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Urteil: Unzulässige Verzugsfolgen, Vorfälligkeitsentschädigung und Kreditbearbeitungsgebühr

Der VKI klagte im Auftrag des Sozialministeriums die Hypo NOE Landesbank AG wegen mehrerer Klauseln eines Kreditvertrages. Das Gericht beurteilte alle eingeklagten Klauseln als gesetzwidrig.

Der Kreditvertrag wurde vor dem Inkrafttreten des Verbraucherkreditgesetzes (VKRG - 11.6.2010) abgeschlossen. Konkret handelt es sich um folgende Klauseln:

a.) "Die Rückführung erfolgt ab … in...monatlichen Pauschalraten von EUR … bei Terminsverlust."

Einem durchschnittlichen Verbraucher und Kreditnehmer sind weder der Terminus "Terminsverlust" noch die Rechtsfolgen in zumutbarer Weise bekannt. Es findet sich zwar eine Definition eines Terminverlustes in den "Allgemeinen Kredit und Darlehensbedingungen für Verbraucher", in der Klausel des Kreditvertrages ist aber nicht einmal ein Hinweis auf die Definition des Passus in den AGB der Beklagten enthalten. Der Konsument hat keine Nachforschungspflicht, vielmehr ist der Unternehmer gem § 6 Abs 3 KSchG zur klaren Formulierung der Vertragsbedingungen verpflichtet.

Die Klausel ist auch iSd § 879 Abs 3 ABGB bedenklich: Eine Terminverlustsvereinbarung ist zwar für sich gesehen grundsätzlich zulässig. Nach st Rsp ist jedoch bei der Prüfung einer Vertragsbestimmung auf eine gröbliche Benachteiligung iSd § 879 Abs 3 ABGB eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Es wäre hier möglich einen Terminverlust geltend zu machen und alle offenen Forderungen fällig zu stellen (Klausel a), hierfür einen Verzugszinssatz von 5 % p.a. zu verlangen (Klausel d) sowie durch den vierteljährlichen Abschluss (Klausel c) und die damit einhergehende Verzinsung, sogar noch Zinseszinsen zu lukrieren. Durch das Zusammenwirken dieser Klauseln, insbesondere des Terminverlustes, wird folglich die Basis, auf welche der Verzugszinssatz anwendbar ist, auf sämtliche nunmehr offenen Forderungen erstreckt. Gem § 6 Abs 1 Z 13 KSchG darf aber maximal ein Verzugszinssatz von 5 % und zwar von der rückständige Rate und nicht auf die infolge des Terminverlustes offene Gesamtforderung verrechnet werden. Ein Verzugszinsenanspruch von 5 % auf die gesamte offene Forderung entspricht folglich nicht dem vom Gesetzgeber in § 6 Abs 1 Z 13 KSchG festgelegten Interessensausgleich und beinhaltet zumeist ein Vielfaches des zulässigen Verzugsschadensanspruchs. Zudem muss bei Beachtung des konkret vereinbarten Terminverlusts berücksichtigt werden, dass auch ein Verzug, mit den wie zuvor ausgeführten, überhöhten und somit gesetzwidrigen Zinsen nach Klausel c) und d) zur Geltendmachung des Terminverlustes berechtigen würde. Die Klausel ist daher auch unter dem Gesichtspunkt des § 879 Abs 3 ABGB unzulässig.

b.) "Beide Vertragsparteien sind berechtigt, ohne Angabe von Gründen das Vertragsverhältnis unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten vorzeitig aufzukündigen."

Im konkreten Kreditvertrag war vereinbart, dass die Rückführung ab einem bestimmten Termin und einer bestimmten Anzahl an Pauschalraten erfolgt, weshalb von einem auf bestimmte Zeit geschlossenen Dauerschuldverhältnis auszugehen ist. Nach § 6 Abs 2 Z 1 KSchG ist eine Vertragsbestimmung, aus der der Unternehmer ohne sachliche Rechtfertigung vom Vertrag zurücktreten kann, für den Verbraucher nicht verbindlich, sofern der Unternehmer nicht beweist, dass sie im Einzelnen ausgehandelt worden sind. Es bedarf daher einer sachlichen Rechtfertigung des Rücktrittsrechts, in Form einer ordentlichen Kündigung, auf Seiten des Kreditgebers. Eine solche Rechtfertigung geht jedoch aus der Klausel nicht hervor. Eine beiderseitige Einräumung des Rechts auf vorzeitige Beendigung kann die vom Kreditgeber zu begründende sachliche Rechtfertigung nicht ersetzen. Folglich liegt darin ein Verstoß gegen § 6 Abs 2 Z 1 KSchG.

Die Klausel ist aber auch gröblich benachteiligend gem § 879 Abs 3 ABGB, da ein befristetes Kreditverhältnis gerade einen Verzicht auf die Ausübung eines ordentlichen Kündigungsrechtes beinhaltet.

c.) "Für diesen Kredit stellt die Bank Kreditkosten in der von ihr jeweils festgesetzten Höhe … in Rechnung, und zwar derzeit b.a.w. bei vierteljährlichem Abschluss im nachhinein: ...p.a. Sollzinsen."

d.) "5,0000 % p.a. zusätzliche Verzugszinsen vom rückständigen Betrag."

Gemäß § 6 Abs 1 Z 13 KSchG sind für den Verbraucher besonders solche Vertragsbestimmungen im Sinn des § 879 ABGB jedenfalls nicht verbindlich, nach denen die im Fall des Verzugs des Verbrauchers zu zahlenden Zinsen den für den Fall vertragsgemäßer Zahlung vereinbarten Zinssatz um mehr als fünf Prozentpunkte pro Jahr übersteigen. Hier können die Verzugszinsen iHv 5 % des rückständigen Betrages vierteljährlich kapitalisiert werden und damit entstehen Zinseszinsen. Diese Zinsmehrbelastung verletzt, da an sich bereits der höchstzulässige Jahreszinssatz von 5 % vereinbart wurde, zwangsläufig die Regelung des § 6 Abs 1 Z 13 KSchG.

Durch das in Klausel d) verwendete Kürzel "p.a.", welches im allgemeinen Sprachgebrauch übersetzt für "pro Jahr" steht, wird bei einem typischen Verbraucher und Kreditnehmer der Eindruck erweckt, dass maximal eine fünf prozentige Verzinsung auf ein Jahr gesehen erfolgen kann. Aus Verbrauchersicht ist nicht klar, dass Verzugszinsen aufgrund des vierteljährlichen Abschlusses nach Klausel c) (wenn auch möglicherweise nur anteilig) bereits anfallen und selbst einer vierteljährlichen Verzinsung unterliegen. Auf diesen Zinseszinseffekt, welcher den durchschnittlichen Verbrauchern und Kreditnehmern nicht zumutbarerweise bekannt ist, wurde auch nicht hingewiesen. Deshalb verstoßen Klausel c) und d) ebenso gegen § 6 Abs 3 KSchG.

Aufgrund der gewählten Regelung der Verzugsfolgen, welche sich erst aus einer Zusammenschau von Klausel a), c) und d) ergibt, ist eine isolierte Betrachtung nicht möglich, da lediglich ein materiellrechtlicher Regelungsbereich vorliegt.

e.) "Einmalige Bearbeitungsgebühr in der Höhe von EUR 6.000."

Das Gericht geht davon aus, dass diese Klausel nicht der Inhaltskontrolle des § 879 Abs 3 ABGB unterliegt, da es sich bei der Bearbeitungsgebühr um eine Hauptleistung handelt. Es liegt laut Gericht nämlich eine individuelle und zahlenmäßige Umschreibung der Hauptleistung des Kreditnehmers vor, da sowohl die Kreditraten als auch die Bearbeitungsgebühr in absoluten Zahlen sowie in einen effektiven Jahreszinssatz eingepreist, ausdrücklich im Vertragsformblatt angegeben sind.

Die Klausel ist jedoch dennoch unzulässig, weil sie im Hinblick auf § 33 Abs 8 Satz 2 BWG/ § 16 VKrG gegen § 6 Abs 3 KSchG verstößt. Der Verbraucher hat nämlich das Recht, seinen Kredit vorzeitig zu erfüllen; die Zinsen und laufzeitabhängigen Kosten müssen dann reduziert werden.

Bei der Vereinbarung und Verrechnung einer einmaligen laufzeitunabhängigen Bearbeitungsgebühr besteht keine Minderungspflicht. Gemäß § 6 Abs 3 KSchG soll verhindert werden, dass der Verbraucher durch ein unzutreffendes oder auch nur unklares Bild seiner vertraglichen Position von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten wird. Aus der gewählten undifferenzierenden Wendung "einmalige Bearbeitungsgebühr" ergibt sich nicht, welche Leistungen des Kreditinstituts, gegebenfalls über welchen Zeitraum, davon umfasst sind. Insbesondere wird nicht darauf hingewiesen, dass es sich um eine laufzeitunabhängige Gebühr handelt. Doch wäre gerade hierzu eine Klarstellung notwendig, da nur ein solcher Anteil der Gesamtbelastung von einer Minderungspflicht ausgenommen ist. Zudem bestünde eine massive Umgehungsgefahr der vorzitierten Schutzbestimmungen, wenn der Kreditgeber einseitig Kosten laufzeitunabhängig gestalten könnte und die Laufzeitunabhängigkeit dieser Kosten mangels konkreter Angaben nicht überprüfbar ist.

Der Passus "Bearbeitungsentgelt" ist auch für sich genommen intransparent. Es ist nicht davon auszugehen, dass einem durchschnittlichen Verbraucher klar ist, wofür nun konkret Bearbeitungsentgelt verrechnet wird.

f.) "Bei einer vorzeitigen Abdeckung des gegenständlichen Kredits durch ein anderes Kreditinstitut ist die Bank berechtigt, ein Vorfälligkeitsentschädigung in der Höhe von 4 % des Rückzahlungsbetrages/Rahmens in Rechnung zu stellen."

Eine Vereinbarung oder Verrechnung eines Entgelts für die vorzeitige Rückzahlung, also auch der gegenständlichen Vorfälligkeitsentschädigung, ist nur im Falle der in § 33 Abs 8 Z 1 und 2 BWG normierten Ausnahmen zulässig. Die gegenständliche Klausel, welche eine allgemeine Vorfälligkeitsentschädigung für jeden Fall der vorzeitigen Abdeckung vorsieht, enthält keine solche Einschränkung auf die gesetzlichen Ausnahmen. Die Klausel verstößt somit gegen § 33 Abs 8 BWG und ist daher unzulässig.
Auch nach der neuen Rechtslage ist die Klausel unwirksam: Da in der Klausel kein Bezug auf die gesetzlichen Ausnahmen des § 16 Abs 2 Z 1 - 4 VKrG genommen wird, sowie keine objektive Rechtfertigung für eine Vorfälligkeitsentschädigung enthalten ist, verstößt die Klausel bereits deshalb gegen § 16 Abs 2 VKrG.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Stand: 22.7.2015).

LG St. Pölten 17.7.2015, 3 Cg 7/15w
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Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien


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