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Urteil: Unzulässige AGB-Klauseln von Card Complete

Der VKI führt im Auftrag des Sozialministeriums ein Verbandsverfahren gegen die Card Complete Service Bank AG wegen unzulässiger Klauseln in deren AGB. Nach dem Handelsgericht erklärte nun auch das Oberlandesgericht Wien zahlreiche Klauseln als rechtswidrig.

Klausel 1 (Punkt 5.7):

... Verlust oder Diebstahl sind überdies sofort den örtlichen Behörden anzuzeigen.

Der Kläger sah hier einen Verstoß gegen § 36 Abs 2 ZaDiG sowie eine gröbliche Benachteiligung und Intransparenz. Dem folgte das Erstgericht.

Das Berufungsgericht erklärte die Klausel hinsichtlich der Passage "Verlust oder Diebstahl sind überdies sofort den örtlichen Behörden anzuzeigen" ebenfalls für unzulässig.

§ 36 Abs 2 ZaDiG fordert lediglich die Anzeige beim Zahlungsdienstleister (ZDL) oder einer von diesem betrauten Stelle. Der ZDL soll so die Möglichkeit zur Setzung von schadensabwendenden Maßnahmen eingeräumt werden. Laut Berufungsgericht ist die Verständigung des Kartenausstellers ausreichend. Dies gilt auch dann, wenn das Kreditkartenunternehmen im Einzelnen ein Interesse an der Benachrichtigung dieser örtlichen Behörden hat, beispielswiese wenn "Imprintergeräte" eingesetzt werden. Das Berufungsgericht ordnete der Behördenverständigung lediglich "bloß untergeordnete Bedeutung" zu. 

Die Erweiterung der Meldepflichten gem § 36 Abs 2 ZaDiG würde zur Sinnentleerung des Verbotes des § 26 Abs 6 ZaDiG führen.

Dem Argument, die Klausel enthalte keine Haftungsregelung, stand der Klauselwortlaut entgegen und wird dies laut Berufungsgericht auch vom durchschnittlichen Verbraucher als Sorgfaltspflichtstatuierung gesehen.

Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt auch insoweit vor, als die inkriminierte Klausel offen lässt, bei welcher "örtlichen Behörde" eine Meldung zu erfolgen habe. Dem Argument, es wäre der Beklagten nicht möglich alle örtlichen Behörden namentlich aufzuführen, hielt das Gericht entgegen, dass dies dann noch viel weniger von einem Verbraucher verlangt werden könne.

In den restlichen Sätzen dieser Klausel "Wird die Karte verloren oder gestohlen oder stellt der KI missbräuchliche Verwendungen mit der Karte fest, so hat er dies unverzüglich fernmündlich oder fernschriftlich unterfertigt card complete zu melden. Der KI hat bei fernmündlicher Benachrichtigung seine Identität und Berechtigung durch die Angabe personenbezogener Daten glaubhaft zu machen. ...Wird die als abhanden gekommen gemeldete Karte später wieder gefunden, ist sie unverzüglich entwertet (z.B. durch Zerschneiden) card complete zurückzugeben und darf nicht weiter verwendet werden." wurde vom OLG ein materiell eigenständiger Regelungsbereich in Form von eigenständigen Pflichten gesehen; die Klage in diesem Punkt wurde daher abgewiesen, das Unterlassungsgebot auf die Verständigungspflicht der örtlichen Behörden beschränkt.

Klausel 2 (Punkt 7.2):
Der KI anerkennt die Richtigkeit der Monatsrechnung dem Grunde und der Höhe nach, sofern er nicht unverzüglich, jedoch längstens binnen 30 Tagen/bei Zahlungsanweisungen ohne bestimmten Betrag (Punkt 4.2.) binnen acht Wochen/bei Transaktionen, denen keine oder eine abweichende Zahlungsanweisung zugrunde liegt (Punkt 7.3.) längstens binnen 13 Monaten nach Zustellung schriftlich unterfertigt oder durch andere von card complete zugelassene Verfahren, die den KI verifizieren, widerspricht. card complete wird den KI in der Monats rechnung auf die 30-tägige/8-wöchige/13-monatige Frist, den Fristbeginn und die Bedeutung seines Verhaltens besonders hinweisen.

Der Kläger sah hier einen Verstoß gegen § 36 Abs 3 ZaDiG, weil die Klausel die Frist gem § 46 unzulässig verkürzt.

Das Gericht strich die Differenz zwischen dem Gesetzeswortlaut gem § 36 Abs 3 ZaDiG (welcher Ansprüche gem § 46 ZaDiG sowie gem § 44 ZaDiG erfasst) und dem Klauseltext heraus. Sicher umfasst die Klausel für das Berufungsgericht Ansprüche gem § 44 ZaDiG. Bei Ansprüchen gem § 46 ZaDiG sei dies nicht so klar.

Das Berufungsgericht folgte dem Erstgericht und bestätigte die - bei konsumentenfeindlichster Auslegung jedenfalls vorliegende - nicht vollständige Erfassung aller Fälle gem § 46 ZaDiG durch die Klausel. 

Klausel 3 (Punkt 8):
Umrechnung von Fremdwährungen Zahlungsanweisungen des KI in Fremdwährungen werden zu einem von card complete gebildeten und auf der Website www.cardcomplete.com veröffentlichten Kurs in Euro umgerechnet. Der Tag für die Umrechnung ist der Tag, an welchem card complete mit der Forderung der jeweiligen Akzeptanzstelle belastet wird. Fällt dieser Tag auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, so gilt die Forderung als am darauffolgenden Geschäftstag eingelangt. Dieses Datum (Buchungsdatum) wird dem KI in der Monatsrechnung bekannt gegeben.

Das Gericht verwies auf die Entscheidungen, in denen ähnliche Klauseln behandelt wurden (1 Ob 105/14v, 9 Ob 26/15m, 6 Ob 195/15t).

Das Berufungsgericht schloss sich der Beurteilung des Erstgerichtes an und sah einen Verstoß gegen § 29 Abs 3 ZaDiG. Die Grundlagen des Wechselkurses, welchen die Beklagte bildet und veröffentlicht, bleiben unklar. Außerdem ist die Klausel auch intransparent gem § 6 Abs 3 KSchG, weil die Grundlagen der Wechselkursbildung unklar sind.

Klausel 4 (Punkt 20. und 9.1):
Entgelte, Gebühren und Zinsen gemäß Punkt 20. .9.1. Der KI hat card complete für die Bereitstellung der Karte eine Gebühr zu bezahlen. 20. ... Ersatzkartengebühr EUR 7,--

Das Berufungsgericht verwies auf die Entscheidung des OGH 9 Ob 31/15x , in der eine ähnliche Klausel entschieden wurde, die auf den "Wunsch des Karteninhabers" nach dem Kartentausch/einer neuen Karte regelte. 

Gem § 37 Abs 4 ZaDiG hat der ZDL bei Wegfall der Gründe für die Sperre, ein neues Zahlungsinstrument bereitzustellen oder die Sperre rückgängig zu machen. Dies stellt eine Nebenpflicht des ZDL dar; § 27 Abs 3 ZaDiG verbietet dafür die Verrechnung eines Entgeltes. Bei konsumentenfeindlichster Auslegung wird jedoch auch in diesen Fällen ein Entgelt verrechnet. Das Berufungsgericht verwies noch darauf, dass Sperren nicht nur rein elektronisch aufgehoben werden könnten, sondern in manchen Fällen, wie dem Karteneinzug oder der Gefahr der weiteren missbräuchlichen Verwendung durch Dritte, auch die Neuausgabe einer Karte erforderlich sein kann.

Klausel 6 (Punkt 17.1):
Der KI hat sich bei Verwendung von Kartendaten in elektronischen Datennetzen ausschließlich verschlüsselter Systeme zu bedienen, welche das Kommunikationsprotokoll https (HyperText Transfer Protocol Secure) verwenden. Die Verwendung von Kartendaten in unverschlüsselten Systemen kann zu Schäden führen, die ein Mitverschulden des KI begründen können.

Das Berufungsgericht folgte der Beurteilung des Erstgerichts und stellte - ebenso wie der OGH in 9 Ob 31/15x - die Intransparenz der Klausel fest.  

Die gegenständliche Klausel suggeriert eine Haftung des Karteninhabers für jene Schadensfälle, bei denen die Kreditkarte in einem "nicht sicheren System" verwendet wird. Eine solche Haftung sieht das ZaDiG aber nicht vor.

Dahingestellt blieb die Beurteilung der Zumutbarkeit hinsichtlich der Überprüfung der Sicherheit der Verbindung anhand Statuszeile, sowie Protokollbezeichnung in der Adresszeile.

Klausel 7 u 8: 
Entgelte, Gebühren und Zinsen
Sollzinssatz 14% p.A. (20.)

in Verbindung mit

Im Fall eines stillschweigend akzeptiert überschrittenen Betrages gem Punkt 7.6. ist card complete berechtigt, Sollzinsen in Rechnung zu stellen. Die Verzinsung beginnt mit jenem Tag, welcher dem Tag nach Ablauf der in der jeweiligen Monatsrechnung abgegeben Frist (Punkt 7.7) folgt. Die anlaufenden Zinsen werden jeweils im letzten Monat eines Kalenderquartals für einen Berechnungszeitraum, der jeweils einen Tag nach dem Datum der Monatsrechnung des letzten Monats des vorangegangenen Kalenderquartals beginnt und mit dem Datum der Monatsrechnung des letzten Monats des nachfolgenden Kalenderquartals endet, tagweise berechnet, kapitalisiert und angelastet (9.2.)

Das Berufungsgericht verwies auf die Entscheidungen des OGH (4 Ob 179/02f  sowie 10 Ob 31/16f ), in der ähnliche Klauseln als intransparent beurteilt wurden. 

Auch aus den gegenständlichen Klauseln geht nicht klar hervor, dass aufgrund des (laut Gericht "kompliziert ausgestalten" Punktes 9.2) vierteljährlichen Kontoabschlusses zur Verrechnung von "über den in Punkt 20 angegebenen" jährlichen Sollzinssatz von 14% "hinaus von den kapitalisierten Sollzinsen" auch Zinseszinsen.

Die Intransparenz konnte laut Berufungsgericht auch nicht durch die Beschränkungen gem der AGB (Punkt 9.3. und Punkt 7.7) beseitigt werden, wonach die Verzugszinsen lediglich wenn der aushaftende Saldo aufgrund Zahlungsverzugs fällig gestellt wird, oder wenn die Überschreitungen nicht vom Unternehmen stillschweigend akzeptiert werden, denn daraus ergeben sich laut Berufungsgericht die Folgen für die Zinseszinsen gerade nicht.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Stand 9.8.2017)

OLG Wien 25.07.2017, 2 R 31/17v
Volltextservice
Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien

Anmerkung: 
Die Klausel 5 (9.4.: "Hat der KI zur Zahlung des jeweils in der Monatsrechnung als fällig ausgewiesenen Betrages die Ermächtigung zum Einzug von einem Girokonto erteilt, so ist für eine ausreichende Deckung desselben Sorge zu tragen, andernfalls der KI card complete Rücklastschriftspesen zu zahlen hat."), bei der das Erstgericht keine Gesetzwidrigkeit festgestellt hat, war nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens. 

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