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Urteil: Unwirksame Klauseln bei Teilschuldverschreibung

In einer Verbandsklage des VKI gegen die R-Quadrat Capital Gamma GmbH sieht das OLG Wien sieben Klauseln einer Teilschuldverschreibung als gesetzwidrig an.

Der VKI klagte im Auftrag des BMSK die R-Quadrat Capital Gamma GmbH, die Teilschuldverschreibungen emittiert, wegen gesetzwidriger Klauseln in den allgemeinen Geschäftsbedingungen der "Teilschuldverschreibung RQ REPO Bond 2007-2013".

Das Handelsgericht Wien hatte 6 der 7 vom VKI inkriminierten Klauseln für gesetzwidrig erklärt. Das OLG Wien hat der Berufung des VKI Folge gegeben und eine weitere Klausel als gesetzwidrig angesehen, andererseits zum die Klausel zur Teilnichtigkeit differnziert beurteilt.

Konkret geht es um folgende Klauseln:

1. Erfüllung: Die Emittentin wird durch Leistung von Zahlungen aus den Teilschuldverschreibungen an die Zahlstelle oder deren Order von ihrer Zahlungspflicht befreit. Eine Zahlung aus den Teilschuldverschreibungen gilt als rechtzeitig, wenn sie am Fälligkeitstag nicht später als 12 Uhr auf dem Konto der bestellten Zahlstelle einlangt. (§ 6 Abs 4 AGB)

Der VKI argumentierte damit, dass durch diese Klausel das Insolvenzrisiko der Zahlstelle auf den Anleihegläubiger übertragen wird. Das Gericht folgte dieser Argumentation. Eine Bestimmung, wonach die Emittentin von ihrer Schuld befreit wird, wenn sie an eine Zahlstelle zahlt, die zum Anleihegläubiger in keinem Vertragsverhältnis steht, benachteiligt den Anleihegläubiger gröblich. Dieser trägt neben dem Risiko der Insolvenz des Emittenten zusätzlich noch das Risiko der Insolvenz der Zahlstelle. Dazu komme noch, dass sich die Beklagte vorbehalte, die Zahlstelle ändern zu können. Damit kann sich der Verbraucher auch durch Prüfung der Bonität der zunächst vereinbarten Zahlstelle nicht dagegen schützen, dass nicht später eine Zahlstelle, deren Bonität er nicht prüfen konnte, an deren Stelle tritt. Die Klausel ist daher nichtig gem § 879 Abs 3 ABGB.

2. Jeder Anleihegläubiger ist jedoch berechtigt, seine Teilschuldverschreibungen zu kündigen und deren sofortige Rückzahlung zum Ausgabekurs gemäß § 4 Abs (1) dieser Bedingungen, zuzüglich aliquoter Verzinsung gemäß § 5 Abs (2), bis zum Tage der Kündigung zu verlangen, falls:
(i) die Emittentin ihre Zahlungen einstellt oder ihre Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung allgemein bekannt gibt, oder ihren Gläubigern eine allgemeine Regelung zur Bezahlung ihrer Schulden anbietet; oder
(ii) ein Gericht ein Insolvenzverfahren gegen die Emittentin eröffnet oder ein solches Insolvenzverfahren mangels kostendeckenden Vermögens abgelehnt wird.
Das Kündigungsrecht erlischt, falls der Kündigungsgrund vor wirksamer Ausübung des Rechts gemäß Abs (2) geheilt wurde.
In den Fällen gemäß Abs (1) wird eine Kündigung erst wirksam, wenn bei der Zahlstelle Kündigungserklärungen von Anleihegläubigern im Nominale von mindestens 1/10 der dann ausstehenden Teilschuldverschreibungen eingegangen sind. (§ 7 Abs 1 und 2 AGB)

Der VKI argumentierte hier, dass hiermit das bei allen Dauerschuldverhältnissen bestehende unabdingbare Kündigungsrecht aus wichtigem Grund eingeschränkt wird. Zum einen soll den Anleihegläubiger ein außerordentliches Kündigungsrecht erst und ausschließlich dann zustehen, wenn die Emittentin bereits zahlungsunfähig geworden ist. Zum anderen soll eine außerordentliche Kündigung selbst im Fall einer bereits eingetretenen Zahlungsunfähigkeit der Emittentin erst und nur dann wirksam werden, wenn bei der Zahlstelle Kündigungserklärungen von Anleihegläubigern im Nominale von mindestens 1/10 der dann ausstehenden Teilschuldverschreibungen eingegangen sind.

Das Erstgericht sah die Klausel als zulässig an. Das OLG folgte der Argumentation des VKI.

3. Alle Mitteilungen der Anleihegläubiger an die Zahlstelle, insbesondere eine Kündigung der Teilschuldverschreibungen gemäß Abs (1), sind schriftlich in deutscher Sprache per Einschreiben an die Zahlstelle zu übermitteln. Mitteilungen werden (vorbehaltlich Abs (2)) mit Zugang an die Zahlstelle wirksam. Der Mitteilung ist ein Nachweis darüber beizufügen, dass der betreffende Anleihegläubiger zum Zeitpunkt der Mitteilung Inhaber der betreffenden Teilschuldverschreibungen ist. Der Nachweis kann durch eine Bescheinigung der Depotbank oder auf andere geeignete Weise erbracht werden. (§ 7 Abs 3 AGB)

Die Klausel widerspricht nach Ansicht des HG Wien eindeutig dem Wortlaut von § 6 Abs 1 Z 4 KSchG. Eine strengere als die Schriftform darf durch Vereinbarung mit Konsumenten nicht statuiert werden. Die Klausel ist daher nichtig. Das Ersturteil wurde in Bezug auf diese Klausel nicht bekämpft.

4. Kündigung durch die Emittentin: Die Emittentin ist berechtigt, die Teilschuldverschreibungen während der Laufzeit jeweils zum 30. Juni eines jeden Kalenderjahres, erstmalig jedoch zum 30. Juni 2009, mit Wirkung und Fälligkeit jeweils zum 1. August desselben Kalenderjahres durch Bekanntmachung gemäß § 11 der Bedingungen zu dem sich aus § 7 Abs (5) der Bedingungen ergebenden Kurs zu kündigen, mit welchem sämtliche Ansprüche des Anleihegläubigers abgefunden sind. (§ 7 Abs 4 AGB)

Diese Bestimmung sieht - während der 6-jährigen Laufzeit der Anleihe - eine zusätzliche einseitige Kündigungsmöglichkeit für die Emittentin vor, ohne den Anleihegläubigern ein äquivalentes zusätzliches Kündigungsrecht einzuräumen.

Die Beklagte argumentierte, dass der Anleihegläubiger die Anleihe jederzeit frei veräußern könne und daher keine gröbliche Benachteiligung vorliege.

Der VKI verwies auf den Ausgabeaufschlag von immerhin 5% - bei einer Kündigung seitens der Beklagten bereits nach 2 Jahren könnten sich diese Anfangskosten nicht amortisieren.

Dieses Argument war für das Berufungsgericht wesentlich, die Klausel als gröblich benachteiligend zu beurteilen. Die Anleihegläubiger tragen von Anfang an das Insolvenzrisiko und haben - bei sinkender Bonität der Emittentin kaum die Chance, ihr Kapital durch Verkauf zu retten, dagegen könne im fall eines florierenden Investments die Emittentin kündigen und die Anleihegläubiger auszahlen, um den eigenen Gewinn zu steigern; das mit der Konsequenz, dass die Anleihegläubiger in diesem Fall nicht im zugesagten Ausmaß am wirtschaftlichen Erfolg teilnehmen können.

Daher ist die Klausel gröblich benachteiligend gem § 879 Abs 3 ABGB.

5. Änderung der Bedingungen: Die Versammlung der Anleihegläubiger fasst ihre Beschlüsse mit einfacher Mehrheit des anwesenden oder gültig vertretenen Nominales, wobei Nominale EUR 100,-- jeweils eine Stimme gewähren. Beschlüsse, die eine Änderung der Bedingungen zum Gegenstand haben, können nur auf Vorschlag der Geschäftsführung der Emittentin und nur mit einer Mehrheit von 75 % des anwesenden oder gültig vertretenen Nominales gefasst werden, wobei Nominale EUR 100,-- jeweils eine Stimme gewähren. (§ 12 Abs 5 AGB)

Sinn dieser Klausel ist es, eine Vertragsänderungsmöglichkeit während aufrechtem Dauerschuldverhältnis zu ermöglichen. Nach dem Inhalt dieser Bestimmung soll dies auch gegenüber Vertragspartnern möglich sein, die einer derartigen Änderung inhaltlich nicht zustimmen. Da derartige Änderungen auch Verschlechterungen für den Anleihegläubiger mit sich bringen können, ist diese Bestimmung jedenfalls gröblich benachteiligend für die Anleihegläubiger. Die Klausel ist daher nichtig.

6. Gerichtsstand: Für alle Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit den Teilschuldverschreibungen ist das für Handelssachen jeweils zuständige Gericht in Wien, Innere Stadt, ausschließlich zuständig. (§ 13 Abs 2 AGB)

Gemäß § 14 Abs 1 KSchG kann mit Verbrauchern nur ein Gerichtsstand vereinbart werden, wenn damit die Zuständigkeit eines Gerichtes begründet wird, in dessen Sprengel der Konsument seinen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder den Ort seiner Beschäftigung hat. Da die vorliegende Klausel eine derartige Einschränkung nicht vorsieht, ist sie nichtig. Dieser Teil der Entscheidung des Erstgerichtes wurde nicht bekämpft.

7. Teilnichtigkeit: Sollten irgendwelche Bestimmungen dieser Bedingungen ganz oder teilweise rechtsunwirksam sein oder werden, so bleiben die übrigen Bestimmungen dieser Bedingungen in Kraft. Unwirksame Bestimmungen sind dem Sinn und Zweck dieser Bedingungen entsprechend durch wirksame Bestimmungen zu ersetzen, die in ihren wirtschaftlichen Auswirkungen denjenigen der unwirksamen Bestimmungen so nahe kommen wie rechtlich möglich. (§ 13 Abs 3 AGB)

Nach ständiger Rechtsprechung verstößt eine salvatorische Klausel, wie sie in der Klausel enthalten ist, gegen § 6 Abs 3 KSchG. Schon eine geltungserhaltende Reduktion nichtiger AGB-Bestimmungen ist gegenüber Konsumenten unzulässig, umso mehr eine Vertragsbestimmung, die derartiges vorsieht. Das OLG sieht daher den zweiten Satz der Klausel als nichtig an; dagegen sei der erste Satz wirksam vereinbarbar.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

OLG Wien 4.8.2008, 5 R 63/08h
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Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien

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