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Urteil: Rechtswidrige Erhebung von Bonitätsdaten - immaterieller Schadenersatz

Wenn ein Wirtschaftsauskunftsdienst Bonitätsdaten verwendet und dem Betroffenen davon keine Mitteilung macht, dann verstößt diese Datensammlung gegen Treu und Glauben und macht schadenersatzpflichtig.

In der Datenbank eines Wirtschaftsauskunftsdienstes befand sich eine Eintragung über einen Konsumenten, wonach gegen diesen eine Forderung von € 100,00 außergerichtlich von einem Inkassobüro betrieben wird. Diese Forderung über einen "Unkostenbeitrag" für Abfallbeseitigung stammt von einer Vorschreibung eines Überwachungsunternehmens von Müllplätzen. Der Konsument habe Müll neben den Containern abgelegt. Diese Forderung hatte der Konsument bereits im Vorfeld gegenüber dem betreibenden Inkassobüro bestritten und auch nicht bezahlt. Als der Konsument für seinen Sohn einen Handyvertrag abschließen wollte, wurde der Vertragsabschluss mit der Begründung des negativen Eintrages in der Datenbank von Deltavista abgelehnt.
Im Auftrag des BMASK hat der VKI in der Folge unter Abtretung des Anspruches eine Klage auf Schadenersatz gemäß § 33 DSG in der Höhe von € 750,00 eingebracht und über alle drei Instanzen Recht bekommen.

Eingangs führte der OGH aus, dass sich der VKI all jene Ansprüche abtreten lassen kann, die nach den Statuten als dessen Aufgabe zu qualifizieren sind. Der datenschutzrechtliche Anspruch auf angemessene Entschädigung wegen erlittener Kränkung nach § 33 Abs 1 DSG sei jedenfalls abtretbar.

In der Folge erkannte der OGH in mittlerweile gefestigter Rechtsprechung, dass es für die öffentliche Zugänglichkeit einer Datei nicht erforderlich ist, dass "jedermann" Einsicht in eine bestimmte Datei nehmen kann. Es reiche vielmehr aus, dass es einen entsprechend großen Kreis an Abfrageberechtigten gäbe und das berechtigte Interessen an der Einsichtnahme im Einzelfall nicht überprüft würden. Es gäbe daher keinen Grund, den Ausdruck "öffentlich zugänglich" in § 33 Abs 1 zweiter Satz DSG anders auszulegen.

Als wesentlichsten Punkt erkannte der OGH, dass der Betroffene benachrichtigt werden muss, wenn Daten verarbeitet werden, die die Kreditwürdigkeit des Betroffenen massiv beeinträchtigen. Wenn eine Benachrichtigung nicht erfolge, sei die Datenverarbeitung rechtswidrig. Die Eintragung in die Datenbank sei im vorliegenden Fall rechtswidrig erfolgt, weil der Konsument nicht entsprechend benachrichtigt worden sei. Der in § 6 Abs 1 Z 1 DSG verankerte Grundsatz, dass Daten nur nach Treu und Glauben verwendet werden dürfen, erfordere eine entsprechende Benachrichtigung des Betroffenen, um ihm die Möglichkeit zu geben, sich gegen eine - seiner Meinung nach ungerechtfertigte Eintragung - zur Wehr setzen zu können. Die Verständigungspflicht habe auch nicht nur das Inkassobüro betroffen, weil sich der Zweck der Datenanwendung auf Auskunftserteilung über die Kreditwürdigkeit des Betroffenen geändert habe. Daher sei die Aufnahme der Daten ein neuer Eingriff in die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen und es sei neuerlich § 6 Abs 1 Z 1 DSG anzuwenden, was eine Verständigung des Betroffenen voraussetze.
Auch die Registrierung der Beklagten beim Datenverarbeitungsregister (DVR) entbinde nicht von der Verständigungspflicht. Ein "durchschnittlich informierter Betroffener" müsse auch nicht damit rechnen, das ein Inkassobüro Daten, die die Einziehung einer Forderung beträfen, zu der es gemäß § 118 Abs 3 GewO nicht berechtigt sei, an einen anderen übermittle, der Daten zur Auskunftserteilung über die Kreditwürdigkeit des Betroffenen in seine Datenbank aufnehme. Die Datenverwendung von Deltavista sei auch nicht in gesetzlich angeordnet (§ 152 GewO enthalte nach seiner klaren Fassung keine Bestimmung für die Ermittlung von Daten), sodass die Informationspflicht von Deltavista gemäß § 24 Abs 1 DSG entfallen könne. Die rechtswidrige Aufnahme in die Zahlungsverhaltensdatenbank sei auch geeignet, den Betroffenen in der Öffentlichkeit bloßzustellen. Dies selbst, wenn Daten der in § 18 Abs 2 Z 1 bis 3 DSG genannten Art nur für eine begrenzte Öffentlichkeit sichtbar oder für einen begrenzten Kreis von Personen bekannt seien, weil das nicht ausschließe, dass durch die öffentlich zugängliche Verwendung dieser Daten schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen in einer Weise verletzt würden, die eine Bloßstellung in der Öffentlichkeit gleichkomme. Der OGH wies daher die Revision des beklagten Wirtschaftsauskunftsdienstes zurück. Der Wirtschaftsauskunftsdienst muss daher an den Betroffenen immateriellen Schadenersatz nach § 33 DSG in Höhe von € 750,00 bezahlen.

OGH, 17.12.2009, 6 Ob 247/08d
Klagevertreter: Dr. Thomas Höhne

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