Anbieter der prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge in Form einer Lebensversicherung schließen bei der prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge eine Kündigung vor Ablauf der steuerlichen Mindestbindefrist von 10 Jahren in den Versicherungsbedingungen aus. Ob ein derartiger Ausschluss einer Kündigung seitens der Versicherung allerdings zulässig und auch zivilrechtlich wirksam ist, ist fraglich.
Nach einem rechtskräftigen Berufungsurteil des Handelsgerichtes Wien sind derartige Verträge nach den zwingenden Bestimmungen des Versicherungsvertragsgesetzes jährlich kündbar (vgl. VR-Info 10/2009). Die Vorgaben des Einkommenssteuergesetzes hinsichtlich Mindestbindefrist betreffen demnach nur das Verhältnis der KonsumentInnen zur Abgabenbehörde und hindern die Kündbarkeit nicht. Es kann allerdings bei einer Kündigung zu einer Nachversteuerung kommen.
Das OLG Wien beurteilt die Zulässigkeit eines Kündigungsausschlusses in einem aktuellen Verfahren des VKI im Auftrag des BMASK anders. Es geht dabei zunächst von einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes zur Unwiderruflichkeit des Auszahlungsplanes in der Pensionszusatzversicherung nach § 108b EStG aus (VfGH 3.3.2003, VfSlg 16821). Der VfGH hatte für die - zur Frage der Kündbarkeit deutlich klareren Regelungen der Pensionzusatzversicherung ("… der Rückkauf ist ausgeschlossen …") - keine verfassungsrechtlichen Bedenken gesehen.
Das OLG Wien orientiert sich offenbar an dieser Entscheidung des VfGH und folgert - bei anderem Gesetzeswortlaut hinsichtlich der Zukunftsvorsorge - in gleicher Weise, dass die Bestimmungen des Einkommenssteuergesetzes den zwingenden Kündigungsregeln im Versicherungsvertragsgesetz vorgehen. Die Verwendung der Worte "unwiderruflich" und "mindestens" würde den Charakter eines unabänderbaren Kündigungsverzichtes in sich tragen.
Außerdem zieht das OLG Wien auch den Bericht des Finanzausschusses als Begründung für seine Einschätzung heran. Dieser wird zwar hinsichtlich seiner normativen Kraft auch vom OLG Wien als unverbindlich bezeichnet, dennoch stütze er die aus dem Wortlaut des EStG gewonnene Interpretation.
Im Übrigen sei die Mindestbindung von 10 Jahren im Hinblick auf die Einrichtung einer dritten (den Staatshaushalt entlastenden) Säule des Pensionssystems aus wirtschaftlicher Sicht sachlich gerechtfertigt um ein größtmögliches Kapital zur Verrentung zu schaffen. Dass der Gesetzgeber trotz Vorliegen des Urteiles des HG Wien keine Klarstellung hinsichtlich der Kündbarkeit vorgenommen habe, sei für das OLG Wien kein Indiz für die Auslegung der fraglichen Regelungen.
Das Urteil des OLG Wien ist rechtskräftig.
Sofern Versicherungen Auflösungen ablehnen bleibt jedenfalls die Möglichkeit einer Prämienfreistellung, d.h. der Vertrag läuft ohne Einzahlungen weiter - zumindest bis zum Ablauf der Mindestbindefrist.
OLG Wien 16.3.2011, 4 R 328/10z
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Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien