kommt, dass der Regelungszweck des § 4 Abs 2 Z 2 VKrG zwar grundsätzlich die Pfandleihe im Auge hat, jedoch nicht an sachenrechtlich wirksame Pfandbestellungen anknüpft, sondern nur eine Ausnahme für Kreditverträge statuiert, bei denen der Kreditnehmer nur mit einer dem Kreditgeber übergebenen Sache haftet.

In der Geschäftspraxis der Beklagten wird das Pfand, also das Kraftfahrzeug, nicht an die Beklagte übergeben, sondern weiterhin vom Pfandbesteller benützt (dies ganz unabhängig davon, ob die Pfandbestellung sachenrechtlich wirksam ist). Auch der Gesetzgeber hat diese Ausnahmebestimmung für "reine" Pfandleihverträge, also für reine Sachhaftungen, damit begründet, dass keine Pflicht des Pfandgebers zur Darlehensrückzahlung vorliege, daher ein schwach ausgeprägtes Risikoprofil vorhanden sei und diese Verträge zur raschen und kurzfristigen Überbrückung finanzieller Engpässe gegen Verpfändung von regelmäßig entbehrlichen Gegenständen dienen (650 der Beilagen XXIV. GP, Punkt B.4 im Allgemeinen Teil der Erläuterungen). Ein KFZ, das der Pfandgeber weiterbenützen will, ist regelmäßig nicht leicht entbehrlich, sodass das Geschäftsmodell der Beklagten nicht nur vom Wortlaut, sondern auch vom Regelungszweck nicht von der Ausnahmebestimmung des § 4 Abs 2 Z 2 VKrG erfasst ist.

Das Urteil ist rechtskräftig.


OLG Linz 25.4.2016, 4 R 183/15g
Volltextservice
Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien


Lesen Sie mehr:

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

VKI: OGH beurteilt Kreditbearbeitungsgebühr der WSK Bank als unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums die WSK Bank wegen unzulässiger Klauseln in ihren Kreditverträgen geklagt. Jetzt liegt die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) vor: Dieser beurteilt diverse Gebühren und Spesenklauseln in den Kreditverträgen als unzulässig, darunter auch die Kreditbearbeitungsgebühr in Höhe von 4 Prozent. Betroffene Kund:innen der WSK Bank haben nach Ansicht des VKI Rückforderungsansprüche.

Timesharing-Anbieter Hapimag – 48 Klauseln unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Die Hapimag ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, die ihren Mitgliedern Ferienwohnungen, Apartments und Hotels zur Verfügung stellt. Der VKI beanstandete 48 Bestimmungen in Geschäftsbedingungen, Reservierungsbestimmungen, Buchungsinformationen und den FAQs des Unternehmens. Das Handelsgericht Wien (HG Wien) erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Unzulässige Gebühren der Unicredit

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die UniCredit BAnk Austria AG wegen mehreren Gebühren geklagt. Das OLG Wien hat fast alle der eingeklagten Klauseln für unzulässig erklärt.

Krankengeldversicherung: Geltungskontrolle

Krankengeldversicherung: Geltungskontrolle

Ist eine Leistungsbeschränkung für das Krankentagegeld in den Bedingungen für eine Krankengeldversicherung nicht unter der Überschrift „Leistungsvoraussetzungen“, sondern im Kapitel „Beendigung der Versicherung“ enthalten, ist sie ungewöhnlich und damit unwirksam.

Unzulässiger Deckungsausschluss: Hoheitsverwaltungsklausel

Unzulässiger Deckungsausschluss: Hoheitsverwaltungsklausel

Der VKI hatte die ARAG SE Direktion für Österreich wegen drei Ausschlussklauseln in den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung (ARB 2020) geklagt. Gegenstand des Verfahrens vor dem OGH war nur noch eine Klausel davon, nämlich die sog Hoheitsverwaltungsklausel.

Unzulässiger Stornoabzug bei UNIQA-Lebensversicherung

Unzulässiger Stornoabzug bei UNIQA-Lebensversicherung

Der VKI hatte die UNIQA Österreich Versicherungen AG geklagt. Inhalt der Klage waren 18 Klauseln aus den AVB für Lebensversicherungen. Während der VKI bereits in den Unterinstanzen die Mehrzahl der Klauseln rechtskräftig gewonnen hatte, waren noch drei Klauseln Gegenstand des Verfahrens vor dem OGH. Der OGH bestätigte nun auch die Gesetzwidrigkeit dieser Klauseln.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang